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Demenz: Länger fit im Kopf

Wer geistig rege ist, zögert die Demenz hinaus. Allerdings verläuft das Leiden später schneller.

Wer im Alter geistig rege ist, bleibt auch länger im Kopf fit. Das belegt eine amerikanische Langzeitstudie. Allerdings kann es sein, dass der geistige Verfall, Demenz, in höherem Lebensalter dann rascher vonstatten geht. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Nutzen durch das Aufschieben der ersten Zeichen geistigen Abbaus später mit einem schnelleren Fortschreiten der Demenz erkauft wird“, sagt der Studienleiter Robert Wilson vom Rush University Medical Center in Chicago.

Vielleicht liege das daran, dass mental stimulierende Aktivitäten wie Lesen, Fernsehen, Kreuzworträtsellösen oder Museumsbesuche die Fähigkeit des Gehirns verbessere, schon vorhandene Schäden auszugleichen. Wenn dann eine Demenz festgestellt werde, seien die Gehirnveränderungen bereits weiter fortgeschritten. Geistige Aktivitäten kaschieren sie also zumindest für gewisse Zeit.

An der zwölfjährigen Studie, die online im Fachblatt „Neurology“ veröffentlicht wurde, nahmen mehr als 1150 Personen teil. Sie waren 65 oder älter. Zu Beginn waren alle Teilnehmer frei von Demenz, am Ende waren noch rund 600 mental fit, bei etwa 400 zeigten sich erste Abbauerscheinungen, klassifiziert als „leichte kognitive Störung“, und 150 hatten eine Alzheimer-Demenz.

Je nach geistiger Regsamkeit bekamen die Versuchspersonen bis zu fünf Punkte auf einer Skala. Je geistig aktiver die Teilnehmer waren, umso mehr wurde der intellektuelle Verfall gebremst. In den ersten sechs Jahren pro Punkt um 52 Prozent. War bereits eine leichte kognitive Störung festzustellen, dann hatte die mentale Aktivität keinen Einfluss mehr. Und bei den Alzheimer-Patienten beschleunigte sich das Leiden um 42 Prozent pro Punkt – natürlich bezogen auf die intellektuelle Beweglichkeit vor dem Ausbruch der Krankheit.

Allerdings gibt es ein grundsätzliches Problem mit solchen Studien, nach Art des Henne-Ei-Dilemmas: Bleiben Menschen intellektuell auf der Höhe, weil sie sich entsprechend betätigen – oder sind sie geistig rege, weil ihr Verstand noch gut funktioniert? Natürlich besteht zwischen beidem eine Verbindung, aber es ist unklar, was Ursache und Folge ist.

Angesichts der steigenden Lebenserwartung wird mit immer mehr Fällen von Demenz gerechnet. Bislang sind die Erfolge der Vorbeugung jedoch bescheiden, wie eine unabhängige Expertengruppe im Auftrag der US-Regierung im April feststellte. Die Wissenschaftler bewerteten die Studien, die sich mit der Demenz-Vorbeugung etwa durch geistige Stimulation, Bewegung und Ernährung befassten. Ihr Urteil fiel überwiegend negativ aus. Das Gremium kam zu dem Schluss, dass es gegenwärtig keinen Beweis oder auch nur bescheidene wissenschaftliche Hinweise dafür gibt, dass Nahrungsergänzungsmittel, Arzneimittel, Diät, Sport oder soziales Engagement tatsächlich das Alzheimer-Risiko verringern. Es gebe bislang allenfalls schwache Indizien.

Zudem seien chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus (Zucker) und Depression sowie Risikofaktoren wie Rauchen sowohl mit Alzheimer als auch mit leichter kognitiver Beeinträchtigung vergesellschaftet. Damit ist aber nicht gesagt, dass sie die Ursache geistigen Abbaus seien. Noch immer mangelt es an guten Langzeitstudien, stellten die Gutachter fest. Auch die neue Untersuchung verschafft leider nicht letzte Klarheit.

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