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IWF-Chefin Christine Lagarde.

© dpa

Risiko Europa: IWF warnt vor einer "neuen, gefährlichen Phase"

Der Internationale Währungsfonds warnt vor einer neuen Weltwirtschaftskrise und empfiehlt den Ländern einen maßvollen Sparkurs.

Berlin - Das düstere Szenario hatte Christine Lagarde am Montag bereits geliefert: Der Welt drohten Zustände wie zu Zeiten der Depression in den 1930er Jahren, hatte sie in Berlin orakelt, geprägt von Abstieg und Abschottung. Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) wollte damit den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhöhen, endlich einer großen Lösung für die Schuldenkrise zuzustimmen. Am Dienstag legten Lagardes Experten nun nach – und lieferten die ernüchternden Zahlen zum möglichen Absturz: Nur noch um mickrige 3,3 Prozent werde die Weltwirtschaft dieses Jahr wachsen, heißt es im neuen Weltwirtschaftsausblick des IWF. Die Lage in Europa sei das größte Risiko für die anderen Industrieländer.

Damit fällt die Prognose pessimistischer aus als noch im September, als er das Plus auf 4,0 Prozent veranschlagt hatte. „Die Lage an den Finanzmärkten hat sich verschlimmert, die Wachstumsaussichten haben sich verdüstert und die Abwärtsrisiken sind sprunghaft gestiegen“, schreiben die Fachleute um IWF-Chefökonom Olivier Blanchard. Schuld sei die zu erwartende Rezession von minus 0,5 Prozent in der Euro-Zone. Für besonders düster hält der IWF die Lage in Spanien und Italien – dort werde die Wirtschaft in diesem und im kommenden Jahr schrumpfen.

Für Deutschland sei 2012 dennoch mit einem Plus von 0,3 Prozent zu rechnen. Das ist ein Prozentpunkt weniger als bei der letzten Vorhersage und zugleich deutlich pessimistischer als die Bundesregierung, die von 0,7 Prozent ausgeht. 2013 sieht der Fonds die Bundesrepublik wieder mit 1,5 Prozent im Plus.

Die Wirtschaft im Euro-Raum sei „in eine neue, gefährliche Phase“ eingetreten, heißt es. Der IWF korrigierte die Aussichten für Europa kräftiger nach unten als für die anderen großen Wirtschaftsblöcke. Womöglich kommt es noch schlimmer: In einem Negativ-Szenario rechnen die Ökonomen einen Rückgang der Euro-Wirtschaftsleistung um bis zu vier Prozent vor. Steigende Zinsen für Staatsanleihen könnten demnach verschärfte Sparprogramme zur Folge haben, was sich auf Nachfrage, Investitionen und Wachstum auswirken könne. Als ein weiteres Risiko nennt der IWF die unzureichende Etatsanierung in den USA und in Japan, die ebenfalls mit hohen Defiziten kämpfen. Dies könne mittelfristig zu Verwerfungen auf den Anleihe- und Devisenmärkten führen.

Den Ausweg hatte IWF-Chefin Lagarde am Montag skizziert: Die Länder rund um den Erdball müssten ihre Haushalte sanieren – aber maßvoll, um die Erholung und die Zustimmung der Wähler nicht zu gefährden. Dort, wo es noch Spielraum gebe, sollten die Zügel nicht allzu sehr angezogen werden. Die Rettungsfonds EFSF und ESM müssten mit genügend Geld ausgestattet werden, und die Europäische Zentralbank solle mit einer lockeren Geldpolitik unterstützen.

Der schlechte Zustand der Weltwirtschaft bedeutet, dass es vorerst keine Entspannung auf den Jobmärkten geben wird. Derzeit seien 197 Millionen Menschen ohne Stelle, erklärte die zu den Vereinten Nationen gehörende Internationale Arbeitsorganisation ILO. Drei Millionen dürften der Prognose nach in diesem Jahr hinzukommen. Bei einer schnellen Lösung der Euro-Krise könne es aber auch einen Abbau um eine Million geben.

Eine Rezession in Deutschland droht derweil bis Ende März nicht. „Das Eis ist dünn, aber es sind keine Löcher in Sicht“, sagte Gustav Horn, Chef des gewerkschaftsnahen Instituts IMK. Es hat einen Indikator entwickelt, der Rezessionen besser als bislang vorhersagen soll. Die momentane Unsicherheit sei allerdings groß, räumte Horn ein.

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