zum Hauptinhalt
Frisör oder Frisörin? Die Lohnkluft zwischen Männern und Frauen ist in Deutschland so groß wie in kaum einem anderen Land Europas.

© Stephanie Pilick/dpa

Viel Arbeit, wenig Anerkennung: Warum Frauen oft Geringverdiener sind

Die Frauenquote in den Aufsichtsräten hat bislang nicht funktioniert. Zusätzlich verstellt sie das Bild darauf, wie es der großen Mehrheit jenseits der Führungsetagen geht.

Die Freude über das Votum zur Frauenquote war 2015 auf vielen Seiten groß. Groß war aber auch die Enttäuschung zu Beginn dieses Jahres. Das Gesetz, das einen 30-prozentigen Frauenanteil in Aufsichtsräten von 108 börsennotierten Unternehmen ab 2016 vorsieht, bewegte offenbar kaum zum Handeln. Eine Untersuchung zeigte, dass sich unter den 100 umsatzstärksten Firmen gerade einmal 26 Unternehmen daran hielten. In den Vorständen – den eigentlichen Entscheidungsebenen ohne Quote – sind Frauen noch seltener. Das gibt vielen gerade am heutigen Frauentag Anlass für Ärger. Die Herren in der Chefetage, so heißt es oft, blieben gern unter sich.

Doch Probleme gibt es nicht nur oben, sondern – wie 1911 zum ersten Internationalen Frauentag in Deutschland – immer noch vor allem unten. Die Frauenbewegung, die den Tag damals ausrief, kämpfte nicht nur für das Wahlrecht der Frauen, sondern auch für gleiche Bezahlung für Frauen und Männer und für bessere Arbeitsbedingungen sowie den Schutz der Mütter. „In Deutschland waren es vor allem Sozialistinnen, die Arbeiterinnen zum Protest aufriefen“, sagt Kerstin Wolff von der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung. Heute sind es die gut ausgebildeten Frauen, die Akademikerinnen, die für ihre Anliegen die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Wo bleiben da die Frauen ohne Abitur, die Frauen ohne Uni-Abschluss?

Sie kümmern sich um Kinder, um pflegebedürftige Angehörige, um die Wäsche und den Haushalt anderer Frauen, die dadurch überhaupt erst eine Chance haben, Karriere zu machen wie die Männer. In ihrem 2015 erschienenen Buch „Unsagbare Dinge“ rechnet die britische Autorin Laurie Penny mit der gefühlten Gleichberechtigung gut ausgebildeter Frauen ab – sie sei nur durch die Ausbeutung anderer Frauen möglich. An der strukturellen Benachteiligung habe sich nichts verändert.

An der Bildung liegt es nicht

Frauen sitzen nicht nur seltener im Chefsessel, sie sind überdurchschnittlich oft in Pflege- und Betreuungsjobs tätig. „Die typischen Frauenberufe sind häufig in den niedrigen Tarifgruppen“, sagt Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. „Die Verteilung ähnelt einer Pyramide, sehr viele Frauen stehen unten.“ Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind zuletzt 64 Prozent der ausschließlich geringfügig Entlohnten weiblich gewesen. Der Frauenanteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug hingegen nur 46 Prozent.

An der Bildung liegt es nicht, glaubt Holst. Da seien Frauen heute gut aufgestellt. „Es liegt an der mangelnden Flexibilität in der Arbeitswelt.“ Diese brauchen gerade Frauen nach wie vor, um sich um Kinder und Haushalt kümmern zu können. Und auch bei der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen gibt es noch viel Besserungsbedarf (siehe Grafik). Ein Problem, das nicht nur die Aktivistinnen vor 150 Jahren beschäftigte, sondern heute auch noch Expertin Holst. „Inwiefern der Mindestlohn da positiv wirkt, wird sich zeigen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false