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Im Schatten. Auch in Technikfächern wird abgeschrieben, bei Programmcodes von Informatikern etwa.

© dapd

Plagiatssoftware: Die Tricks der Täuscher erkennen

Auch Plagiatssoftware kann überlistet werden. Nicht jedes Suchprogramm taugt etwas. Die Berliner Medieninformatikerin Debora Weber-Wulff - "WiseWoman" bei Vroniplag - hat jetzt die gängigen Programme untersucht.

Die beste Methode, einen wissenschaftlichen Täuscher zu überführen, ist, ihn seine Ergebnisse noch einmal mit eigenen Worten erklären zu lassen. In einer mündlichen Prüfung zum Beispiel oder während einer „Korrektur in Anwesenheit“: Mathestudierende müssen dabei ihre Rechenwege erläutern.

Für alle anderen – vor allem die schriftlichen – Fälle gibt es Debora Weber-Wulff. Die Medieninformatikerin forscht seit rund zehn Jahren an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) zum Thema Plagiate. Sie arbeitet bei „Vroniplag“ mit, dem Internetforum, das Dissertationen untersucht, bei denen ein Verdacht besteht, dass Übernahmen von fremden Gedanken nicht ausreichend gekennzeichnet sind. In der Szene ist Weber-Wulff als „WiseWoman“ bekannt, doch als eine der wenigen Plagiatsjäger arbeitet sie nicht anonym.

Außerdem prüft sie, was Plagiatssoftware in der Praxis taugt. Gerade hat sie ihre neuesten Ergebnisse vorgestellt und bescheinigt den Systemen sehr unterschiedlichen Erfolg. Ein Jahr lang testete sie 16 von 33 verfügbaren Plagiatssuchprogrammen darauf, wie gut sie Texte miteinander vergleichen können. Speziell ging es um das Erkennen sogenannter Zitierkartelle. Für Weber-Wulff kommt es zu solchen Kartellbildungen, wenn sich Studierende beispielsweise im Rahmen überfüllter Seminare zusammentun. Anstatt individuelle Arbeiten abzugeben, sprechen sich die Studierenden untereinander ab und reichen nur eine einzige Arbeit ein – in jeweils leicht abgewandelter Fassung. Die Plagiatssoftware muss in diesem Fall die eingereichten Arbeiten auf Gemeinsamkeiten überprüfen.

Wie Texte dabei variiert werden können, ist hinreichend besprochen worden. Da werden erste Absätze neu getippt, in der Erwartung, dass ein Dozent ohnehin nur flüchtig über die Arbeit schaut. Da werden „Homoglyphe“ eingesetzt. Das sind Buchstaben, die sich auf dem Bildschirm zum Verwechseln ähneln, wie das russische und das lateinische „S“. Weil die Buchstaben aber unterschiedlich programmiert sind, ist der Text nicht mehr als Plagiat zu erkennen. Dazu kommen „Synonymizer“, kostenlose Programme, die einige Begriffe automatisch durch andere mit ähnlicher Bedeutung ersetzen. Aus „plagiieren“ wird „schummeln“, und schon fällt es der Software schwer, die Ähnlichkeit der Texte festzustellen.

Auch Natur- und Technikwissenschaftler schreiben voneinander ab. Weber-Wulff hat Software untersucht, die die Sprache der Informatiker auf Verschleierungstaktiken überprüft. In ihren Programmcodes ersetzen Informatikstudierende am liebsten die Variablen. Wo vorher ein „x“ stand, platzieren sie ein „i“. Das ändert nichts am Befehl, einen Dozenten können sie jedoch irritieren. Studierende fügen auch gern Kommentare hinzu, die für das Ergebnis auf dem Bildschirm irrelevant sind, aber den Programmiercode nach Eigenschöpfung aussehen lassen.

Am besten abgeschnitten – zumindest bei den Textplagiaten – hat in Weber-Wulffs Versuchen die Firma „Turnitin“, die 1996 an der Uni Berkeley gegründet wurde und im asiatischen und angelsächsischen Raum an 80 Prozent der Unis eingesetzt wird. Auch die Freie Universität, die Humboldt-Universität und die HTW setzen Turnitin ein, dazu weitere 80 deutsche Unis und Forschungseinrichtungen. Andere Hochschulen nutzen kostenlose Angebote wie „Jplag“. Wieder andere begnügen sich mit einfacher Googlesuche, sagt Weber-Wulff.

Mit einem Großteil der Plagiatssuchprogramme ist Weber-Wulff durchaus zufrieden, obwohl keines sowohl Programmcodes als auch Texte prüfen kann. Kritisch sieht sie den Umgang der Softwarefirmen mit dem Urheberrecht. Die Systeme basieren auf riesigen Datenbanken, die auch unveröffentlichte Arbeiten von Studierenden speichern. Die Autoren müssen der Speicherung zwar zustimmen, und ihre Arbeiten werden verschlüsselt. Doch Weber-Wulff beharrt darauf, dass selbst Texte, die nur für Vergleichszwecke gespeichert werden, nicht ausreichend urheberrechtlich geschützt sind.

Weber-Wulff warnt, sich bei der Suche nur auf die Technik zu verlassen. Was die Maschine als Plagiat anzeige, müsse man ohnehin nachprüfen. Ohne Aufklärung werde sich das Problem kaum ändern. Sie verrät einen einfachen Trick: Kurse verkleinern. „Wenn Studierende wissen, dass jemand ihre Arbeit liest, geben sie sich mehr Mühe.“ Sarah Schaschek

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