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Es gibt viele Gründe, warum man in der Warteschleife hängen bleibt. Das Problem: Bisher trägt meist der Kunde die Kosten für die Trödelei.

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Telefonabzocke: Warteschleifen bei Hotlines künftig kostenlos

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle lenkt ein: Bald sollen die Dudelschleifen bei Service-Hotlines gebührenfrei werden.

Berlin - Jeder kennt das. Man ruft bei der Fluggesellschaft an oder bei der Bank und hängt erst einmal in der Warteschleife. Das ist ärgerlich – und teuer. Denn bislang müssen Kunden für die Wartezeiten auch noch zahlen. Das soll sich ändern. Nach massivem Druck aus seiner eigenen Partei und der Union will Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) Warteschleifen bei Mehrwertdiensten (0180er, 0900er-Nummern) für den Anrufer künftig kostenlos gestalten. Wie ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums dem Tagesspiegel am Freitag sagte, soll eine entsprechende Regelung in den Referentenentwurf zur Telekommunikationsnovelle aufgenommen werden.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) fordert das schon seit langem, hat sich damit aber bei ihrem Kabinettskollegen bislang nicht durchsetzen können. Brüderle hatte stets darauf bestanden, dass Lösungen auch „wirtschaftlich tragfähig“ sein müssen. Bei Anrufen aus dem Festnetz verdienen vor allem die Diensteanbieter wie Lufthansa, Vattenfall oder Debitel. Sie bekommen zwischen 75 und 90 Prozent der Nettosumme, heißt es beim Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten. Ruft der Kunde per Handy an, halten sich auch noch die Mobilfunkunternehmen schadlos.

Doch mit seinem wirtschaftsfreundlichen Kurs hat sich Brüderle zunehmend ins politische Abseits manövriert. In der Union haben sich Verbraucher- und Wirtschaftspolitiker auf die Kostenfreiheit der Warteschleifen verständigt, berichtet Lucia Puttrich, die verbraucherpolitische Berichterstatterin der Unionsfraktion. Den größten Druck hat der Wirtschaftsminister aber von seinen eigenen Parteifreunden bekommen. Am Dienstag hatte die FDP-Bundestagsfraktion einstimmig ein Papier des verbraucherpolitischen Sprechers der Liberalen, Erik Schweickert, verabschiedet, der die „Telefonabzocke“ beenden will. Nach dem Beschluss der FDP-Fraktion sollen Wartezeiten bei 0180er- oder 0900er-Nummern für den Anrufer so lange kostenlos sein, bis der Kontakt zum Berater hergestellt worden ist – egal ob man per Handy oder vom Festnetz aus anruft. Das ist überfällig, findet Schweickert. „Mitunter sind die Kosten für die Warteschleife für den Anrufer höher als die in Anspruch genommene Serviceleistung“, kritisiert der Liberale. Auch Verbraucherschützer begrüßen das Einlenken des Ministers. „Wenn es wirklich so kommt, wäre dies ein erster Schritt der Bundesregierung, ihre verbraucherpolitische Bilanz aufzupolieren“, sagte Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV), dem Tagesspiegel. „Millionen deutsche Verbraucher, die Zeit und Geld in Warteschleifen verloren haben, würden aufatmen“, meint der oberste deutsche Verbraucherschützer. Obwohl Details noch nicht bekannt sind, gehe er davon aus, dass die neue Regelung nicht nur für Anrufe aus dem Festnetz, sondern auch für den Mobilfunk gilt.

Einzelheiten will Brüderle jetzt ausführlich „mit allen Marktbeteiligten“ erörtern, auch die Branche soll „frühzeitig“ eingebunden werden, heißt es im Ministerium. Die Bundesnetzagentur arbeitet derzeit an den technischen Voraussetzungen. Bisher ist das Herausrechnen der Wartezeiten nur bei den 0900er-Nummern, nicht aber bei den 0180er-Nummern möglich. Das soll sich aber ändern, sagt René Henn von der Bundesnetzagentur. Er ist zuversichtlich, dass die technischen Voraussetzungen da sein werden, wenn das Gesetz beschlossen ist und in Kraft tritt. Die Telekommunikationsnovelle geht auf EU-Recht zurück, und das lässt Deutschland bis Mitte 2011 Zeit.

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