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Strom für Privathaushalte und Gewerbetreibende wird seit Jahren in der Tendenz teurer. Grund sind Kosten für den ökologischen Umbau des Systems - die Energiewende.

© Jan Woitas/dpa

Strompreise 2018: Experten streiten über Anstieg auf neues Rekordhoch

Nirgendwo in Europa (außer in Dänemark) ist Strom für Privatkunden so teuer wie in Deutschland. Er wird noch steigen, sagen die Händler. Marktbeobachter sehen dafür keinen Grund

Von Jakob Schlandt

Müssen Stromkunden in Deutschland mit höheren Strompreisen rechnen? Wie die "Bild"-Zeitung am Freitag unter Berufung auf den Bundesverband der Energieabnehmer berichtete, ist unter anderem ein Anstieg der EEG-Umlage zu erwarten. "Wir rechnen mit einem Anstieg auf sieben Cent", sagte Verbandsgeschäftsführer Christian Otto der Zeitung. Derzeit liegt die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom bei 6,88 Cent pro Kilowattstunde.

Drei der vier Übertragungsnetzbetreiber hätten zudem bereits eine Anhebung der Netzentgelte angekündigt, hieß es weiter. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sei ein "rapider Anstieg" zu erwarten, berichtete die Zeitung unter Berufung auf den Analyse-Anbieter Enet.

Der Hauptgeschäftsführer des Energieverbands BDEW, Stefan Kapferer, kritisierte derweil, dass "immer häufiger kostspielige Eingriffe vorgenommen werden, um das Netz bei schwankender Erneuerbaren-Einspeisung stabil zu halten". Stattdessen müsse der Netzausbau vorangetrieben werden. Es wäre daher "kontraporduktiv", der Forderung der Bauern nach wiederkehrenden Pachtzahlungen für die Flächennutzung bei der Erdverkabelung nachzugeben. Das würde Netzkosten und Stromrechnung "unnötig in die Höhe treiben". Der Deutsche Bauernverband strebt an, dass Landwirte neben der bereits geltenden Einmalzahlung für den Leitungsbau auf ihren Grundstücken eine jährliche Pachtzahlung erhalten. Die Energiebranche lehnt das ab.

Vergleichsportal Verivox: Preise bleiben stabil

Laut einer Analyse des Vergleichsportals Verivox, die dem Tagesspiegel vorliegt, werden die Privatkundentarife im Durchschnitt weiterhin bei 28,3 Cent pro Kilowattstunde liegen. Bislang seien für 2018 auch im Jahresverlauf keine großen Preissprünge zu erwarten. Deutschlands Strompreise bleiben aber hoch. In der EU zahlen nur die Dänen mehr für Elektrizität.

Die EEG-Umlage werde sich zum Jahreswechsel vermutlich nur geringfügig ändern. Die 6,88 Cent pro Kilowattstunde machen knapp ein Viertel des Haushaltsstrompreises aus. Bei den Netzentgelten, die für Unterhalt und Modernisierung des Stromnetzes bezahlt werden müssen, sind zwar zusätzliche Belastungen zu erwarten. Insgesamt aber würden sie im niedrigen einstelligen Prozentbereich zulegen, erwarten die Experten von Verivox.

Jüngst hatten die Betreiber der Höchstspannungsnetze teils deutliche Preissteigerungen von bis zu 45 Prozent bekannt gegeben. Grund ist vor allem der Ausbau der erneuerbaren Energien, aber auch die fehlende Flexibilität fossiler Kraftwerke. Die Preisentwicklung gedämpft haben dafür die Strompreise an der Börse. Sie lagen in den ersten acht Monaten 2017 ein Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Bald könnte aber viel Bewegung in den Markt kommen. Mathias Köster-Niechziol, Energieexperte von Verivox, sagte: „Die große Unbekannte in dieser Rechnung ist die künftige Bundesregierung, und ob es Neuregelungen bei der Besteuerung von Strom für private Verbraucher gibt.“

Grüne und FDP haben sich für die weitgehende Abschaffung der Stromsteuer ausgesprochen, die 2,05 Cent pro Kilowattstunde ausmacht. Wird die EEG-Umlage reformiert und teils durch Geld aus dem Steuerhaushalt ersetzt, wären noch stärkere Preissenkungen möglich. Auf der anderen Seite könnten teurere Zertifikate für die Emission von Treibhausgasen die Preise nach oben treiben.

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