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Ebola

© AFP

Ebola in Guinea: Die Wege einer Seuche

Schwerkranke Reisende aus Westafrika könnten auch in Europa ankommen. Berlin ist für Ebola-Verdachtsfälle vorbereitet. Ein Kranker in Kanada ist indes nicht mit dem Virus infiziert.

Hohes Fieber, kürzlich aus Liberia zurückgekehrt, sehr krank. Mehr Informationen brauchten die Ärzte in der kanadischen Großstadt Saskatoon nicht, um ihren Patienten sofort zu isolieren und nur mit Schutzkleidung zu behandeln. Denn Liberia grenzt an Waldguinea, jene Region, in der seit Anfang Februar eine Ebola-Epidemie wütet. Bisher haben sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO vermutlich 86 Menschen infiziert, 63 starben. Bei 13 Patienten wurde das besonders gefährliche Ebola-Zaire-Virus im Labor nachgewiesen. Auch in Liberia haben sich möglicherweise sechs Menschen angesteckt. Und nun hatte Kanada seinen ersten Ebola-Verdachtsfall.

Der Mann sei während des Fluges noch nicht krank gewesen, vermutlich habe sich kein anderer Passagier angesteckt. Menschen, die mit Urin, Speichel oder anderen Körperflüssigkeiten des Mannes in Berührung gekommen waren, sollten aber zu Hause bleiben und ihre Gesundheit beobachten, sagte Denise Werker von der Gesundheitsbehörde der kanadischen Provinz Saskatchewan.

Proben wurden an ein Hochsicherheitslabor im 780 Kilometer entfernten Winnipeg geschickt. Am Dienstag gaben die Wissenschaftler Entwarnung: Der Mann leidet nicht an Ebola. Auch andere hämorraghische Fieber – wie Marburg, das Lassa-, Rifttal- oder Krim-Kongo-Fieber – schlossen die Forscher aus, meldete die WHO sofort über Twitter. Später bestätigten das die kanadischen Behörden. Der Patient bleibt trotzdem in Quarantäne.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Reisende die Krankheit nach Europa einschleppen

Dass Reisende aus Guinea und benachbarten Regionen die Krankheit nach Europa einschleppen, sei sehr unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. So lautet das Fazit einer Risikoanalyse, die die europäische Seuchenbehörde ECDC am Montagabend veröffentlichte. Die Inkubationszeit kann bei Ebola ein paar Tage oder bis zu drei Wochen dauern. Deshalb fühlen sich Reisende während des Fluges mitunter noch gesund. Sie sind in dieser Zeit - ganz anders als bei Grippe - auch keine besondere Gefahr für ihre Mitmenschen.

Wer aber nach der Rückkehr aus betroffenen Gebieten an Fieber, Kopfschmerzen, Durchfall und Mattigkeit leidet, sollte das nicht als Lappalie abtun, sondern sofort einen Arzt benachrichtigen und seine Reise erwähnen. Besteht Verdacht auf Ebola, wird derjenige isoliert. Im Ernstfall werden alle Kontaktpersonen ermittelt und ebenfalls untersucht.

„Meist ist es Fehlalarm. Oft kann eine Malaria nachgewiesen werden“, sagt Norbert Suttorp, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie an der Charité. 1999 zum Beispiel kam ein deutscher Kameramann mit Fieber, Erbrechen und Durchfall zurück von der Elfenbeinküste. Nach und nach schlossen die Ärzte auf der Isolierstation andere Infektionen aus. Bis auf Ebola. Eine Probe, die im Hochsicherheitslabor am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg analysiert wurde, schien das zu bestätigen. Das Ergebnis war falsch-positiv. Der Mann starb schließlich an Gelbfieber – obwohl er angeblich geimpft war. Später stellte sich heraus, dass er die Impfungen gegen Gelbsucht und Gelbfieber verwechselt hatte.

Wenn ein auffälliger Patient aus einem Risikogebiet in eine Arztpraxis oder die Rettungsstelle kommt, wird er zunächst an Ort und Stelle separiert. In 15 Minuten können die Notärzte klären, ob es nicht doch Malaria ist. Bleibt die vorläufige Diagnose Ebola, Marburg-Virus, Lungenpest oder eine ähnlich gefährliche Infektion bestehen, ruft das Gesundheitsamt Seuchenalarm aus.

An der Charité können theoretisch bis zu 20 Ebola-Patienten behandelt werden

Innerhalb einer Stunde wird die Station 59 am Virchowklinikum komplett geräumt. Seit 2010 ist es die größte Sonderisolierstation Deutschlands. Ein Spezialtransporter holt den Kranken ab. Er wird dann in einem Unterdruckzimmer, aus dem kein Virus entweichen kann, von Schwestern und Ärzten im „Mondanzug“ intensivmedizinisch betreut. Bis zu 20 Patienten können so versorgt werden. Etwa 180 Charité-Mitarbeiter sind dafür ausgebildet. Sie üben jeden Monat. „Vor so etwas ist uns nicht bange“, sagt Suttorp. „Aber ein Alarm kostet viel Geld. Das will gut überlegt und begründet sein.“

Auch andere Unikliniken – etwa in Frankfurt oder München, wo besonders viele internationale Flüge ankommen – haben ähnliche Isolierstationen. Non-Stop-Flüge von Guineas Hauptstadt Conakry aus gibt es allerdings nur nach Brüssel und Paris. Mit Zwischenstopp Casablanca gibt es Verbindungen nach Paris, Lyon, Nizza, Marseille, Toulouse, Barcelona und Mailand, schreibt die europäische Seuchenbehörde ECDC. Das Auswärtige Amt rät dringend von Reisen ab, die nach Waldguinea im Südosten des Landes und in die benachbarten Gebiete in Liberia und Sierra Leone führen. Unicef-Sprecher Laurent Duvillier betonte gegenüber Bloomberg, dass viele Menschen entlang der Grenzen regen Handel treiben. Touristen sollten in Hotels übernachten, engen Kontakt mit Tieren und kranken Menschen vermeiden und kein Buschfleisch essen, rät die Gesellschaft für Virologie

In Guinea darf kein Buschfleisch mehr verkauft werden

Für Touristen ist das Infektionsrisiko nach Angaben der ECDC und der deutschen Gesellschaft für Virologie allerdings extrem gering. Ebola wird schließlich nicht über die Luft, sondern nur beim direkten Kontakt mit Blut, Ausscheidungen, Körperflüssigkeiten oder Organen infizierter Menschen oder Tiere übertragen. Die meisten Menschen stecken sich während der Krankenpflege oder bei afrikanischen Bestattungszeremonien an.

Um die Epidemie einzudämmen, hat die Regierung von Guinea derzeit den Verkauf und Verzehr von Buschfleisch verboten. Dazu gehören unter anderem Affen, Flughunde und Antilopen. In den Dörfern, in denen die Seuche ausbrach, ernähren sich die Menschen angeblich auch von Flughunden. Diese Tiere werden nicht krank, im Lauf der Evolution haben Virus und Immunsystem ein Gleichgewicht gefunden. Springt das Virus aber auf Affen oder andere Tiere über, verenden sie genauso wie infizierte Menschen. Es gibt bisher keine Therapie, die das Virus in die Schranken weist.

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