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Spuren von Leben? Der "Trace Gas Orbiter" der Mission Exomars soll Spurengase in der Marsatmosphäre analysieren, vor allem Methan. Dieses Gas ist in kleinsten Mengen in der Atmosphäre vorhanden und könnte biologischen Ursprungs sein.

© Abb.: dpa/Esa

Raumfahrtmanagerin und Astrobiologin Pascale Ehrenfreund: "Exomars kann Spuren von Leben finden"

Pascale Ehrenfreund, Chefin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, über die bevorstehende Marsmission und die Konkurrenz zwischen bemannter und robotischer Raumfahrt. Ein Interview.

Frau Ehrenfreund, am 14. März soll die europäisch-russische Mission „Exomars“ starten. Was erhoffen Sie sich davon, was man nicht schon durch andere Missionen weiß? 

Die Mission hat zwei Teile. Jetzt startet der „Trace Gas Orbiter“, der den Mars umkreisen und die Gase in der Atmosphäre analysieren wird. Zudem gibt es noch den Lander „Schiaparelli“, der Technologien für den Wiedereintritt in die Marsatmosphäre testen soll und noch einige kleinere Messungen machen wird. Höhepunkt ist aber der zweite Teil der Mission im Jahr 2018, wenn wir einen Rover zum Roten Planeten bringen, der nach Hinweisen auf Leben suchen wird.

Die Nasa hat bereits 2012 den Rover „Curiosity“ dort abgesetzt. Europa kommt reichlich spät. 

Im Gegensatz zu Curiosity,  der nur ein paar Zentimeter tief in Fels bohren kann, soll der Exomars-Rover bis zu zwei Meter in den Boden vordringen. Das ist wichtig: Aufgrund der harten Strahlung aus dem Weltraum und der starken Oxidation erwarten wir, an der Oberfläche kein Leben zu finden. Falls es noch welches gibt, dann etwas tiefer, in geschützten Bereichen; oder vielleicht Spuren von früherem Leben. Und ja, es gab immer wieder Verzögerungen bei Exomars. Ursprünglich wollten wir mit der Nasa kooperieren, doch die ist 2011 aus dieser Mission ausgestiegen. Nun arbeiten wir mit Russland zusammen, was leider zu Verzögerungen und Mehrkosten geführt hat, weil einiges umgeplant werden musste. Wir hoffen, dass beide Teile der Mission erfolgreich sind.

Der Flug des Rovers ist unsicher, weil die Finanzierung noch offen ist. Bei der Esa wird schon über eine Verschiebung von 2018 auf 2020 nachgedacht. 

Darüber möchte ich im Moment nicht spekulieren. Aber wenn man abhängig ist von einem Partner, muss man immer zusehen und schauen, dass alles gut geht. Wir sollten in Europa überlegen, ob wir in Zukunft Technologien selbst entwickeln, damit wir nicht so abhängig sind von anderen. Ich denke etwa an die Fähigkeit, mit einem Rover auf einem anderen Himmelskörper zu landen und einen Rücktransport von Proben zur Erde. Japan oder die USA tun das bereits und holen Material von Asteroiden auf die Erde. Wir haben die Technologie noch nicht entwickelt, aber wir haben alle Voraussetzungen dafür.

Ehrenfreund
Pascale Ehrenfreund, Jahrgang 1960, studierte in Wien Astronomie und Biologie. Sie forschte als Astrobiologin in Österreich, Niederlande und den USA und ist bis heute an verschiedenen Experimenten beteiligt, auch am geplanten Rover der Exomars-Mission 2018. Seit Sommer 2015 ist sie Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

© FWF/Hans Schubert

Reicht das Material der Amerikaner und Japaner nicht aus, warum müssen wir Europäer das gleiche noch einmal tun? 

Solche Technologieentwicklungen sind auch wichtig für die Zukunft. Die Japaner konnten sehr wenig Material zurück bringen und es gibt sehr viele Asteroiden, die alle ein Potenzial an wissenschaftlichen Erkenntnissen haben. Unser Wissen vermehren wir mit jeder Mission. Es wäre auch interessant, wenn sich Europa bei einer Mission zum Probenrücktransport vom Mond beteiligen würden, wie sie etwa Russland plant. Gerade in der Robotik sind wir in Europa auf höchstem Niveau.

Und die Roboter werden immer besser. Es mehren sich Stimmen, die fragen, wozu wir die teure bemannte Raumfahrt überhaupt noch brauchen. Sehen Sie das genauso? 

Ich würde die beiden Formen der Raumfahrt nicht gegeneinander stellen wollen, sondern eher schauen, wo sie sich ergänzen. Roboter können viel, aber es hat auch Vorteile, wenn man Menschen beispielsweise auf den Mond schickt. Die bringen gleich eine große Infrastruktur wie Bohrer und Labormodule mit, mit der ein Himmelskörper ganz anders erforscht werden kann als wir es robotisch tun. Der Mensch ist auch im Vorteil, wenn es darum geht, eine geologische Formation zu erkunden und dort die wissenschaftlich interessanten Proben auszuwählen. Bemannte Missionen erlauben es zudem, viel mehr Probenmaterial zurück zur Erde zu bringen als ein paar Gramm, die bisherige Robotermissionen mitgebracht haben. Die Nasa plant in Zukunft „gemischte“ Missionen, wo teilweise robotisch gearbeitet wird, aber auch Menschen aktiv sind.

Soweit ist es beim Mars aber noch nicht, es wird wohl mindestens zwei Jahrzehnte dauern, bis dort ein Mensch landet. Damit bleibt die Frage nach Leben an den Robotern hängen. Kann Exomars welches finden, wenn es vorhanden ist?  

Die Mission kann Spuren von Leben, also organische Stoffe nachweisen. Wenn wir diese untersuchen, können wir ableiten, wie diese entstanden sind. Auf Exomars 2018 fliegt ein Instrument mit, das Fragmente größerer Moleküle analysiert. Wir versuchen, ihre Struktur wieder zusammenzusetzen.

Sie sind sich sicher, dass es Leben auf dem Mars gibt oder zumindest gab?  

Das ist schwer zu beantworten. In einer sehr frühen Phase herrschten auf dem Mars sehr ähnliche Bedingungen wie auf der jungen Erde, es gab dort wahrscheinlich eine Atmosphäre und flüssiges Wasser auf der Oberfläche. Das würde bedeuten, dass sich unter ähnlichen Bedingungen wie auf der Früherde organische Moleküle gebildet haben könnten. Allerdings haben diese Bedingungen vielleicht nur kurze Zeit angehalten. Deswegen wissen wir nicht, ob diese Entwicklung wirklich stattgefunden hat und ob das Leben erhalten geblieben ist. Aber es gibt eine Chance. Ich bin mir sicher, dass wir größere organische Moleküle finden, aber ob wir auch Mikroorganismen finden, das kann ich nur hoffen.

Die großen organischen Moleküle könnten aber auch ohne Zutun der Biologie entstanden sein.

Ja, sie könnten auch von Meteoriten kommen.

Was brauchen Sie, um stichhaltig nachzuweisen, dass es Leben auf dem Mars gab oder vielleicht sogar bis heute gibt?

Wir benötigen verschiedene Messungen von verschiedenen Instrumenten. Man versucht nicht nur, die organischen Moleküle zu identifizieren, sondern auch herauszufinden, unter welchen Bedingungen sie gebildet wurden, zum Beispiel, indem man die Minerale in der Umgebung untersucht. Mit solchen Messungen versucht man sich zu vergewissern, dass die untersuchte Region bewohnbar ist. So kann man herausfinden, ob eine bestimmte Kohlenstoffverbindung einen biologischen Ursprung hat oder nicht. Wir würden natürlich gern Hightech-Instrumente vor Ort haben, wie einen „Life Marker Chip“, um Bestandteile der Zellen oder Zellen selbst zu identifizieren. Die haben wir noch nicht, zumindest nicht auf dem Mars. Daher gibt es die langjährigen Pläne in der Raumfahrt, Proben vom Mars zurück zu bringen, um sie mit hochempfindlichen Instrumenten hier auf der Erde zu untersuchen.

Wann könnte es soweit sein, dass Astrobiologen sagen: Wir haben den Beweis? 

Exomars kann dazu beitragen, aber es wird Leben nicht in dem Sinne identifizieren. Wenn wir einen Probenrücktransport planen, wird es 10 bis 15 Jahre dauern, bis wir überhaupt das Geld dafür aufbringen. Wenn auf dem Mars einst Leben entstanden ist, ist die Konzentration von biologischem Material sehr gering und wahrscheinlich unter der Oberfläche. Um das einmal zu finden, brauchen wir viele Beobachtungen mit Orbitern, um bewohnbare Regionen zu identifizieren, in denen die Suche lohnt.

Was würde ein solcher Fund für unser Selbstverständnis als Menschen bedeuten, dass nicht nur die Erde Leben birgt? 

Das wird ein einschneidendes Ereignis sein und ich glaube, es wird eine Zeitlang dauern, bis die Leute das verdaut haben. Wenn wir wirklich begriffen haben, dass auf unserem Nachbarplaneten unter ähnlichen Bedingungen ebenfalls Leben entstanden ist, dann müssen wir überlegen, wie groß die Chance ist, dass in anderen Planetensystemen so etwas geschehen ist: sehr groß, allein aufgrund der schieren Menge extrasolarer Planeten. Auf dem einen oder anderen wird es schon geklappt haben, denke ich. Wenn wir auf der Erde schauen – ein anderes Beispiel haben wir noch nicht -, dann sehen wir, wie stark Evolution sein kann. Sogar in Tanks für radioaktive Abfälle leben Bakterien, an heißen Quellen auf dem Meeresboden oder in der Antarktis, selbst in der Hochatmosphäre. Das ist ein Imperativ des Lebens. Warum sollte das auf anderen geeigneten Planeten anders sein?

Zur Person: Pascale Ehrenfreund, Jahrgang 1960, studierte in Wien Astronomie und Biologie. Sie forschte als Astrobiologin in Österreich, Niederlande und den USA und ist bis heute an verschiedenen Experimenten beteiligt, auch am geplanten Rover der Exomars-Mission 2018. Seit Sommer 2015 ist sie Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

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