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Entdeckung: Gefiederter Tyrann

Schwer wie ein Auto, Federn wie ein Küken: Vor 125 Millionen Jahren streifte ein seltsamer Dinosaurier übers Land.

Funde von ungewöhnlichen Dinosaurierfossilien im heutigen China gibt es immer wieder, aber diese Entdeckung überraschte die Wissenschaftler in mehrfacher Hinsicht. An den nahezu vollständig erhaltenen Skeletten einer neuen Dinosaurierart, die im Norden des Landes geborgen wurden, fanden die Forscher deutlich erkennbare Federn. Mit neun Metern Länge und einem Gewicht von 1400 Kilogramm ist der Verwandte des Tyrannosaurus das größte bisher bekannte Lebewesen, das Federn trägt. Sein wissenschaftlicher Name Yutyrannus huali heißt übersetzt „schöner gefiederter Tyrann“. Die Federn ähnelten allerdings mehr den Daunen heutiger Küken und hatten nicht den komplexen Bau der Konturfedern von Vögeln. Die fadenförmigen Gebilde dienten wahrscheinlich nur dem Kälteschutz, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature“.

„Möglicherweise waren Federn, zumindest unter den fleischfressenden Dinosauriern, viel verbreiteter, als die meisten Wissenschaftler noch vor ein paar Jahren vermutet hatten“, sagt Erstautor Xing Xu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. Die bisher bekannten federtragenden Echsen waren jedoch deutlich kleiner als der neue Fund. Yutyrannus war nach Schätzungen der Paläontologen etwa 40-mal schwerer als Beipiaosaurus, der größte der bisher bekannten gefiederten Saurier. Dass es auch weit größere Tiere mit ausgeprägtem Federkleid gegeben hat, war für die Forscher eine Überraschung. Denn nach der gängigen Vorstellung haben sich Federn zunächst entwickelt, weil sie der Wärmeisolation dienten. Die Funktion, das Fliegen zu ermöglichen, ist erst später dazugekommen.

Ein körperbedeckendes Gefieder war daher insbesondere für kleinere Saurier von Vorteil und verliert bei sehr großen Tieren an Bedeutung: Mit zunehmender Körpermasse sinkt das Verhältnis zwischen Körperoberfläche und Volumen, so dass weniger Körperwärme nach außen verloren geht. „Besonders großen Tieren drohte sogar Gefahr durch Überhitzung“, sagt Corwin Sullivan, ein kanadischer Paläontologe, der an der Studie beteiligt ist.

Ein Wärmeschutz durch Federn wäre demnach für Riesenechsen gar nicht nötig. So gibt es bisher auch keinen direkten Nachweis für Federstrukturen bei den großen Tyrannosauroiden der späten Kreidezeit. Die Forscher erklären das Federkleid ihres Yutyrannus mit einer Anpassung an ein ungewöhnlich kaltes Klima. Zu dessen Lebzeiten in der Unterkreide vor 125 Millionen Jahren betrug die durchschnittliche Jahrestemperatur am Fundort wahrscheinlich nur 10 Grad Celsius. Für die spätere Kreidezeit schätzt man die Temperatur auf 18 Grad. So war Tyrannosaurus rex, der in der wärmeren Periode bis vor 65 Millionen Jahren lebte, wahrscheinlich entweder gar nicht oder nur spärlich behaart.

Neben den Überresten eines erwachsenen Exemplars von Yutyrannus huali fanden die Wissenschaftler die Skelette zweier Jungtiere, von denen eines mindestens acht Jahre jünger war und nur 500 Kilogramm wog. In allen Fällen ließen sich Federn an unterschiedlichen Körperteilen nachweisen. Ihre Feinstruktur war nach den Jahrmillionen allerdings nicht mehr erkennbar. Die fädigen Federn erreichten im Nacken eine Länge von mehr als 20 und am Oberarm mindestens 16 Zentimeter. Auch an Beinen, Becken und Schwanz fanden die Forscher Abdrücke solcher Federn. Sie schließen daraus, dass wohl die gesamte Körperoberfläche befiedert war. Ganz ausschließen wollen sie aber nicht, dass das Federkleid nur auf einige Stellen beschränkt blieb. Dann könnte es eher die Funktion eines optischen Signals gehabt haben – vielleicht um bei der Balz zu imponieren.

Joachim Czichos

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