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Wissen: An Büchern wird gespart

Bibliotheken klagen über finanzielle Einbußen

Fast die Hälfte aller wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland muss sparen. Ähnlich düster sieht die Lage bei öffentlichen Bibliotheken aus. Das geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten „Bericht zur Lage der Bibliotheken“ hervor, für den der Deutsche Bibliotheksverband 1550 Mitgliedseinrichtungen befragte. Besonders stark betroffen seien Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg. Der Verband fordert, die finanzielle Ausstattung der Bibliotheken „deutlich zu verbessern“.

Demnach hat ein Drittel der wissenschaftlichen Bibliotheken in diesem Jahr Einschnitte vornehmen müssen, bei weiteren 15 Prozent sind Sparmaßnahmen geplant. Dazu gehören der Wegfall von Stellen oder höhere Nutzergebühren. Fast 29 Prozent der Hochschulbibliotheken mussten in diesem Jahr ihren Medienetat kürzen. Von den öffentlichen Büchereien berichten das 24 Prozent. Zahlreiche Gemeinden über 5000 Einwohnern verfügten überhaupt nicht über eine hauptamtlich geführte Bibliothek, obwohl dies internationale Standards vorsehen würden, kritisiert der Verband.

Wie kommen die Bibliotheken mit den Anforderungen des digitalen Zeitalters klar? Wissenschaftliche Bibliotheken würden bereits 40 bis 80 Prozent ihres Medienetats für elektronische Medien ausgeben, heißt es. Ab dem kommenden Jahr sollen Leserinnen und Leser zudem über die „Deutsche Digitale Bibliothek“ (DDB) online kostenlos auf die Angebote von 30 000 Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen zurückgreifen können. Dies sei „ein großer Schritt“ in Richtung Digitalisierung – zumal die DDB Teil eines europäischen Netzwerks sein soll. Die Europäer verstehen das auch als Antwort auf den Versuch von Google, via „Google Books“ Bibliotheksbestände aus der ganzen Welt einzuscannen.

Allerdings ist der Fortschritt der deutschen Bibliotheken bei der Digitalisierung der eigenen Bestände noch bescheiden. So sind von den 110 000 Buchtiteln aus dem 16. Jahrhundert erst 22 000 eingescannt und von den 600 000 Titeln aus dem 18. Jahrhundert 40 000. Gerade bei diesen alten Werken bietet sich aus Sicht der Bibliothekare eine Digitalisierung besonders an – müssen Nutzer dann doch nicht mehr in den kostbaren Originalen blättern. Um bis zum Jahr 2016 zusätzliche 200 000 Titel zu digitalisieren, sollte der Bund 10 Millionen Euro bereitstellen, fordert der Bibliotheksverband.

Trotz des Internets seien Bibliotheken aber mehr denn je als Treffpunkt gefragt. Sie erlebten eine „regelrechte Renaissance“. Lernende könnten hier konzentriert arbeiten, ohne sozial isoliert zu sein, Mitglieder von Schreibclubs diskutierten ihre Werke, mit Ausstellungen und Vorträgen seien die Einrichtungen kulturelle Zentren, und nicht zuletzt könne keine Suchmaschine das Know-how von Bibliothekaren ersetzen. Vor allem Neubauten würden viele neue Nutzer anziehen. Der Bericht nennt als Beispiel die Stadtbibliothek Augsburg. Nachdem 2009 ein Neubau eröffnet wurde, stieg die Nutzerzahl binnen einem Jahr von 290 000 auf 526 000. Tilmann Warnecke

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