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Auch im Eisfjord von Ilulissat auf Grönland schmilzt das Eis.

© Ulrich Scharlack/dpa

Klimawandel: Sonne taute Grönlands Eis

Der Temperaturanstieg war für den Gletscherschwund kaum ausschlaggebend.

Auf dem grönländischen Eisschild taute es in den letzten beiden Jahrzehnten im Sommer. Das lag weniger an der erwärmten Luft, sondern am Rückgang der Wolkendecke, berichtet ein Forscherteam um Stefan Hofer von der Universität Bristol im Fachblatt „Science Advances“. Weil das Sommerwetter auf Grönland sonniger wurde, heizte sich das Eis stärker auf und schmolz an der Oberfläche.

Vier Billionen Tonnen Eis weniger

Seit 1995 hat der Eisschild vier Billionen Tonnen Eis verloren, 1,5 Promille seiner Gesamtmasse. Bisher dachten Klimaforscher, die Ursache sei eine gestiegene Lufttemperatur. Das Team um Hofer hat diese Erklärung jetzt mithilfe von Beobachtungsdaten und Modellrechnungen geprüft – und musste sie überholen.

Messinstrumente auf Satelliten registrieren die Strahlung, die von der Erde ausgeht, und somit auch die der Wolken. Gemäß einer dieser Messreihen (vom „Advanced Very High Resolution Radiometer“) hat die sommerliche Wolkendecke über Grönland zwischen 1994 und 2009 um 14 Prozent abgenommen. Entsprechend mehr Sonnenstrahlen fielen auf das Eis. Sonniger wurde es vor allem im Süden der Insel.

Die Zunahme der Einstrahlung kann zwei Drittel der Schmelze seit Mitte der 1990er Jahre erklären, wie die Forscher ermittelten. Die Häufung des Sonnenwetters hängt mit einer schleichenden Veränderung der typischen meteorologischen Bedingungen zusammen. Das erkannten die Forscher an einer Maßzahl namens „Greenland Blocking Index“. Sie beschreibt den durchschnittlichen Luftdruck über Grönland. In den letzten 15 Jahren erreichte der Index so hohe Sommerwerte wie noch nie seit Beginn der Datenreihe im Jahr 1850. Ein hoher Luftdruck geht mit Wolkenarmut und entsprechend viel Sonnenschein einher.

Grönlands Eisschwund verursacht ein Viertel des Meeresspiegelanstiegs

Was den Luftdruck über Grönland im Sommer so stark ansteigen ließ, darüber diskutieren Forscher noch. Rechenmodelle liefern uneinheitliche Resultate. Es ist plausibel, dass natürliche Schwankungen ebenso beigetragen haben wie die globale Erwärmung. Mehrere Mechanismen kommen in Frage: Die atmosphärische Zirkulation über Grönland wird durch die Wassertemperatur in verschiedenen Regionen beeinflusst. Eine Wirkung ist für den Nordatlantik und die Tropen nachgewiesen, aber der Rückgang des Meereises im Arktischen Ozean könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Das Team um Hofer hat in der Studie auch erläutert, welche Aspekte von Rechenmodellen verbessert werden müssen, um die Eisschmelze in Grönland genauer prognostizieren zu können: Das sind neben der Wiedergabe der atmosphärischen Zirkulation im Sommer vor allem die Wolken. Daran, dass Prognosen der grönländischen Eisschmelze von erheblicher Bedeutung sind, dürfte kein Zweifel bestehen. Eine Studie hat gezeigt, dass der Eisschwund von Grönland im Jahr 2014 mehr als ein Viertel des Meeresspiegelanstiegs ausmachte.

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