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Ein Mädchen in Afghanistan arbeitet in einer Lehmziegelfabrik.

© picture alliance / dpa

Freie Universität streicht Studiengang: Keine Kompetenz für Kinderrechte

An der Freien Universität Berlin soll ein Masterstudiengang für "Childhood Studies" abgewickelt werden. Studierende, Professoren und Kinderrechtler weltweit protestieren.

Robin Schulz-Algie ist enttäuscht. Seit einem Jahr beschäftigt er sich an der FU Berlin mit Kindheitsforschung, nun soll der weiterbildende Masterstudiengang „Childhood Studies and Children’s Rights“ abgeschafft werden. Das entschied der zuständige Fachbereich vergangene Woche. Nur noch ein neuer Jahrgang soll demnach an der FU lernen können, inwiefern Kinderrechte als Menschenrechte zu begreifen sind und wie man erfolgreich Lobby-Arbeit für Kinder betreibt. „Und das ausgerechnet zum 25-jährigen Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention“, sagt Schulz-Algie.

Auch wenn Schulz-Algie bald sein Studium abschließen wird, liegt ihm die Zukunft seines Studiengangs am Herzen. Mit einer Onlinepetition sammelte er gemeinsam mit anderen Studierenden und Absolventen über 1600 Unterschriften. Unterzeichner aus über 75 Staaten der Welt, darunter Professoren, Lehrer und Vertreter von Kinderrechtsorganisationen, sprachen sich energisch für eine Weiterführung des interdisziplinären Master-Programms aus – vergeblich.

Laut Dekan fehlt ein kompetenter und hauptamtlicher Professor

Harm Kuper, Dekan im Fachbereich Erziehungswissenschaft, hat die Abwicklung des Kinderrechte-Programms angeregt. An der FU sei der Studiengang nicht gut aufgehoben. Grund sei ein Strukturproblem: Kein fachlich kompetenter, hauptamtlicher Professor sei derzeit für die Lehre verantwortlich. Dozenten seien vor allem nebenberufliche Lehrbeauftragte.

„Die vermeintlichen Strukturprobleme sind nur vorgeschoben“, sagt Manfred Liebel, der den Kinderrechte-Studiengang aktuell leitet. Seiner Einschätzung nach wolle der Fachbereich den weiterbildenden Studiengang deshalb nicht fortführen, weil er einer Gruppe einflussreicher Professoren nicht ins Konzept passe. Liebel, der selbst nur als Gastprofessor beschäftigt ist, fordert den Fachbereich stattdessen dazu auf, dem Weiterbildungsauftrag nachzukommen. Dieser ist im Berliner Hochschulgesetz verankert.

Absolventen arbeiten für NGOs oder in der Entwicklungshilfe

Liebel hat den Kinderrechte-Studiengang selbst mitaufgebaut. Als Sozialpädagoge arbeitete er in Süd- und Mittelamerika mit sozial benachteiligten Kindern, bevor er sich vor zehn Jahren dazu entschloss, in Deutschland einen eigenen Studiengang für Kinderrechte aufzubauen – und dank einer Förderung durch die EU bald die FU für seine Idee gewinnen konnte. Seit seiner Gründung konnte der Studiengang kontinuierlich an Bewerbern aus den verschiedensten Ländern dazugewinnen. Die etwa 150 Absolventen arbeiten bei einschlägigen NGOs, bei der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit oder im Deutschen Institut für Menschenrechte.

Die Pressestelle des Uni-Präsidiums versucht nunmehr, die erhitzten Gemüter zu besänftigen: „Die Entscheidung kommt keinesfalls einer Abschaffung gleich“, erklärt Pressesprecher Goran Krstin. „Es gibt ernst zu nehmende Chancen, den Studiengang an einen anderen Standort zu übertragen.“ Studiengangsleiter Liebel ist von entsprechenden Bemühungen der FU jedoch nichts bekannt. Das letzte Wort hat nun die Senatsverwaltung für Wissenschaft: Laut Berliner Hochschulgesetz muss diese der Aufhebung von Studiengängen zustimmen.

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