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Besser am Boden? Fluggesellschaften sind in der Zwickmühle, wenn sie in Krisengebiete fliegen.

© dpa

Update

Trotz Terrorgefahr und Krieg: Air Berlin und Lufthansa starten wieder nach Tel Aviv

In den vergangenen Tagen zeigten sich Lufthansa und Air Berlin verunsichert. Nun fliegen beide zumindest wieder nach Tel Aviv. Am grundsätzlichen Problem ändert das nichts.

Trotz anhaltender Gefechte im Gazastreifen fliegen Lufthansa und Air Berlin von Samstag an wieder nach Israel. Auf Basis der neuesten Informationen und einer eigenen Bewertung der Sicherheitslage vor Ort sei die Lufthansa zu der Entscheidung gekommen, den Flughafen Tel Aviv wieder anzufliegen, teilte die Airline am Freitag mit.

Der Flugbetrieb werde ab Samstagmorgen schrittweise wieder aufgenommen. Bis alle Verbindungen von Lufthansa, Germanwings, Austrian Airlines, Swiss und Brussels Airlines wieder planmäßig stattfinden, werde es aber noch mehrere Tage dauern.

Air Berlin werde seine Flüge von und nach Tel Aviv ab Samstagmittag "sukzessive" aufnehmen, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Man bewerte die Situation fortlaufend. Kunden sollten sich deshalb regelmäßig über den Status ihres Fluges zu informieren: airberlin.com/fluginfo. Fluggäste, die bei Air Berlin einen Flug von oder nach Tel Aviv bis zum 31. Juli gebucht haben, können diesen kostenfrei stornieren oder kostenlos auf Flüge von und nach Tel Aviv bis zum 31. August 2014 umbuchen, teilte das Unternehmen auf Anfrage weiter mit. 

Am Dienstag war eine Rakete in der Nähe des wichtigsten israelischen Flughafens eingeschlagen. Daraufhin hatten US- und EU-Behörden Flüge nach Tel Aviv untersagt. Dieses Verbot war bereits am Donnerstag wieder aufgehoben worden, dennoch hatte die Lufthansa auch für Freitag ihre Flüge in die israelische Metropole abgesagt. Andere Fluggesellschaften wie US Airways und Delta Air Lines hatten die Flüge dagegen bereits am Donnerstag wieder aufgenommen.

Am Grundproblem ändert sich nichts

Während das amerikanische State Department US-Bürgern nahelegt, auf Israel-Reisen lieber zu verzichten, warnt das Auswärtige Amt lediglich vor dem Besuch des Gazastreifens. Wer dennoch in das Gebiet reist, dem rät die Behörde „sich über die Lage von Schutzräumen und das Verhalten bei Raketenangriffen zu informieren“. Anders als die Amerikaner hatte die Bundesregierung den Fluggesellschaften auch nicht den Anflug von Tel Aviv verboten, sondern die Entscheidung den Airlines überlassen.

Selbst wenn die Lufthansa nun wieder nach Tel Aviv fliegt, so hat sich am grundsätzlichen Problem nichts geändert. Die Fluggesellschaften sehen sich nicht in der Lage, „für jedes Gebiet der Erde eine verbindliche Risikobewertung vorzunehmen“, sagt Lufthansa-Sprecher Thomas Jachnow. Deshalb seien jetzt der Airline-Dachverband IATA und die UN-Zivilluftfahrtorganisation ICAO gefordert, internationale Standards zu schaffen. Denn den bisherigen Informationen trauen Fluggesellschaften und Piloten seit dem mutmaßlichen Abschuss des Malaysia Airlines Fluges MH17 über der Ostukraine nicht mehr. Während einige Fluggesellschaften den Bereich schon länger umflogen hatten, nutzten andere bis zuletzt die Luftstraße über dem Krisengebiet.

Experte: Airline muss selbst einschätzen

Doch genau das sei „nicht akzeptabel“ bemängelte die europäische Pilotenvereinigung ECA. Offensichtlich würden manche Airlines Informationen „von den mächtigsten nationalen Sicherheitsdiensten“ erhalten, während andere von ihren Regierungen „einem größeren Risiko“ überlassen werden. Die Verband der europäischen Fluggesellschaften AEA erklärte, der Absturz werfe Fragen über das Zustandekommen von Risikobewertungen auf.

„Eine fehlende Reisewarnung entbindet eine Fluggesellschaft nicht von der Pflicht, eine eigene Einschätzung vorzunehmen“, sagte der Luftrechtsexperte Ronald Schmid dem Tagesspiegel. Das Auswärtige Amt würde auch keine Haftung für Entscheidungen übernehmen, die sich auf seine Angaben beziehen. Ohnehin seien Reisewarnungen oft politisch geprägt. So tue sich die Bundesregierung leicht, von Reisen in afrikanische Länder abzuraten, zu denen es weder wirtschaftliche noch touristische Beziehungen gebe, während es selbst im größten Krieg keine Reisewarnung für Gesamt-Israel gegeben habe.

Lufthansa: Sehen uns nicht in der Pflicht

Ohne verbindliche Regelungen sind die Fluggesellschaften in der Zwickmühle. Fliegen sie weiter in Krisengebiete, für die es keine amtliche Warnung gibt, und es geschieht etwas, könnte man ihnen Fahrlässigkeit vorwerfen, so Schmid. Umgekehrt könnten Passagiere bei der Absage von Flügen auf die Verkehrspflicht der Airlines verweisen und Ansprüche für die Streichung geltend machen. Nachdem die Hamas gedroht hatte, den Ben-Gurion-Flughafen zu beschießen, hätten die Airlines zum Beispiel auch einen Militärflughafen nutzen können. Die Israelis hatten ihn als Alternative angeboten. Doch die Airlines lehnten ab.

Dennoch sehen die Fluggesellschaften im Fall Tel Aviv keine über die kostenlose Stornierung oder Umbuchung hinausgehenden Ansprüche von Passagieren. „Ich glaube nicht, dass wir da in der Pflicht stehen“, so der Lufthansa-Sprecher. Schließlich habe die Sicherheit der Fluggäste Vorrang.

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