zum Hauptinhalt
Online und Latte Macchiato. Im Café St. Oberholz in Berlin-Mitte trifft sich die Gründerszene, vor allem aus der Internetbranche.

© dpa

Risikokapital: Wer es wagt

Die Berliner Start-up-Szene ist sehr lebendig. Doch bisher fehlten den jungen Firmen oft die Geldgeber. Das ändert sich langsam: Immer mehr ausländische Investoren sind interessiert. Auch neue Finanzierer gehen an den Start - wie die German Startups Group.

An guten Ideen herrscht kein Mangel. Derzeit geht in Berlin fast täglich ein neues Internet-Unternehmen an den Start. Doch an einem fehlte es lange: An Geldgebern, die bereit sind, das große Risiko einzugehen und in ein Start-up zu investieren. „Im internationalen Vergleich – etwa mit den USA oder auch mit Israel – ist die Branche der Risikofinanzierer hier immer noch unterentwickelt“, sagt Marco Zeller, Geschäftsführer der IBB Beteiligungsgesellschaft.

Er muss es wissen, denn die IBB Bet stellt seit 1997 jungen Berliner Unternehmen Startkapital zur Verfügung. Und Zeller kennt die Szene so genau, weil die landeseigene IBB Bet immer nur gemeinsam mit privaten Investoren bei Start-ups einsteigt. „Das Geld kommt nach Berlin“, sagt er. „Für die Berliner Start-ups wird es immer leichter, in Kontakt mit internationalen Investoren zu kommen.“ Einer der größten deutschen Risikofinanzierer, Earlybird, zog jüngst extra nach Berlin, um der Szene möglichst nah zu sein. „Auch vielen anderen Investoren ist es inzwischen wichtig, regelmäßig hier zu sein, auch wenn sie in der Stadt keinen Sitz haben“, sagt Zeller.

In Berlin tut sich also etwas. Ganz neu steigt die German Startups Group in das Finanzierungsgeschäft ein. „Wir schließen die Lücke zwischen den privaten Investoren, die in der Regel zwischen 20 000 und 50 000 Euro in ein Unternehmen investieren, und den großen Fonds, für die sich erst Millionenbeträge lohnen“, sagt Christoph Gerlinger, einer der beiden Gründer. Die German Startups Group wird zunächst mit einem mittleren einstelligen Millionenbetrag ausgestattet. Beträge zwischen 50 000 und 250 000 Euro sollen dann in Start-ups vorwiegend aus dem Internet-Bereich investiert werden. Entscheidend sei aber, dass es sich um innovative Geschäftsmodelle oder Produkte handelt, die großes Wachstumspotenzial haben. Zudem müsse unternehmerisches Talent vorhanden sein. „Dann können wir uns auch Investitionen in anderen Bereichen vorstellen“, sagt Gerlinger. „Aber der Fokus liegt auf dem Internet und wir konzentrieren uns auf Berlin.“

Anders als die großen Risikokapitalgesellschaften, die ihr Geld in Fonds bündeln, ist die German Startups Group eine Aktiengesellschaft. „Wir wollen das ganze Start-up-Thema auch ganz normalen Anlegern zugänglich machen“, sagt Gerlinger. Ärzte, Architekten oder Lehrer, die sich für das Thema interessierten, könnten Aktien erwerben und sich so auch mit kleineren Beträgen an dem Geschäft beteiligen. So soll auch das zur Verfügung stehende Kapital anwachsen. Die Aktiengesellschaft erwirbt dann Beteiligungen zwischen zehn und 20 Prozent an den jungen Unternehmen. „Ich gehe davon aus, dass wir die Beteiligungen im Schnitt drei bis sieben Jahre halten werden“, sagt Gerlinger.

"In den USA ist zu viel Geld vorhanden. Hier ist es noch zu wenig."

„Wir schließen die Lücke zwischen den privaten Investoren, die in der Regel zwischen 20 000 und 50 000 Euro in ein Unternehmen investieren, und den großen Fonds, für die sich erst Millionenbeträge lohnen“, sagt Christoph Gerlinger, einer der beiden Gründer der German Startups Group.
„Wir schließen die Lücke zwischen den privaten Investoren, die in der Regel zwischen 20 000 und 50 000 Euro in ein Unternehmen investieren, und den großen Fonds, für die sich erst Millionenbeträge lohnen“, sagt Christoph Gerlinger, einer der beiden Gründer der German Startups Group.

© German Startups Group

Auch für die German Startups Group könnte ein Börsengang möglich sein, sagt der Gründer, das sei aber erst mittelfristig geplant. Gerlinger selbst hat schon zwei Unternehmen an die Börse gebracht – zuletzt den von ihm gegründeten Online-Spieleentwickler Frogster. Gerlingers Partner ist Alexander Kölpin, der zuletzt bei Berlin Partner unter anderem für die Ansiedlung von Start-ups zuständig war. Zunächst starten die beiden mit einem Assistenten. Mittelfristig soll das Drei-Mann-Team auf nicht mehr als zehn Leute anwachsen. „Die Arbeitsplätze werden nicht bei uns entstehen, sondern bei den Start-ups.“

Im Gegensatz zu anderen Frühphasen- Investoren, die massiv in die Geschäftsplanung und Teambildung der von ihnen betreuten Firmen eingreifen, will die German Startups Group sich nicht in die Entscheidungen der jungen Unternehmer einmischen. „Wir bieten unseren Rat an und stellen auch Büroräume zur Verfügung, aber wir wollen keine Babysitter sein“, sagt Gerlinger. „Wer sein Unternehmen autonom führen will, der ist bei uns besser aufgehoben als bei einem Inkubator.“ Obwohl die German Startups Group erst am heutigen Montag offiziell an den Start geht und selbst noch Büroräume sucht, hat sie bereits in drei Unternehmen investiert, mit drei weiteren sind die Verhandlungen weit fortgeschritten. Details will Gerlinger aber nicht verraten. „Das ist noch nicht öffentlich.“ Derzeit residiert die junge AG noch im Sankt Oberholz, dem Café in Mitte, wo sich die Szene trifft.

Obwohl die ganze Szene sich belebt, ist Gerlinger wie Zeller von der IBB Bet der Meinung, dass Deutschland noch enormen Nachholbedarf in Sachen Risikofinanzierung hat. „Ein bisschen Rückenwind von der Politik könnte nicht schaden“, meint er. In Frankreich etwa werden private Investments in junge Firmen steuerlich begünstigt. Doch ob der französische Staat das gewünschte Ziel, die heimische Gründerszene zu stärken, erreicht, ist fraglich. „Wir beobachten, dass in Paris derzeit so viel Geld eingesammelt wird, dass die großen Fonds zunehmend auch außerhalb von Frankreich investieren“, sagt Zeller. „Und immer öfter kommen auch sie nach Berlin“

Auch Ciarán O’Leary von Earlybird beobachtet, dass immer mehr ausländische Kapitalgeber aus London oder New York ihre Fühler nach Berlin ausstrecken – auch wenn sie nicht gleich ein Büro in der Stadt eröffnen. Diese Investoren steigen meist in einer späteren Phase ein, wenn die Unternehmen nicht mehr eine so enge Betreuung brauchen.

Finanzierung in der frühen Phase sei inzwischen aber relativ gut zu haben, meint O’Leary. „Da haben wir bereits ein gesundes Niveau erreicht“, sagt er. Aber für die späteren Phasen, wo Beträge zwischen einer und fünf Millionen Euro nötig seien, fehle es noch an Kapital. „In den USA ist zu viel Kapital vorhanden, bei uns ist es immer noch zu wenig“, sagt er. „Wir müssen noch ein bisschen Speck anlegen.“ Von einer weiteren Belebung der Szene würde auch Earlybird profitieren, meint O’Leary. „Wir sind immer daran interessiert, starke Partner für unsere Investments zu finden.“ Gemeinsam lassen sich größere Projekte stemmen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false