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Wirtschaft: „Wir übertreffen derzeit unsere Ziele“

Air-Berlin-Chef Joachim Hunold über den Börsengang des Unternehmens, den Flughafen Schönefeld und seine persönlichen Pläne

Herr Hunold, Sie sind in New York – wie ist das Feedback der US-Investoren?

Wir mussten zusätzliche Termine vereinbaren, bei unserem Lunch herrschte dreimal so viel Andrang wie erwartet. Die Leute sind hoch interessiert, von den Banken kommen sehr positive Kommentare. Die Amerikaner sind sachlich und sehr gut vorbereitet, sie sehen die Chancen und den Aufbau des Unternehmens. Die amerikanische Geschichte des Unternehmens kommt sehr gut an. Aber letztendlich zählen die Zahlen, und die scheinen zu überzeugen.

In London haben die Investoren einen deutlichen Preisabschlag zu den Aktien von Easyjet und Ryanair gefordert.

Das haben wir mit dem 19- bis 33-prozentigen Preisabschlag berücksichtigt. Aber es kommt immer auf die Endbewertung an. Vor vier Wochen – also vor dem Anstieg der Treibstoffkosten und dem Kursrückgang der Konkurrenz – wäre deren und unsere Bewertung um 20 Prozent höher gewesen. Unser Abschlag ist somit sehr fair und dem Markt angemessen.

Was muss passieren, damit der Börsengang ein Erfolg wird?

Ich habe bisher keine Anzeichen, dass er kein Erfolg wird. Der erste Zeichnungstag ist sehr gut verlaufen. Das sagen mir jedenfalls die Banken, die ja bessere Vergleiche haben als wir.

Wie stark wird die Aktie überzeichnet, womit rechnen Sie?

Keine Ahnung. Ich habe keine Zeit, das zu recherchieren. Sie müssen sich das mal vorstellen: Sie haben da neun, zehn Termine an einem Tag, jeder länger als eine Stunde, und dazwischen eine Viertelstunde, in der Sie im Auto irgendwohin gefahren werden.

An die Altaktionäre fließt mehr Geld als in das Unternehmen. Die neuen Aktionäre zahlen für die alten. Wie lässt sich das rechtfertigen?

Die Altaktionäre haben mir und dem Unternehmen das Vertrauen geschenkt und werden jetzt dafür belohnt. Sie trennen sich aber nicht von allen Anteilen. Entscheidend ist: Wir haben immer gesagt, in das Unternehmen sollen über die Kapitalerhöhung mindestens 350 Millionen Euro fließen. Das werden wir auch schaffen. Im Übrigen gebe ich keine Aktien ab.

Weil Air Berlin die britische Rechtsform einer PLC hat, sind die Kosten für den Börsengang besonders hoch.

Das liegt unter anderem daran, dass wir eine „Stamp Duty“ zahlen. Denn um den Aktienhandel für die Zukunft nicht damit zu belasten, dass bei jedem Handel 0,5 Prozent zu zahlen sind, kann die Gesellschaft diesen Aufwand vorab zahlen. Das haben wir gemacht, das macht bis maximal 15 Millionen Euro aus.

Die Rechtsform einer Aktiengesellschaft wäre also sehr viel billiger gewesen.

Da kann man lange darüber diskutieren. Die großen Unternehmen stöhnen unter der Mitbestimmung und unter den Kosten, die sie verursacht. Wir sind überzeugt, dass unsere Rechtsform in der Zukunft die größte Flexibilität und damit auch eine Kostenersparnis bringt.

Was ist an der Mitbestimmung schlecht?

Die Mitbestimmung, so wie wir sie heute in Deutschland haben, ist international nicht mehr wettbewerbsfähig. Sie können als Vorstandsvorsitzender keine neutralen Entscheidungen treffen, wenn Ihr persönlicher Vertrag von der Meinung der Angestellten abhängig ist. Es kommt ja in vielen Unternehmen immer wieder zu Kompromissen, zum Beispiel bei VW. In diesem Fall sind Kompromisse offensichtlich nicht immer im Sinne der Aktionäre. Aber wenn man ein Unternehmen gut führt, sind die Mitarbeiter auch gerne dabei. Wir hätten nicht so viele Auszeichnungen gewonnen, wenn wir nicht zufriedene Mitarbeiter hätten.

Sie bewegen sich in einem umkämpften Markt, der von der Ölpreis- und Währungsentwicklung abhängt. Im vergangenen Jahr sind Sie bei diesen Risiken nicht so gut gefahren. Klappt das künftig besser?

Schon vor dem deutlichen Ölpreisanstieg der letzten Wochen waren wir zu 80 Prozent für dieses Jahr abgesichert. Wir liegen nun kostenmäßig unter unserem Businessplan, wir übertreffen derzeit unsere selbst gesteckten Ziele. Für nächstes Jahr haben wir das erste und zweite Quartal auch schon zu 50 beziehungsweise 35 Prozent abgesichert.

Ein Merkmal des Wettbewerbs ist auch, dass die großen Carrier wie Lufthansa und British Airways ins Billigsegment drängen.

Unser Streckennetz überschneidet sich nur zu neun Prozent mit dem der Lufthansa. Außerdem sind die Billigkontingente bei der Lufthansa sehr gering. Wenn Sie British Airways nehmen, dann haben wir null Überschneidungen.

Wann fliegen Sie denn nach Miami oder an andere Fernziele?

Wir wollen nicht Langstrecke fliegen. Da müssen Sie ein ganz anderes System aufbauen. Auf der Langstrecke gegen die Großen anzutreten, rechnet sich nicht. Wir bauen unsere Nischen aus. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: British Airways hat Hannover-London eingestellt, weil sie im Wettbewerb mit uns nicht gegenhalten konnten. Wir haben daraufhin die Frequenz erhöht und fliegen jetzt täglich zweimal hin und zurück.

Wo werden Sie künftig wachsen?

Unseren Fokus wollen wir auf Skandinavien legen und Osteuropa. Wir haben jetzt die Verkehrsrechte für Moskau bekommen. Und wir wollen stärker auf Geschäftsreisende setzen.

In einem Report der Commerzbank heißt es unter dem Stichpunkt Risiken, dass die weitere Entwicklung von Air Berlin ganz von Ihnen abhänge. Wie sehen Sie das?

Wir haben in den vergangenen Jahren ein sehr gutes Management mit jungen Leuten aufgebaut. Das Unternehmen ist auf eine breite Basis gestellt, und wir können nach dem Börsengang diese Strukturen noch weiter ausformen. Mir macht die Arbeit Spaß. So lange ich dem Unternehmen eine strategische Ausrichtung geben kann, mache ich weiter. Man muss jetzt auch an die Aktionäre denken. Also: So lange die das wollen, mache ich weiter.

In dem Board, eine Art Aufsichtsrat, sollen auch der Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und der Metro-Chef Hans-Joachim Körber sitzen. Was bedeutet das strategisch?

Das hat keinen strategischen Hintergrund. Herr Mehdorn ist vom Fach, er war früher bei Airbus, kennt sich mit Flugzeugen aus und leitet auch einen Verkehrsträger. Wir haben ganz klar abgesteckte Terrains. Bis 400 Kilometer ist die Bahn einfach das beste Verkehrsmittel, darüber hinaus – das weiß er inzwischen auch – ist das Flugzeug im Vorteil. Man sollte mehr Integration zwischen den Verkehrssystemen schaffen, das bringt den Passagieren Vorteile.

Soll Air Berlin eine Volksaktie werden?

Was ist denn eine Volksaktie? Wir haben im vergangenen Jahr 13,5 Millionen Passagiere gehabt, und viele von denen haben uns gefragt, wann wir endlich an die Börse gehen, damit sie Aktien zeichnen können. Das machen wir jetzt. Aber selbst wenn jemand nicht kauft, ist das für uns kein Verlust, denn wir haben jetzt eine unheimliche Werbepräsenz.

Wie viel Berlin steckt in Air Berlin?

Berlin ist unser größter deutscher Flughafen, insgesamt ist nur Mallorca größer. In Berlin wollen wir unsere Positionen ausbauen.

Und wenn der Ausbau in Schönefeld nicht so läuft, wie Sie sich das vorstellen, dann gehen Sie nach Leipzig?

Wir wollen in Berlin bleiben. Aber wenn die Auslegung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts dazu führt, dass wir im Vergleich zum Standort Tegel schlechter gestellt werden, muss man sich wirklich überlegen, ob es Sinn macht, Schönefeld überhaupt auszubauen.

Das Gespräch führte Moritz Döbler.

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