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Energiebündel. Iter soll mittels Kernfusion Strom erzeugen. Der großtechnische Einsatz dürfte erst um 2050 möglich sein. Foto: dpa

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Energieforschung: Einbahnstraße zur Fusion

Der europäische Fusionsreaktor „Iter“ kostet Milliarden. Nur kommen kaum Aufträge nach Deutschland.

Noch ist kaum mehr als das Fundament zu sehen. 2020, wenn der Fusionsreaktor „Iter“ im französischen Cadarache in Betrieb geht, soll er den lang ersehnten dritten Weg in der Energieversorgung eröffnen. Saubere, klimafreundlich erzeugte Energie, die in großen Mengen verfügbar ist und nicht von schwankenden Angeboten wie Sonnenschein oder Wind abhängig ist. Deutschland wird sich über seine Zahlungen an die EU, die Iter unterstützt, indirekt mit voraussichtlich 1,3 Milliarden Euro an dem Projekt beteiligen. Offensichtlich ist es der Bundesregierung aber nicht gelungen, einen nennenswerten Anteil davon über Aufträge für Industrie und Forschungseinrichtungen ins Land zurückzuholen. Das geht aus einer Anfrage der SPD-Fraktion an das Bundesforschungsministerium (BMBF) hervor. An dieser Situation dürfte sich auch künftig wenig ändern, denn ein Förderprogramm, das der deutschen Industrie bessere Chancen bei der Auftragsvergabe verschaffen sollte, wurde nun eingestellt.

Für Aufträge, die mit Iter in Zusammenhang stehen, ist die europäische Agentur „Fusion for Energy“ zuständig. Nach Angaben des BMBF hat diese Agentur bis Ende 2011 Aufträge von insgesamt rund einer Milliarde Euro vergeben. Auf deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen entfielen gerade 31,1 Millionen Euro. Nutznießer waren in erster Linie französische Firmen, berichtet die „Financial Times Deutschland“.

„Es ist ernüchternd, dass es trotz erheblicher Fördermittel des Bundesforschungsministeriums bisher nicht gelungen ist, auch nur einen größeren Auftrag beim Bau von Iter zu gewinnen“, schreibt der SPD-Haushaltspolitiker Klaus Hagemann. „Das Ministerium hat es versäumt, in Deutschland schlagkräftige Strukturen für die Begleitung dieses Technologieprojektes aufzubauen und zieht nun mit dem Förderstopp die Reißleine.“

Wie die Fördermittel des Sonderprogramms eingesetzt wurden, beschreibt die Sprecherin des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in München, Isabella Milch, an folgendem Beispiel: Gemeinsam mit der Industrie hat das IPP ein Bolometer entwickelt. Das Gerät kann die Wärme- und Lichtstrahlung eines Plasmas messen, wie es künftig im Inneren des Fusionskraftwerks toben soll. „Das ist ein wichtiges Bauteil von Iter“, sagt Milch. Um sich für einen entsprechenden Auftrag bewerben zu können, müssten Firmen im Vorfeld einige Entwicklungsarbeit leisten. „Das wurde durch die BMBF-Förderung ermöglicht.“ Ob Fusion for Energy den Bolometer-Auftrag tatsächlich nach Deutschland vergibt, wird sich zeigen.

Bislang ist die Bilanz durchwachsen. Für die insgesamt ausgegebenen 34,3 Millionen Euro Projektförderung wurden laut BMBF – einschließlich aller Unteraufträge – Einnahmen von rund 60 Millionen Euro erzielt. Man erwarte, dass sich das Verhältnis bessere, da bei Fusion for Energy noch Vergaben in Höhe von zwei Milliarden Euro anstünden, schreibt der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Thomas Rachel, in seiner Antwort auf die SPD-Anfrage. Große Hoffnungen scheint man sich im Ministerium aber nicht mehr zu machen. Potenzielle Bewerber erhalten keine Förderung mehr.

Die nationale Fusionsforschung, etwa am IPP oder am Karlsruher Institut für Technologie, soll gemäß Haushaltsentwurf im nächsten Jahr zwei Millionen Euro weniger erhalten als die für 2012 verfügbaren 140 Millionen Euro.

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