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Im Fokus. Der Komet Tschurjumow-Gerasimenko, fotografiert am 2. August aus rund 500 Kilometern Entfernung.

© ESA/Rosetta/NAVCAM

Update

Endlich am Ziel: Signal bestätigt: „Rosetta“ erreicht Kometen

Nach zehn Jahren Flug hat die europäische Sonde den Kometen „Tschurjumow-Gerasimenko“ erreicht. Nun beginnt das Forschungsprogramm. Im November soll das Landegerät "Philae" abgesetzt werden.

Von Rainer Kayser, dpa

Es war eine lange Reise: Vor zehn Jahren startete die Raumsonde „Rosetta“ ins All, sechs Milliarden Kilometer hat sie zurückgelegt. Nun hat sie ihr Ziel erreicht. Um 11: 29 Uhr traf das ersehnte Signal im europäischen Raumfahrtkontrollzentrum in Darmstadt ein. Rosetta hat den Kometen mit dem unaussprechlichen Namen „Tschurjumow-Gerasimenko“ erreicht und ist auf eine Umlaufbahn um den kosmischen Eisbrocken eingeschwenkt. Es ist ein Novum in der Raumfahrtgeschichte und kein leichtes Unterfangen. Kometen sind kleine Körper, nur einige wenige Kilometer groß, und besitzen geringe Schwerkraft.

400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt

Deshalb schlich sich Rosetta von hinten an „Tschuri“ an. Sie folgte ihm auf seiner Bahn in das innere Sonnensystem und passte ihre Geschwindigkeit langsam an den Himmelskörper an. Kleine Kurskorrekturen reichten dann aus, um die Sonde in 100 Kilometer Abstand in einen Orbit einschwenken zu lassen. Dabei ist Rosetta auf sich selbst gestellt. Der Komet ist 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, Funksignale benötigen für diese Strecke etwa 20 Minuten. Viel zu lange, um die Sonde per Fernsteuerung zu dirigieren. Stattdessen muss sich Rosetta an den Sternen orientieren und selbstständig manövrieren.

Schon die ersten von „Rosetta“ gesendeten Bilder überraschten. Der Komet „Tschuri“ ist nicht rund, sondern hat eine seltsame Doppelstruktur. Er ähnele einer Gummiente, sagen die Rosetta-Forscher. Möglicherweise waren „Kopf“ und „Rumpf“ der kosmischen Ente einst separate Körper. Mit ihren Instrumenten konnte Rosetta auch schon die Temperatur des Kometen messen. Mit minus 70 Grad Celsius ist sie 20 bis 30 Grad wärmer als von den Wissenschaftlern erwartet. Das deute auf viel Staub und Gestein, und wenig Eis auf der Oberfläche.

Im November soll eine Landeeinheit abgesetzt werden

Auf Kometenkurs. Die Grafik zeigt das Landegerät „Philae“. Es befindet sich noch an Bord von „Rosetta“ und soll im November auf dem Kometen landen.
Auf Kometenkurs. Die Grafik zeigt das Landegerät „Philae“. Es befindet sich noch an Bord von „Rosetta“ und soll im November auf dem Kometen landen.

© dpa

Kometen sind Überbleibsel aus der Frühzeit des Sonnensystems: keine festen, felsigen Körper, sondern ein Gemisch aus Gesteinsbrocken und Staub, eingebettet in gefrorene, flüchtige Substanzen wie Wasser, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Methan. Beim Annähern an die Sonne verdampfen die flüchtigen Bestandteile und lassen den charakteristischen Schweif aufleuchten. Bereits im April konnte Rosetta den Beginn dieser Aktivität beobachten. „Tschuri“ stößt etwa 300 Gramm Wasserdampf pro Sekunde ins All aus.

Diesen Vorgang hoffen die Forscher bald aus der Nähe zu beobachten. Rosetta soll sich dem Kometen bis auf etwa 20 Kilometer nähern. Im November setzt die Sonde dann, ein weiteres Novum, das Landegerät „Philae“ auf dem Kometenkern ab. Die geringe Schwerkraft des Kometenkerns erschwert die Landung. Damit der nur 90 Zentimeter große Lander nicht wieder ins All zurückprallt, verankert er sich mit einer Art Harpune im Boden. Mit einem zwei Meter langen Greifarm kann er dann aus der Kruste des Kometen Proben entnehmen und in seinem Labor analysieren. In seinem Inneren enthält „Tschuri“ möglicherweise Materie aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems. „Philae“ kann deshalb neue Erkenntnisse über die Herkunft des Wassers auf der Erde und vielleicht sogar über den Ursprung des Lebens liefern.

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