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Mager. Stiftung Warentest vergab nach der Prüfung von 29 Riester-Rentenpolicen kein „sehr gut“ und nur fünf Mal „gut“.

© picture alliance / dpa

Riester-Rente: Welche Verträge sich lohnen

Die Bundesregierung will für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit sorgen. Vergleichstests zeigen: Die meisten Verträge sind teuer und werfen wenig ab.

Etwa 15,6 Millionen Mal ist in Deutschland seit 2001 ein Riester-Vertrag abgeschlossen worden. Doch eine gute Dekade nach ihrer Einführung ist die Bilanz der privaten, staatlich geförderten Altersvorsorge desaströs. Die große Mehrheit der Riester-Angebote, so ergaben Tests und Prüfungen von Wirtschaftsinstituten oder Verbraucherschützern, ist teuer, kompliziert und intransparent. Viele Anbieter verkauften unter dem Deckmantel der staatlichen Zertifizierung mangelhafte Produkte mit magerem Ertrag. Bisweilen fressen die Kosten die staatlichen Zulagen komplett auf.

Die Bundesregierung will nun gegensteuern: Am Mittwoch brachte das Kabinett das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz auf den Weg, das vor allem für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit sorgen soll. Jeder Riester-Sparer wird danach künftig einen „Beipackzettel“ zu seinem Produkt erhalten. Auf dem Faktenblatt, das jeder Anbieter nach gleichem Schema bereithalten muss, soll der Sparer auf einen Blick die Gesamtkosten und die erwartete Rendite ablesen können. Außerdem soll der Beipackzettel eine Risikoeinschätzung und eine Beispiel-Rechnung für einen typischen Modellkunden bereithalten. Dadurch werde der Sparer, so die Hoffnung der Koalition, Angebote besser vergleichen und damit Druck auf die teuren und renditeschwachen Anbieter ausüben können.

Dass dringender Handlungsbedarf besteht, zeigen die Ergebnisse von Marktchecks. Die Stiftung Warentest etwa vergab nach einer Prüfung von 29 Riester- Rentenversicherungen kein einziges Mal das Urteil „sehr gut“ und nur fünf Mal „gut“. Keine einzige Versicherung weise bisher die Gesamtkosten des Vertrags erkennbar aus. Stattdessen arbeiteten die Versicherer mit „Informationshäppchen“ und Verschleierung. Unter dem Strich summieren sich die Kosten. „Ökotest“ rechnet einen Musterfall vor: Ein 30-jähriger Single mit 30 000 Euro brutto im Jahr erhält vom Staat in 37 Sparjahren 5698 Euro Zulagen. Doch im Schnitt zweigen die Versicherer 7468 Euro an Kosten und Gebühren ab. Bei teuren Anbietern streiche der Versicherer sogar 11 950 Euro ein – Geld, das später bei der Rente fehlt.

Am Ende kann ein Modell-Kunde, der einen günstigen Anbieter wählt, laut Stiftung Warentest mit einer 15 Prozent höheren Rente rechnen als ein Kunde eines teuren Versicherers. Wird die – nicht garantierte – Überschussbeteiligung hinzugerechnet, weiten sich die Spannen noch mehr. Offenbar greift die Branche bei der staatlich geförderten Rente leichter zur Kostenkeule als bei rein privater Vorsorge. „Ökotest“ verglich Verträge mit identischen Konditionen und fand heraus, dass ein Riester-Modellsparer (30 Jahre, 35 Jahre Laufzeit, 1200 Euro Prämie pro Jahr) unter dem Strich am Ende im Schnitt 2717 Euro weniger auf dem Konto hat als ein Sparer mit einem normalen Vertrag. Bei teuren Anbietern waren es bis zu 10 282 Euro weniger. Zu den hohen Kosten addieren sich die niedrigen Zinsen, denn die Garantiezinsen sind seit 2002 von 3,25 auf jetzt 1,75 Prozent gefallen. Unter dem Strich bedeutet dies für den Kunden: Wer 2012 eine Riester-Versicherung abschließt, erhält eine etwa um die Hälfte niedrigere Rentengarantie als ein Sparer des Jahres 2002.

Auch die Fondsvariante der Riester- Vorsorge glänzt nicht durch transparente Kostenangaben oder gute Performance. „Das Anlagekonzept verbindet Renditechancen und Risikoaspekte“ wirbt die DWS, die Fondstochter der Deutschen Bank für ihr Riester-Produkt Top Balance. Angeblich würden bis zu 60 Prozent der eingezahlten Beiträge in Aktienfonds investiert. Ein Faktencheck bei einem Vertrag, der 2005 begonnen wurde und noch weitere 17 Jahre läuft, ergab: Zwar haben die Aktienmärkte ein äußerst erfolgreiches Jahr hinter sich. Doch profitiert hat der Sparer davon nicht. Es befinden sich ausschließlich Rentenfonds im Depot. Aus eingezahlten Sparbeiträgen und staatlichen Zulagen von insgesamt 6838 Euro sind in dem Beispiel-Vertrag binnen knapp sieben Jahren zwar 7389 Euro geworden. Die Gesamtrendite von acht Prozent liegt damit aber niedriger als bei einem Banksparplan.

Wer aus einem schlechten Vertrag in einen renditestärkeren wechseln will, soll nach den Plänen der Koalition künftig billiger davonkommen: Der alte Anbieter darf nur noch maximal 150 Euro verlangen. Wechselt der Kunde zu einer Versicherung, darf der neue Versicherer die Vertriebs- und Abschlusskosten auch nur für die Hälfte der übertragenen Gelder abrechnen. Bisher waren es vor allem diese hohen Kosten, die Kunden einen Vertragswechsel verbarrikadierten.

Gleichzeitig schlägt der Entwurf Vereinfachungen beim Wohn-Riester vor: Anders als bisher sollen Sparer künftig jederzeit Gelder aus ihrem angesparten Altersvorsorgevermögen entnehmen können, um damit die eigene Wohnung oder das eigene, selbst bewohnte Haus mitzufinanzieren. Vereinfacht wird auch die Besteuerung des Wohnförderkontos: der Riester-Sparer kann sich künftig nicht nur zu Rentenbeginn, sondern jederzeit für die günstigere Einmalbesteuerung von nur 70 Prozent der Sparsumme entscheiden. Gleichzeitig wird das virtuelle Riester-Konto (denn die Sparsummen fließen ja eigentlich direkt in die Immobilie) nicht mit zwei, sondern nur mit einem Prozent verzinst. Dies senkt später die Steuerlast.

Ferner kann der Vorsorgesparer künftig auch Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung (sofern sie eine lebenslange Rente garantiert) von der Steuer absetzen. Die einkommensteuerfreien Sonderausgaben, unter die auch die Beiträge zur gesetzlichen Rente und zur Riester- Rente fallen, werden deshalb von 20 000 auf 24 000 Euro pro Jahr erhöht. Das Konzept der Bundesregierung geht nun zur Beratung in den Bundestag.

Verbraucherschützer kritisierten, angesichts von 5000 staatlich zertifizierten Produkten werde es für den Verbraucher auch in Zukunft unmöglich sein, das richtige und günstige Riester-Produkt zu finden. Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sagte, es bringe nichts, einfach nur die Informationsflut zu erhöhen. „In der Apotheke legt man dem Kunden auch nicht 100 Beipackzettel vor und lässt ihn selbst aussuchen.“ Die Ergebnisse von Riester-Checks zeigten, dass es nicht sinnvoll sei, den Vertrieb der Riester-Rente dem Markt zu überlassen. Der Geldexperte fordert einen staatlichen Vorsorgefonds, der kapitalgedeckt arbeite, aber mit minimalen Kosten, passiv investiere, dabei extrem transparent und ohne Garantien.

Welche Vorsorge-Optionen gibt es? Hier mehr zu diesem Thema.

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