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Vier Pfeiler. Die Gruppen an der TU Berlin sollen im Erweiterten Akademischen Senat gleich stark vertreten sein, wünschen sich manche. Das Foto zeigt den Lichthof der TU.

© TU Berlin/Elke Weiss

Debatte über Entmachtung der Professoren an der TU Berlin: "Auch unter den Professoren gibt es Vollpfosten"

Soll die Viertelparität im Erweiterten Akademischen Senat der TU Berlin eingeführt werden? Am Mittwoch diskutierten Befürworter und Gegner

Der Akademische Senat (AS) der TU Berlin hat seine Stellungnahme zur Viertelparität am Mittwochnachmittag auf seine nächste Sitzung in drei Wochen vertagt. Allerdings diskutierten die Mitglieder des Gremiums eine Stunde lang über das Thema. Dabei dominierten die Befürworter der Viertelparität, die Kritiker meldeten sich erst spät  zu Wort.

Gleich zu Beginn betonte TU-Präsident Christian Thomsen, die TU werde mit der Einführung der Viertelparität im Erweiterten Akademischen Senat (EAS) viel weiter gehen als das nordrhein-westfälische Hochschulgesetz. Da der EAS auch die Grundordnung der TU beschließe, wäre „das ganze akademische Leben betroffen“. Die Mitglieder des AS sollten sich dessen bewusst sein, sagte Thomsen.

Der wissenschaftliche Mitarbeiter Franz-Josef Schmitt, der den Antrag für ein Bündnis von AS-Gruppen eingebracht hat, verspricht sich von der Viertelparität aber ein besseres „Zusammengehörigkeitsgefühl“ an der Uni. Die Befürchtung, die Uni werde mit der Entmachtung der Professoren instabil, sei durch die Praxis an den Hochschulen Nordrhein-Westfalens widerlegt. Auch sei die Zeit eine andere als 1969: „Die Mitarbeiter von heute sind keine 68er Revolutionäre.“

"Nur zehn Stimmen für 31.000 Studierende"

Der Studierendenvertreter Patrick Schubert sagte: „Es ist sehr undemokratisch, wenn Wahlen frei, gleich und geheim sein sollen, aber 600 Professoren 31 Stimmen haben und 31.000 Studierende nur zehn.“ Die Viertelparität werde längst nicht die schwerwiegenden Folgen haben, die ihre Kritiker unterstellten: „Auch ein viertelparitätisches Präsidium muss sich an die Gesetze halten.“

„Ich spreche für 2000 sonstige Mitarbeiter, fast alle arbeiten unbefristet hier und sind verbeamtet. Wir sind der Uni genauso verhaftet wie die Professoren“, sagte Kerstin Toepfer von der Gruppe der Sonstigen Mitarbeiter. „Wir wollen Verantwortung übernehmen und können es auch.“ Die Viertelparität sei eine Frage der Wertschätzung: „Wir sollten uns auf Augenhöhe begegnen.“

Ihr widersprach Andrea Scherz, die ebenfalls zur Gruppe der Sonstigen Mitarbeiter gehört: Den Professoren dürfe ihre Verantwortung bei der Präsidentenwahl keineswegs abgenommen werden. Sonst könnten sie hinterher sagen: „Den habt ihr gewählt, seht mal zu.“ Auch gebe es Aufgaben in Forschung und Lehre, für die nicht alle die gleiche Kompetenz hätten, selbst wenn alle an der Entwicklung der Uni beteiligt seien. Wichtig sei die „generelle Kultur“ an der TU, „die tägliche Wertschätzung“. Die Viertelparität werde zur Verbesserung des Alltags nichts beitragen.

"Die Schwarzwaldklinik mit Professor Brinkmann ist längst abgesetzt"

„Frau Scherz, hat man Sie erpresst?“, fragte daraufhin der Chemie-Professor  Peter Hildebrandt, der ein vehementes und launiges Statement für die Viertelparität abgab. Scherz argumentiere wie der Schweizer Frauenrat, als er sich 1951 gegen das Wahlrecht für Frauen aussprach, sagte Hildebrandt. Den Professoren, die sich in der „TU intern“ gegen die Viertelparität ausgesprochen hatten, warf er vor, sich als einzige für die Elite zu halten: „Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, dass Sie die Elite darstellen?“, fragte er. „Im Fernsehen ist die Schwarzwaldklinik mit Professor Brinkmann längst abgesetzt, Sie führen sein Leben aber weiter fort.“ Auch unter den Professoren gebe es jede Menge „Vollpfosten“, wobei „der Anteil Abgedrehter“ unter den Professoren womöglich besonders groß sei. „Es ist doch lächerlich zu behaupten, dass ein nicht schlauer WiMi mit seiner Beförderung zum Professor plötzlich befähigt ist, die Uni mitzugestalten“, sagte Hildebrandt.

"Exzellenz ist unser Auftrag"

Christine Ahrend, Vizepräsidentin der TU und ebenfalls für die Viertelparität, forderte deren Gegner auf, „mehr Gegenargumente“ zu bringen: „Ich will hören, worin die Sorgen wirklich bestehen.“

Stephan Völker, Professor für Lichttechnik, nannte Hildebrandts Redebeitrag „populistisch und propagandistisch“: „Exzellenz ist nicht unsere Einbildung, sondern unser Auftrag.“ Mit der Einführung der Viertelparität würde sich keineswegs viel ändern, „es geht um wenige Dinge“. Doch viele Professoren würden sagen: „Wenn es dazu kommt, müssen wir gar nicht erst ein Cluster beantragen.“ „Nennen Sie mir eine Uni, in der das gelebt wird und die exzellent ist“, sagte Völker. Anja Feldmann, Informatik-Professorin, warnte davor, dass der EAS mit seinem Einfluss auf die Grundordnung auch die Viertelparität im Akademischen Senat einführen könnte. Aber schon die Viertelparität bei der Präsidentenwahl sei problematisch: Der Präsident entscheide maßgeblich über die Verteilung von Mitteln und sei Dienstvorgesetzter der Professoren.

Keine Vereinfachung der Entscheidungsprozesse

Der Mathematik-Professor John Sullivan sagte, in den USA seien vergleichbare Gremien meist nur mit Professoren besetzt: „Da finde ich gut, was wir hier haben.“ Die Viertelparität werde aber sicher keine Vereinfachung der Entscheidungsprozesse bringen. Der Mathematik-Professor Etienne Emmrich sagte, die Mitarbeiter hätten bereits Mittel, sich zur Geltung zu bringen, etwa die Personalvertretung. Die Viertelparität sei nicht nötig und rechtlich problematisch.

Die Mitglieder des Erweiterten Akademischen Senats sollen am 6. Juli über die Viertelparität entscheiden. Am Vortag veranstaltet die TU eine Podiumsdiskussion. Unter anderem nehmen teil Jürgen Zöllner, Berlins früherer Wissenschaftssenator, und Holger Burckhart, Rektor der Uni Siegen. – 12 Uhr im Lichthof der TU Berlin, um Anmeldung über die Homepage der TU wird gebeten.

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