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Erfolgreicher Einsatz. Verdi hat bei Schlecker einen Tarif durchgesetzt sowie Abfindungen, falls der Arbeitsplatz wegfällt. Foto: ddp

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Wirtschaft: Schlecker zahlt jetzt Tarif

Einigung mit Verdi für 34 000 Mitarbeiter / Auch die Großmärkte Schlecker XL sind einbezogen

Berlin - Am Ende hat der Druck von verschiedenen Seiten gewirkt. In der Öffentlichkeit gab es mindestens Unverständnis über den Umgang mit den Verkäuferinnen und Verkäufern; dazu begehrten immer mehr Mitarbeiter auf und schließlich war da noch die Arbeitsministerin, die mit einem Gesetz drohte. Zu einer Lex Schlecker kommt es nun vermutlich nicht. In der Nacht zum Dienstag vereinbarte Verdi mit der Geschäftsführung der Drogeriemarktkette mehrere Tarifverträge für die Unternehmen Schlecker AS und Schlecker XL GmbH. Künftig arbeiten damit 34 000 Schlecker-Beschäftigte unter dem Schutz eines Tarifs. Und alle bekommen das Gehalt gezahlt, was der Flächentarif für den Einzelhandel in Baden-Württemberg vorsieht. Dort, in Ehingen an der Donau, wurde das Unternehmen vor Jahrzehnten gegründet.

Die größte Drogeriekette Deutschlands war zuletzt ins Gerede geraten, da sie Beschäftigte erst entlassen und dann als billigere Zeitarbeitskräfte wieder eingestellt hatte. „Sie haben heute hier meine Zusicherung, dass wir eine gesetzliche Regelung auf den Weg bringen werden, die diesen Drehtüreffekten ein Ende macht“, hatte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor zwei Wochen auf dem Bundeskongress des DGB versprochen.

Die Drohung hat geholfen. Wie die stellvertretende Vorsitzende von Verdi, Margret Mönig- Raane, am Dienstag in Frankfurt am Main sagte, „hat Schlecker jetzt bei den XL-Märkten zur tariflichen Normalität und Verantwortung gefunden“. Die XL-Märkte mit 400 bis 800 Quadratmetern Verkaufsfläche ersetzen zunehmend die gewohnten Schlecker-Filialen mit rund 200 Quadratmeter Verkaufsfläche. Von den neuen Großmärkten gibt es nach Angaben von Verdi bislang rund 350, von den alten AS–Märkten noch gut 8000 Filialen. In der Vergangenheit war Mitarbeitern aus den kleinen AS-Märkten im Falle der Filialschließung gekündigt worden. Die zu Schlecker gehörende Zeitarbeitsfirma Meniar hatte dieses Personal dann zu deutlich geringeren Löhnen an die Schlecker XL-Märkte verliehen. Das Unternehmen bewertete den Tarifabschluss als „tragfähigen Kompromiss, der beiden Seiten gerecht wird und die öffentliche Kampagne beendet“.

Mit dem nun gefundenen Tarif wird sowohl das Personal der kleinen als auch der großen Läden nach dem Flächentarif für den Einzelhandel in Baden-Württemberg bezahlt. Der liegt für eine angelernte Verkäuferin oder einen Kassierer bei 1481 Euro/Monat im ersten Berufsjahr. Nach sechs Jahren steigt das Bruttogehalt auf 2108 Euro. Etwas besser stehen sich die Beschäftigten, die selbstständig Tätigkeiten ausführen und entsprechend mehr Verantwortung tragen. Hier gibt es zum Einstieg 1925 Euro und nach sechs Jahren 2367 Euro. Neben der Orientierung am baden-württembergischen Gehaltstarif hat Verdi noch einen Beschäftigungssicherungstarifvertrag sowie einen Sozialtarif ausgehandelt. Die Beschäftigungssicherung sieht vor, dass freie Stellen in den XL-Märkten vorrangig mit Beschäftigten der kleineren AS-Märkte besetzt werden, wenn diese dort ihre Stelle verlieren. Falls es keinen Arbeitsplatz gibt, greift der Sozialtarif, in dem die Höhe von Abfindungen für die ausscheidenden Beschäftigten geregelt ist.

Verdi-Vize Mönig-Raane hob am Dienstag „das selbstbewusste und entschiedene Eintreten der Beschäftigten und ihrer Betriebsräte“ hervor, wodurch es gelungen sei, „eine kritische Öffentlichkeit aufzurütteln“. Auch die Kunden „sind nach dem Skandal um die Zeitarbeitsfirma Meniar nicht länger bereit, Lohndumping zu akzeptieren“, sagte Mönig-Raane und lobte den „tariflich abgesicherten Neuanfang“ von Schlecker.

Schließlich appellierte sie an die Schlecker-Konkurrenten Rossmann und dm, „diesem guten Beispiel“ zu folgen. Dazu hieß es bei Rossmann, man zahle bereits den 20 000 Beschäftigten Tarif. Und eine dm-Sprecherin sagte auf Anfrage, die Mitarbeiter würden „mindestens nach Tarif“ bezahlt.
Mit knapp 22 000 Beschäftigten ist dm in Deutschland die Nummer zwei nach Schlecker und vor Rossmann.

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