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Pünktlich ans Ziel geht es nur mit Lokführer.

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Update

Tarifkonflikt zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft: GDL-Chef Weselsky: Streiks bei der Bahn womöglich ab 16. Januar

Vor dem Treffen von Bahn und Lokführern am Freitag hat sich der Tarifkonflikt zwischen beiden Parteien verschärft. Einigen sie sich nicht, könnte das Folgen für Bahnreisende haben.

Auf dem Höhepunkt des Streits schimpfte der Manager den Gewerkschaftschef ein „Rumpelstilzchen“ und warf ihm „Terror“ vor. Derlei Lästereien könnten nur von „Außerirdischen“ kommen, wehrte sich der Attackierte. Tagelang ließ er seine Lokführer streiken und Züge stillstehen – und war cool genug, sich zwischendurch in die Kurklinik nach Radolfzell zu verabschieden.

Das war 2007, die Protagonisten hießen Hartmut Mehdorn und Manfred Schell. Womöglich stehen die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nun wieder vor einem Arbeitskampf. Das Klima zwischen beiden Seiten ist schlecht, eine Lösung des Konflikts schwierig – die Ausgangslage ist also ähnlich wie damals.

"Es wird zu Beeinträchtigungen im Schienenverkehr kommen"

„Dreist“ und „unverschämt“ sei die Forderung der GDL, sagte am Donnerstag in Berlin Bahn-Personalchef Ulrich Weber, ihr Verhalten „bizarr“ und „ein ungeheuerlicher Vorgang“. „Die Bahn sagt die Unwahrheit“, giftete GDL-Chef Claus Weselsky im Gespräch mit dem Tagesspiegel zurück. „Wenn es kein Angebot gibt, werden wir unseren Forderungen Nachdruck verleihen.“ Nach dem 15. Januar werde man über einen Arbeitskampf entscheiden – der aber nicht direkt am 16. Januar um null Uhr beginnen werde. „Es wird zu Beeinträchtigungen im Schienenverkehr kommen, aber die Bahn zwingt uns dazu.“

Hinter Weber und Weselsky liegt bereits ein zwei Jahre währender Streit. Ursprünglich ging es um einen „Zukunfts-Tarifvertrag“, also eine Regelung über Kündigungsschutz, Altersteilzeit oder die Arbeitszeit der älteren unter den 20 000 Lokführern der Bahn. Nach mehreren Verhandlungen sei man bereits in vielen Punkten einig gewesen, heißt es bei der Bahn. Dennoch kassierte die GDL Anfang Dezember ihre Forderungen – und fordert nun eine Absicherung für die Lokführer, die als Folge eines Suizids auf der Schiene berufsunfähig werden. „Das kann jeden Lokführer treffen“, sagte Weselsky. Sie würden durch einen solchen Unfall zu einem „Berufsverbot verknackt. Das muss der Arbeitgeber absichern.“ Die Gewerkschaft fordert, dass das bisherige Nettoeinkommen auf Dauer gezahlt wird – und Lohnsteigerungen noch hinzukommen.

Neues Gespräch an diesem Freitag

Die GDL verlangt von der Bahn ein Angebot bis spätestens Mittwoch. An diesem Freitag soll es erneut ein Gespräch geben. Der Konzern werde aber frühestens nächste Woche einen neuen Vorschlag machen, sagte Weber. „Unsere Forderung ist eine ziemlich einfache Aufgabe an die Damen und Herren“, befand Weselsky dazu. „Darüber müssen wir nicht x-mal verhandeln.“ Bei Piloten gebe es eine solche Versicherung schließlich schon. „Das wollen wir auch.“ Die bisherige Offerte „geht an den Bedürfnissen der Lokführer vorbei“.

Bei der Bahn herrscht Unverständnis über die Wendung der GDL. Sie habe einen „Rundumschutz ohne Not vom Tisch gewischt“, ärgerte sich Bahn-Manager Weber. Im vergangenen Jahr seien 150 Lokführer berufsunfähig geworden, nur 30 davon infolge eines Suizids. Das sei weniger als ein Prozent aller Lokführer, unterstrich Weber – „die übrigen 99 Prozent sind der GDL offenbar nicht so wichtig“. Man kümmere sich intensiv um die Suizid-Betroffenen und suche für sie eine neue Aufgabe im Unternehmen. „Keiner wird gekündigt“, beteuerte Weber. Wer einen neuen Job antrete, bekomme mindestens 80 Prozent des bisherigen Lohns.

„Das ist nur die halbe Wahrheit“, konterte Weselsky. Die Bahn zwinge die betroffenen Lokführer, „jede Arbeit überall in der Republik anzunehmen“. Der Konzern will auf keinen Fall eine Lizenzverlustversicherung für alle Lokführer abschließen – das sei zu teuer, heißt es.

Die Bahn-Leute wissen spätestens seit 2007, dass die GDL ein unbequemer Gegner im Tarifstreit ist. Damals hatten die Lokführer einen eigenen Tarifvertrag sowie ein sattes Lohnplus erstritten. Streiks kann der Vorstand derzeit nicht gebrauchen – schon 2013 war die Zuverlässigkeit der Züge mäßig, und die Debatte um Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) als Lobbyist hat dem Image zusätzlich geschadet. In den vergangenen Jahren habe man sich intensiv um ein besseres Verhältnis zur GDL bemüht, berichtete Weber. Offenbar mit wenig Erfolg.

Für die Gewerkschaft geht es noch um ein anderes Thema: Die neue Koalition will per Gesetz regeln, dass nur noch eine Gewerkschaft pro Betrieb für Tariffragen zuständig ist. „Selbst wenn wir uns jetzt wohlfeil verhalten würden, käme das Gesetz zur Tarifeinheit“, glaubt aber Weselsky. „Das würde einer Eliminierung unserer fast 150 Jahre alten Gewerkschaft gleichkommen und wäre zutiefst verfassungswidrig.“ Dafür könne man nicht die Anliegen der Mitglieder zurückstellen.

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