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Junge Arbeiter beim South by Southwest.

© dpa

South by Southwest 2013: Don't panic – Berlin ist nicht Deutschland

Auf dem South by Southwest (SXSW) 2013 in Texas buhlt Berlin um Gründer aus den USA . Doch manch ein Amerikaner hat etwas Angst vor der deutschen Insel der Kreativen.

Nein, Deutsch müsse man nicht können, um in Berlin eine Firma zu gründen oder dort in einer Internet-Agentur oder Software-Firma zu arbeiten. Es gäbe genug Unternehmen, in denen Englisch gesprochen wird. Unter den vier Podiumsgästen, die am Montag im texanischen Austin auf dem South by Southwest" 2013 über "Berlin – A Founder's Paradise" sprachen, war kein einziger gebürtiger Berliner. Das mache aber auch nichts, spiegele es doch die neue Demographie der deutschen Hauptstadt wider, sagte Nikolas Woischnik, der durch die Gesprächsrunde führte, in der es viel um das Ökosystem Berlin ging – die Frage also, was die deutsche Hauptstadt als Nährboden für Startups attraktiv macht.

Woischnik selbst hatte 2009 die Online-Shopping-Plattform Reduti mitgegründet und macht sich heute als Ausrichter des Tech-Open-Air-Festivals für die Gründerszene in Berlin stark. Er betreibt außerdem den Coworking-Space Ahoy!Berlin in Charlottenburg, in dem Freiberufler und Startups Büros und Konferenzräume tageweise anmieten können.

Längst gibt es in Berlin eine Gründerszene, die international ist und immer mehr junge Menschen aus dem Ausland anzieht. Zu der Veranstaltung auf dem Festival in Austin waren rund 40 Leute gekommen, mindestens fünf davon mit der ernsthaften Absicht, demnächst nach Berlin zu ziehen.

Berlin buhlt beim "South by Southwest" Festival um Gründer

Was es dafür braucht? "Nicht mehr als ein Flugticket", sagte die in Minnesota geborene Gründerin der Initiative Berlin Geekettes, Jess Erickson, die Frauen das Programmieren beibringt und Begeisterung für IT-Berufe wecken soll.  "Berlin nimmt Immigranten sehr offen auf und die Visumsformalitäten sind sehr einfach und schnell", sagte sie. Was sie an Berlin so möge? Dass man vieles einfach tun kann, was in den USA nicht möglich wäre – in der Freizeit eine eigene Radioshow zu moderieren, zum Beispiel.

Noch gäbe es in Berlin aber zu wenige Investoren, die jungen Leuten mit einer guten Idee das Startkapital für eine eigene Firma geben würden, sagte Startupbootcamp-Direktor Alex Farcet, der inzwischen auch Berliner Uniabsolventen auf dem Sprung in die Selbstständigkeit hilft. Es fehle vor allem an "Angel Investors", also wohlhabenden Einzelpersonen, die mit ihrem Geld Neugründungen Flügel verleihen. "In Deutschland wollen solche Leute immer noch gerne anonym bleiben. Das macht es schwerer für Startups", sagte Farcet.

Große Unternehmen, wie etwa die Telekom oder die Allianz, hätten bisher nur in wesentlich größerem Rahmen investiert, als es Startups nützt. "Das ändert sich gerade", sagte Farcet. Berlin könne durchaus ein neues Silicon Valley werden, nur brauche das Zeit und Geduld.

Dass man – verglichen mit anderen Metropolen in Europa – in Berlin immer noch günstig wohnen und leben kann, sei kein Grund, um dort hinzuziehen, sagte David Noël, der für die in Berlin ansässige Audiofile-Plattform Soundcloud im Marketing arbeitet. Aber es sei ein wichtiger Faktor, warum man hierbleiben könne. "Neugründer müssen auch die Chance haben, mit einer Idee zu scheitern und nochmal anzufangen", ergänzte Farcet.

Die Welt zu Besuch beim SXSW in Austin

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In einem waren sich alle einig: Ob Schweden, Franzosen, Polen oder Amerikaner – dass Berlin so viele junge Menschen, gerade aus der kreativen Tech-Branche anziehe, läge vor allem am internationalen Flair. Das sei im Moment nirgends so attraktiv wie in Berlin. Zwar werde die Stadt in der Presse über alle Maßen gehypt. Doch der Entwicklung könne das ja nicht schaden.

Begeisterung und mahnende Worte auf dem SXSW

Ob es denn Vorbehalte gegen Ausländer gäbe? "Solange man als Unternehmer nicht gerade dafür verantwortlich ist, dass in einem Stadtteil die Mieten so steigen, dass die Anwohner wegziehen müssen, nicht", sagte Alex Farcet. "Keine Sorge, Berlin ist nur zufällig in Deutschland. Das könnte überall sein und ist nicht wie der Rest", beruhigte Jess Erickson.

Trotz aller Begeisterung gaben die Mentoren auf der Bühne den Zuhörern doch noch ein paar Warnungen mit auf dem Weg. "Es ist nicht alles einfach und man muss sehr lange nach Geldgebern suchen", erzählte Farcet. "Für Gründer ist es wichtig zu wissen, dass man in Deutschland Angestellte nicht so einfach entlassen kann", sagte Erickson. "Wer Leute beschäftigt, sollte sich sehr sicher sein, dass er die richtigen im Team hat." Und noch eines: "Berlin hat noch nicht einmal einen funktionierenden internationalen Flughafen mit einer Direktverbindung nach San Francisco."

"Und die Internetleitungen? Sind die stabil?", fragte ein besorgter Auswanderungswilliger. Er habe gehört, es könne außerdem drei Monate dauern, bis man in Deutschland einen Anschluss habe.

Ja, gehört davon hatten die Podiumsgäste auch schon.

Dagny Lüdemann

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