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Gedeckelt. Trotz der geplanten Steuervereinfachungen wird es auch in Zukunft komplizierter sein als 2004 von CDU-Politiker Friedrich Merz erträumt.

© ddp

Steuererklärung: Von wegen Bierdeckel

Die Koalition will die Steuererklärung vereinfachen. Während die Erleichterungen für die Wirtschaft den Staat nichts kosten sollen, will die Koalition die Bürger um 590 Millionen Euro entlasten.

Berlin - Die schwarz-gelbe Koalition will das Steuerrecht vereinfachen und so Bürger und Unternehmen entlasten. Am Donnerstagabend verbschiedete der Koalitionsausschuss dazu einen rund 40 Punkte starken Katalog mit Einzelmaßnahmen. Das Paket soll Unternehmen helfen, die Bürokratiekosten zu senken. Elektronische Rechnungen sollen vereinfacht, Steuererklärungen leichter elektronisch abgegeben werden können, heißt es in dem Papier, das dieser Zeitung vorliegt. Der Bürokratieabbau soll den Firmen Einsparungen von rund vier Milliarden Euro bringen. Herzstück der Koalitionspläne sind jedoch die geplanten Entlastungen für Arbeitnehmer. Während die Erleichterungen für die Wirtschaft den Staat nichts kosten sollen, will die Koalition die Bürger um 590 Millionen Euro entlasten.

Davon sollen allein 330 Millionen Euro auf die Erhöhung der Werbungskostenpauschale entfallen. Künftig sollen Arbeitnehmer ihre Ausgaben für Fachliteratur, Computer oder Fahrtkosten bis zu einer Höhe von 1000 Euro (bislang: 920 Euro) pauschal, also ohne Vorlage von Belegen, von der Steuer absetzen können. Bei den Kinderbetreuungskosten soll es künftig keine Rolle mehr spielen, ob die Betreuung beruflich bedingt oder privat gewünscht ist. Den Staat kostet diese Vereinheitlichung 60 Millionen Euro. Handlungsbedarf sieht die Koalition auch beim Kindergeld beziehungsweise -freibetrag für volljährige Kinder, die noch in der Ausbildung sind. Deren Einkommen soll nicht mehr überprüft werden. Kosten für den Fiskus: rund 200 Millionen Euro. Vereinfachungen soll es auch bei der Pendlerpauschale geben und zwar in den Fällen, in denen man zwischen Verkehrsmitteln wechselt. Zudem sollen Arbeitnehmer auf Wunsch ihre Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre und nicht mehr jährlich abgeben müssen.

Steuerexperten warnen davor, die Maßnahmen zu überschätzen. Kaum jemand werde seine Steuererklärung nur alle zwei Jahre abgeben, sagte der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek. „Von den 20 Millionen Arbeitnehmern bekommen 19,7 Millionen eine Erstattung. Diese Leute werden nicht zwei Jahre lang auf ihre Rückzahlung warten“, meinte Ondracek. Auch die Erhöhung der Werbungskostenpauschale bringe nicht viel, rechnete der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine aus. Die Hälfte der Arbeitnehmer profitiere gar nicht, weil sie höhere Werbungskosten geltend machen. Bei den anderen liege die Ersparnis bei maximal drei Euro im Monat.

Dennoch will die Koalition das Paket jetzt möglichst schnell in Gesetzesform gießen und verabschieden. Einzelne Regelungen sollen bereits zum 1. Januar 2011 gelten – vor allem die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses, Volker Wissing (FDP), dieser Zeitung.

In dieser Legislaturperiode sollen dann auch noch die Steuertarife gesenkt werden. „Wir nehmen das in der zweiten Hälfte in Angriff“, kündigte Wissing an. Auch die Union ist dazu bereit. Sie will den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel und kulturelle Leistungen beschränken und die damit verbundenen Mehreinnahmen für eine Tarifentlastung ausgeben, sagte der finanzpolitische Sprecher, Leo Dautzenberg. Im Bundesfinanzministerium zeigte man sich skeptisch: „Längerfristige Steuererleichterungen können in dieser Legislaturperiode nur dann beschlossen werden, wenn die finanziellen Voraussetzungen dafür vorliegen“, betonte ein Sprecher.

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