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Weinbegeisterung. In China nimmt die Zahl der Weintrinker zu. Auf Messen stellen auch europäische Exporteure ihre Tropfen vor.

© dpa

Rotwein gegen Solarzellen: China droht EU mit Zöllen auf Wein

Wie du mir, so ich dir: China ermittelt wegen Preisdumping gegen europäische Weinhersteller. Frankreich darf das als Retourkutsche auf die Solarzölle verstehen. Doch auch deutsche Winzer wären betroffen.

Das ging schnell. Nur einen Tag, nachdem die EU-Kommission Strafzölle auf chinesische Solarimporte angekündigt hat, schlägt Peking zurück. Und trifft dabei Europa an seinen kulturellen Wurzeln. „Die chinesische Regierung hat bereits Ermittlungen gegen Dumping und gegen Subventionen von Wein aus der EU unternommen“, schrieb das Handelministerium am Mittwoch.

Für den deutschen Weinbau wären die Folgen auf den ersten Blick überschaubar. Jährlich gehen lediglich drei Prozent des deutschen Weins nach China, ungefähr 3,3 Millionen Liter. Doch das Wachstumstempo ist hoch – nach Angaben des Deutschen Weininstituts hat sich die Exportmenge nach China seit 2002 verelffacht. Bislang sind dort ein bis zwei Prozent Weintrinker – jedes zusätzliche Prozent der Milliarden-Bevölkerung bedeuten für deutsche Weinhersteller gleich mehrere Millionen zusätzliche Liter, die in den Export gehen.

Am Dienstag hatte die EU-Kommission verkündet, in den kommenden zwei Monaten vorläufige Strafzölle auf Billig-Solarmodule aus China zu erheben. Zunächst werden sie bei 11,8 Prozent liegen. Ab August werden dann 47,6 Prozent fällig. Brüssel und Peking ermitteln jeweils in einer Reihe von Branchen wegen Dumpingverdachts. Aufgrund des Importvolumens von rund 20 Milliarden Euro ist das Anti-Dumping-Verfahren gegen China aber von besonderer Bedeutung. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nannte die Brüsseler Entscheidung am Mittwoch in der ARD einen „schweren Fehler“. Allerdings waren die Wettbewerbshüter rechtlich verpflichtet, ein Verfahren gegen Chinas Solarmodulhersteller in Gang zu setzten, nachdem einige heimischen Firmen stichhaltige Hinweise für Dumping vorgelegt hatten. Deutschland und 17 weitere EU-Mitglieder hatten sich klar gegen Strafzölle ausgesprochen. Sie setzen weiter auf Verhandlungen.

Die Ermittlungen der Chinesen sind ein deutliches Signal. Frankreich und Italien befürworten die Solar-Zölle. Vor allem die Franzosen träfe ein chinesischer Importzoll auf Wein hart. Gut 257 Millionen Liter Wein im Wert von fast einer Milliarde Euro importierte China im abgelaufenen Jahr aus der EU. Allein Frankreich lieferte 170 Millionen Liter. Besonders beliebt in der Volksrepublik sind Rotweine. Rot gilt dort als Farbe des Glücks.

Doch auch eine kleine Zahl deutscher Winzer würden Strafzölle ungleich härter treffen als die relativ niedrige Exportquote der Branche vermuten lässt. Peter Winter vom Weingut Georg Müller Stiftung im hessischen Hattenheim verkauft ein Fünftel seiner Produktion in die Volksrepublik. Mit einem durchschnittlichen Preis von 3,90 Euro liege der Literpreis, den deutsche Hersteller in China erzielen, rund 60 Prozent über dem Durchschnittspreis des gesamten in Deutschland erzeugten Rebensaftes. Die Konkurrenz aus Australien oder Südafrika sitze auf großen Mengen Überproduktion und warte nur darauf, den chinesischen Markt damit zu überschwemmen, sagt Winter, der auch Präsident der deutschen Weinexporteure ist. „Einen Strafzoll von zehn Prozent wäre deshalb das äußerste, was wir verkraften könnten.“

Der Vorwurf der Chinesen, die EU subventioniere Wein, ist wohl nicht ganz aus der Luft gegriffen. Kosten für Kataloge und Broschüren würden übernommen, Weinmessen in China staatlicherseits bezuschusst, räumt Winter ein. Schutzzölle rechtfertige das aber nicht. Der Unmut der Weinbauern richtet sich jedoch nicht nur gegen Peking, sondern ebenso sehr gegen Brüssel. „Wir sind grundsätzlich gegen Handelsbeschränkungen etwa in Form von Zöllen“, sagt Winter. Eine entsprechende Stellungnahme des Verbands werde in den kommenden Tagen an die EU-Kommission gehen.

Gleichzeitig rechnen die Weinhersteller nicht wirklich mit Sanktionen. Die Ankündigung der Chinesen sei „Säbelrasseln“, schätzt Winter. Unabhängig davon wären Strafzölle ohnehin nicht von heute auf morgen möglich. Der Ablauf von Anti-Dumping-Verfahren ist streng von der Welthandelsorganisation WTO geregelt. Ein Verfahren dauert 15 Monate.

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