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Der Gewinn der Deutschen Bahn ist kräftig eingebrochen.

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Update

Rückgang um 39 Prozent: Der Gewinn der Deutschen Bahn bricht ein

Der Gewinn der Deutschen Bahn ist im ersten Halbjahr um 39 Prozent zurückgegangen. Bahn-Chef Grube begründete das mit Unwettern und den Streiks - und baut jetzt den Konzern um. Auch ein Stellenabbau ist denkbar.

Der Neue im Vorstand formulierte es schlicht und zutreffend: „Wir müssen viele Dinge anders machen“, sagte Berthold Huber bei der Vorstellung des Halbjahresberichts der Deutsche Bahn am Dienstag in Berlin. Der 51-Jährige, der seit 18 Jahren beim Schienenkonzern arbeitet, führt das neu zugeschnittene Vorstandsressort Verkehr und Transport. Die Erwartungen an ihn sind groß. Huber verantwortet künftig den Fern- und Regionalverkehr, den Vertrieb und die Güterbahn. Die Bereiche also, die Bahn-Chef Rüdiger Grube das „Brot-und- Butter-Geschäft“ nennt.
„Wir wollen offensiver auf den Markt gehen“, kündigte Huber an. Die Bahn werde neue Angebote „schnell ausprobieren, schauen, ob es wirkt, und dann übernehmen“. Dem Eisenbahner wird bescheinigt, dass er die Zeichen der Zeit früher als sein Vorgesetzter – Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg – erkannt hatte: Die Bahn verliert Kunden im Wettbewerb mit den Fernbussen, ihr Tarifsystem ist zu kompliziert und zu starr. Homburg hat im Zuge des Konzernumbaus seinen Job verloren, Huber rückt nun auf.

Weniger Zugreisende, weniger Gewinn

Nach jahrelangen Zuwächsen sank die Zahl der Reisenden in Deutschland im ersten Halbjahr um 1,6 Prozent. Der operative Gewinn (Ebit) im Fernverkehr ging im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 um 65 Millionen Euro auf nur noch 58 Millionen Euro zurück, im Regionalverkehr um 137 Millionen Euro auf 348 Millionen Euro. Im Schienengüterverkehr schrieb der Konzern rote Zahlen mit einem Minus von 74 Millionen Euro. „Wir haben bewegte Wochen hinter uns“, sagte Grube – und damit war nicht nur das Stühlerücken in der Chefetage gemeint. Die langen Streiks sowie Unwetter hätten das Geschäft der Bahn massiv behindert. „Die Streiks haben unseren Kunden viel Geduld abverlangt, unseren Mitarbeitern jede Menge Kraft gekostet und dem Unternehmen wichtige Einnahmen“, sagte Grube. 2014 und 2015 summierten sich die Streikschäden laut Grube auf 500 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr sank das Bahn-Ergebnis nach Steuern von 642 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf 391 Millionen Euro, ein Minus von gut 39 Prozent. Das operative Ergebnis verringerte sich um fast ein Fünftel auf 890 Millionen Euro. Der Umsatz erhöhte sich von Januar bis Juni um 1,3 Prozent auf 20 Milliarden Euro. Die Schulden sind seit Jahresbeginn um 1,4 Milliarden Euro auf 17,6 Milliarden Euro gestiegen.

Sechs-Punkte-Programm gegen die Ertragsschwäche

Angesichts der Ertragsschwäche hatte der Bahn-Chef bereits am Montag einen umfassenden Konzernumbau angekündigt. Das Sechs-Punkte-Programm sieht unter anderem eine Verkleinerung des Vorstands von acht auf sechs Posten vor. Ziel ist es, das bundeseigene Unternehmen effizienter, wettbewerbsfähiger und profitabler zu machen.

Vor der Trendwende kam am Dienstag aber zunächst die Korrektur: Finanzchef Richard Lutz senkte die Jahresprognose. Das operative Ergebnis werde bei mindestens zwei Milliarden Euro liegen, damit mindestens 200 Millionen Euro niedriger als noch im März geplant. Im Vorjahr hatte es 2,1 Milliarden Euro betragen. Unterm Strich wird für 2015 nun ein Gewinn von ungefähr einer Milliarde Euro angepeilt – etwa so viel wie 2014. Im März waren noch mindestens 1,1 Milliarde Euro erwartet worden. „Die Welt hat sich seit 2012 grundlegend geändert“, erklärte Grube die abermals verfehlte Prognose. Auch in den Vorjahren musste er die selbst gesteckten Ziele mehrfach nach unten anpassen. Eine mittelfristige Finanzplanung wurde immer wieder verschoben, sie soll dem Aufsichtsrat nun im Dezember präsentiert werden. Der Umbau komme nicht zu spät, wies Grube entsprechende Kritik zurück. „Zu spät gibt es nicht.“ Es werde jetzt „beherzt“ gehandelt. „Wir werden jetzt die Ärmel hochkrempeln.“

Größter Arbeitgeber in Berlin

Die Bahn ist mit rund 196.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Im Ausland hat sie gut 100.000 Mitarbeiter. Berlin, wo die Bahn mit fast 19.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber ist, wird vom Konzernumbau profitieren. So sollen etwa zusätzliche Vorstandsbüros in Frankfurt am Main aufgelöst werden. „Der Vorstand sitzt künftig nur noch in Berlin“, sagte Grube. In der Zentrale wird allerdings kräftig umgebaut. Rund 5200 von 7600 Mitarbeitern will Grube in eine Servicetochter verschieben. So wurde bereits die Buchhaltung für Deutschland am Standort Berlin konzentriert. „Die Zentrale ist zu teuer“, räumte der Bahn-Chef ein. Generell müsse die Führung des Schienenkonzerns effizienter werden. Man pflege noch zu stark eine „Abstimmungskultur“ und benötige mehr „Entscheidungskultur“. Die Neuausrichtung der Bahn gehe in die richtige Richtung, bemerkte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Dienstag. Der Verkehrsclub Deutschland forderte indes, der Bund müsse sich selbst stärker für den Bahnverkehr einsetzen und etwa durch Ausschreibungen auch im Fernverkehr für Wettbewerb sorgen. Die Grünen warfen der Bahn vor, ihre Baustellen zu spät anzugehen. Die Verkleinerung des Vorstands, in dem nun auch Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sitzt, kostet die Bahn zunächst Geld. Für die vorzeitig ausscheidenden Vorstände Gerd Becht, Heike Hanagarth und Ulrich Homburg muss sie rund zehn Millionen Euro an Abfindungen überweisen, wie Grube einräumte.

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