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Kreative Lösungen sind gefragt, damit die Maschinen von Air Berlin nicht irgendwann ganz am Boden bleiben müssen.

© dapd

Sparkurs: Air Berlin verkauft seine Meilen

Die angeschlagene Fluggesellschaft Air Berlin sucht nach Möglichkeiten, ihre Bilanz zu verbessern. Nun will sie ihr Vielfliegerprogramm in eine Firma ausgliedern. Datenschützer werden hellhörig.

Air Berlins Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer nennt es eine „smarte Industrietransaktion“, die helfen werde, das Jahresergebnis „deutlich, deutlich“ zu verbessern. Was ein wichtiger Baustein zur Sanierung der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft sein soll, ruft zugleich Datenschützer auf den Plan. Nicht nur deshalb dürften die letzten Wochen bis zum Jahreswechsel noch besonders turbulent werden.

Bei der Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal erklärte Hüttmeyer am Donnerstag in Berlin, dass man alle Aktivitäten rund um das Vielfliegerprogramm „Topbonus“ bündeln, in eine eigene Gesellschaft ausgliedern und die Mehrheit daran verkaufen wolle. „Topbonus“ zählt drei Millionen Mitglieder. Hüttmeyer verriet weder den Namen des Joint-Venture-Partners, den es offenbar schon gibt, noch ließ er sich etwas über den möglich Kaufpreis entlocken. Das Geschäft solle aber noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, hieß es.

„Topbonus“ ist das Pendant zum „Miles & More“-Programm der Lufthansa. Allein in diesem Jahr konnte Air Berlin im Schnitt täglich rund 1000 neue registrierte Teilnehmer gewinnen, die ihre mit Flügen gesammelten Meilen dann bei Kooperationspartnern der Luftfahrt-Allianz Oneworld einsetzen können, aber auch beim Buchen von Hotelzimmern oder Mietautos diverser Ketten. Auch bei der Ergo-Versicherung, der Postbank oder dem Tankstellenbetreiber Shell kann man diese Meilen nutzen.

Der eigentliche Schatz, den Air Berlin nun heben will, sind die gut drei Millionen Kundendaten. Adressen, Reiseziele, Einkaufsgewohnheiten. Da werden Datenschützer hellhörig: „Wir werden der Sache nachgehen und prüfen, ob so ein Verkauf datenschutzrechtlich zulässig ist“, sagte Anja-Maria Gardain, Sprecherin des Berliner Datenschutzbeauftragten, dem Tagesspiegel. Für eine Beurteilung dürfte entscheidend sein, inwieweit die Topbonus-Teilnehmer der Weitergabe von Daten zugestimmt haben.

Theoretisch kann der Datenschutzbeauftragte sogar ein Bußgeld verhängen. Das größte jemals zu zahlende Bußgeld brummte der Beauftragte Alexander Dix im Jahr 2009 der Deutschen Bahn wegen ihrer „Datenaffäre“auf. Der Chef des Unternehmens hieß damals: Hartmut Mehdorn, der heutige Air-Berlin-Chef.

Noch ist unklar, ob er in seiner heutigen Rolle wieder mit den Datenschützern in einen so unangenehmen Konflikt gerät, zumal dieser Fall völlig anders gelagert ist– damals ging es um E-Mails und Computerdaten von 134 000 Mitarbeitern. Diesmal um Daten, die die Kunden freiwillig abgeben. Airline-Analyst Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe gibt dem geplanten Verkauf keine guten Noten: „Topbonus ist wichtig für das Kerngeschäft und ein zentrales Kundenbindungsinstrument.“ Insofern sei es kritisch zu sehen, dass Air Berlin einen Mehrheitsanteil abgegeben wolle.

Insgesamt soll der Verkauf dazu beitragen, den Schuldenberg von 853 Millionen Euro bis Jahresende auf rund 500 Millionen zu verkleinern. Noch wichtiger dafür ist der bereits angekündigte Verkauf von sieben Flugzeugen. Der könne sich womöglich bis Januar oder Februar hinziehen. Dann wäre die Flotte noch 158 Flugzeuge stark.

Im dritten Quartal verdoppelte Air Berlin das Nettoergebnis auf knapp 67 Millionen Euro. Gut die Hälfte davon gehe allerdings auf Fremdwährungsgewinne zurück, sagte Hüttmeyer. Das operative Ergebnis sei um 4,5 Prozent auf 101,2 Millionen Euro gestiegen. Im zurückliegenden Quartal habe es Air Berlin geschafft, die Auslastung der Maschinen um 0,4 Prozentpunkte auf 84,54 Prozent zu steigern. Von Januar bis September stieg sie nach Firmenangaben im Jahresvergleich um 1,4 Punkte auf 80,03 Prozent.

„Damit sind wir auf dem richtigen Weg, die Reise ist aber noch nicht beendet“, sagte Mehdorn. Was den in den vergangenen Tagen angedeuteten Stellenabbau angeht, mochte er sich nicht festlegen. Man wolle das bis Jahresende prüfen und zunächst mit Mitarbeitervertretern erörtern, sagte er.

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