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Rechtsfrage: Wie erzwinge ich den Unterhalt?

Katharina Kraft-Rudel, Fachanwältin für Familienrecht, gibt Tipps für Betroffene.

Mein Mann hat meine Tochter (sechs) und mich sitzen gelassen und ist in die Türkei gegangen. Unterhalt zahlt er nicht. Was kann ich tun?

Sie können Ihren Ehemann sowohl in der Türkei als auch in Berlin auf Unterhalt verklagen. Als ersten Schritt empfehle ich, Unterhalt für Ihre Tochter bei der Unterhaltsvorschusskasse zu beantragen. Diese springt ein, wenn der andere Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt. Der Antrag ist beim Jugendamt Ihres Wohnbezirkes zu stellen. Allerdings wird weniger als der gesetzliche Mindestunterhalt und dieser längstens für sechs Jahre und nur bis zum 12. Lebensjahr gezahlt. Für eine Klage wegen Kindesunterhalts ist in Deutschland das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wahlweise kann aber auch am Wohnort des Unterhaltsschuldners geklagt werden.

Beim Ehegattenunterhalt in gemischt-nationalen Ehen kommt es für die Verwendbarkeit des deutschen Urteils im Ausland auf die Beachtung des ausländischen Rechts an. Wenn Sie Deutsche sind und Ihr Mann die türkische Staatsangehörigkeit besitzt und Ihre Familie bis zum Wegzug Ihres Mannes in Berlin gelebt hat, ist aus deutscher Sicht auch deutsches Recht anzuwenden. Dagegen ist nach dem türkischen internationalen Familienrecht türkisches Unterhaltsrecht anzuwenden. Wenn es dabei im konkreten Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt, ist es wichtig, dass das deutsche Gericht das türkische Recht richtig angewendet hat, damit der Unterhalt auch in der Türkei vollstreckt werden kann. Anderenfalls wird das deutsche Urteil in der Türkei nicht anerkannt und Sie haben einen wertlosen Titel erlangt.

Deshalb muss das deutsche Familiengericht in diesen Fällen den Unterhalt nach türkischem Recht ermitteln. Das türkische Recht kennt bei der Scheidung ein Schuldprinzip und kann materiellen Schadenersatz und eine Art Schmerzensgeld für erlittene Persönlichkeitsverletzungen zubilligen. Außerdem kann der Ehegatte, der durch die Scheidung bedürftig wird, Anspruch auf unbefristeten Unterhalt haben. Jedoch wird dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten der Unterhalt versagt, wenn ihn ein „höheres Verschulden“ an dem Scheitern der Ehe trifft als den anderen.

Im deutschen Recht kommt es auf das Verschulden nicht an. Deshalb bekommt ein Ehegatte in Deutschland hilfsweise auch dann Unterhalt, wenn er seinen Anspruch nach dem türkischen Verschuldensprinzip verloren hat, aber wegen der Betreuung eines minderjährigen Kindes auf Unterhalt angewiesen ist.

Nach erfolgreichem Abschluss des Gerichtsprozesses müssen Sie in der Türkei die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn Ihr Mann nicht freiwillig zahlt. Die Vollstreckung setzt voraus, dass das deutsche Urteil in der Türkei förmlich anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird. Bei der Vollstreckung bietet das Bundesamt für Justiz (www.bundesjustizamt.de) Unterstützung.

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