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Schavan will sich bis zum Urteil der Düsseldorfer Promotionskommission nicht zu den Plagiatsvorwürfen äußern.

© Steffi Loos/dapd

Neuer Plagiatsvorwurf: Schavan soll einen eigenen Text verwertet haben

Der Gründer von "VroniPlag", Martin Heidingsfelder, wirft der Bundesforschungsministerin "Eigenplagiate" in großem Umfang vor. Wissenschaftler sehen darin keinen groben Verstoß.

Annette Schavan soll an noch mehr Stellen in ihrer Dissertation inkorrekt gearbeitet haben, als bislang behauptet wurde. Martin Heidingsfelder, Gründer der Plagiatsplattform „VroniPlag“, erhebt in der „Augsburger Allgemeinen“ neue Vorwürfe gegen die Bundesbildungsministerin. Auf 55 Seiten ihrer Dissertation „Person und Gewissen“ von 1980 seien „Eigenplagiate“ zu finden, erklärt Heidingsfelder. Er wirft Schavan vor, Textteile aus einem ebenfalls 1980 publizierten Aufsatz verwendet zu haben, ohne dies kenntlich zu machen. Die genaue zeitliche Abfolge der beiden Publikationen ist jedoch unklar. Experten für wissenschaftliches Fehlverhalten sehen in der Verwendung eigener Texte keinen gravierenden Verstoß.

Schavan will sich erst zu den Vorwürfen äußern, wenn die Universität Düsseldorf die Prüfung der Dissertation abgeschlossen hat: „In dem Moment, wo eine Fakultät Vorwürfe bewertet, reden nicht mehr andere“, sagte Schavan am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Anfang Mai hatte ein anonymer Plagiatsjäger Vorwürfe auf der Internetseite „Schavanplag.wordpress.com“ veröffentlicht. Er behauptet, Zitierweisen auf 65 Seiten der Dissertation seien nicht korrekt, darunter seien 16 Seiten mit „eindeutigen Plagiaten“. Wann die Kommission der Universität zu einem Ergebnis kommt, ist „völlig offen“, erklärte ein Sprecher am Mittwoch.

„Auf über 33 Prozent der Seiten finden sich Plagiate bei Frau Schavan“, erklärte jetzt Heidingsfelder. Schavan müsse zurücktreten: „Wer nicht weiß, wie man richtig zitiert, kann nicht Bundesforschungsministerin und Professorin sein.“ Schavan ist Honorarprofessorin an der FU Berlin. Heidingsfelder untersucht ihre Dissertation gemeinsam mit anderen auf der Seite „SchavanPlag Wiki“. Mit den Aktiven von „Vroniplag“ hat er sich überworfen.

Schavan habe gegen die damals in Düsseldorf gültige Promotionsordnung verstoßen, schreibt Heidingsfelder. Promovenden mussten danach versichern, „dass die vorgelegte wissenschaftliche Abhandlung weder ganz noch zum Teil veröffentlicht worden ist“. Der beanstandete Aufsatz erschien in dem von Schavan mitherausgegebenen Sammelband „Person und Verantwortung“ (Patmos Verlag, 1980). Allerdings ist unklar, wann Schavan die im Dezember 1980 publizierte Dissertation eingereicht hat und in welchem Monat der Sammelband erschienen ist. Doch wegen des üblichen Vorlaufs der Publikation wurde die Dissertation vermutlich vor Veröffentlichung des Sammelbandes eingereicht. Denkbar ist also eine parallele Publikation beider Werke, so dass es nicht möglich war, in der Dissertation auf den Sammelband oder in dem Sammelband auf die Dissertation zu verweisen.

Experten für wissenschaftliches Fehlverhalten schätzen ein Eigenplagiat als minderschwer ein. In einer Dissertation Ergebnisse aus vorhergehenden Arbeiten zu verwenden, sei nicht unüblich, sagt Elmar Kulke, Vorsitzender der Kommission zur Überprüfung wissenschaftlichen Fehlverhaltens an der Humboldt-Uni. Dies müsse man aber dokumentieren. „Ein Eigenplagiat stellt eine Unkorrektheit dar, führt aber nicht zum Titelentzug.“

Heidingsfelder hat eine 32-seitige Untersuchung zu Schavans angeblichem Eigenplagiat ins Netz gestellt. Eine Gegenüberstellung von Passagen aus der Dissertation und aus dem Aufsatz „Die Sensibilisierung des Gewissens und Herausforderung erzieherischen Handelns“ zeigt vor allem im Schlussteil der Dissertation über weite Strecken wortgleiche Absätze.

Heidingsfelder hat seine Plattform überdies mit der Seite „kreuzritterplagdoku.wordpress.com“ verlinkt. Dort kritisiert ein weiterer Plagiatsjäger Schavans Arbeitsstil in der Dissertation mittels einer Synopse, in der er ihren Umgang mit Texten des Soziologen Niklas Luhmann dokumentiert. Die Beispiele aus den Seiten 62 bis 70 ihrer Dissertation sollen den „prinzipiellen Modus der Einverleibung wissenschaftlicher Texte“ durch Schavan belegen. Denn zwar kennzeichnet die Doktorandin die Passagen, in denen sie sich mit Luhmann befasst, durchgängig mit Hinweisen auf ihn. Allerdings versuche sie immer wieder den Eindruck zu erwecken, sie habe einen größeren Anteil ihres Texts eigenständig formuliert, als es tatsächlich der Fall sei. Häufig rekurriere Schavan bis hin zu wörtlicher Übernahme auf das Original, so dass eigentlich Anführungszeichen nötig gewesen wären.

Die Plagiatsplattform „Vroniplag“ hatte Schavans Dissertation zwar im Visier, ihre Mitglieder waren aber nach einer Abstimmung mit knapper Mehrheit zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen „Grenzfall“ handle. Die Kritik an der Dissertation wurde darum nicht veröffentlicht, wie die Berliner Professorin Debora Weber-Wulff erklärte, die selbst bei „Vroniplag“ mitarbeitet.

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