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Transparenz unerwünscht: Der Flughafen-Untersuchungsausschuss hat seine Arbeit aufgenommen.

© dpa

BER-Aufklärung: Die Demokratie ist der Bauherr

Der Flughafen-Untersuchungsausschuss hat seine Arbeit aufgenommen, doch den Aufklärern sind Fesseln angelegt. Der Aufklärungswillen ist wohl begrenzt. Dabei ist der Untersuchungsausschuss die letzte Gelegenheit, die Missachtung der Öffentlichkeit wieder zu heilen.

Klaus Wowereit muss erleichtert sein, dass es endlich losgeht. Schließlich hat der Regierende Bürgermeister immer beteuert, dass er als Aufsichtsratchef der Flughafengesellschaft seinen Kontrollpflichten umfassend nachgekommen ist und der dramatische Zeitverzug des Bauvorhabens aus den vorgelegten Berichten nicht erkennbar war. Der Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender des Medienboard Berlin-Brandenburg, scheint sich nicht so sicher zu sein wie Wowereit. Erst kürzlich plädierte er für die konsequente Offenlegung von Daten, um die Bevölkerung an Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen – beim gestern gestarteten Untersuchungsausschuss zum BER-Debakel ist er zurückhaltender. Der größte Teil der Akten könnte Verschlusssache bleiben. Selbst den Berliner Abgeordneten sind Fesseln angelegt. Nur Mitglieder des Ausschusses dürfen im Datenschutzraum Einsicht nehmen – ohne dass die Akten in öffentlicher Sitzung behandelt werden dürfen.

Man kann dies so deuten, dass der Aufklärungswillen begrenzt ist. Wenn der Ausschuss verloren gegangenes Vertrauen in die Politik und das Flughafenprojekt wiederherstellen soll, müssen alle Akten auf den Tisch. Fehlende Transparenz und Geheimniskrämerei haben den Bau des Flughafens begleitet. Mehr Öffentlichkeit, etwa nach der ersten Verschiebung der für Herbst 2011 geplanten Eröffnung hätte vielleicht dazu führen können, rechtzeitig auf die offenbaren Risiken und Bauverzögerungen zu reagieren. Stattdessen wurde das wichtige Infrastrukturprojekt der Region wie ein Privatprojekt betrieben. Hier aber ist die Demokratie der Bauherr. Die Steuerzahler müssen jene 4,4 Milliarden Euro zahlen, die der Flughafen statt der ursprünglichen 2,8 Milliarden mindestens kosten wird. Und es sind Berliner und Brandenburger, denen die Flughafengesellschaft jahrelang verschwieg, auf welchen Routen die Flugzeuge künftig starten und landen werden und damit Zehntausende zu nichts ahnenden Lärmgeiseln machte.

Wo es Geschäftsgeheimnisse von Privatfirmen zu schützen gilt, gibt es probate Mittel – bis hin zu geschwärzten Passagen. Sonst bleibt das ein Scheinargument. Berlin hat bei den umstrittenen Wasserverträgen erlebt, dass der Senat erst nach jahrelangem Druck und einem Volksbegehren die geheim eingestuften Unterlagen veröffentlichte – was keine Geheimnisse enthüllte, aber den Anstoß für einen Rückkauf der Anteile gab.

Der Untersuchungsausschuss ist die letzte Gelegenheit, die Missachtung der Öffentlichkeit wieder zu heilen. Frühere Ausschüsse, zu den Bauskandalen um Tempodrom oder Spreedreieck, haben gezeigt, wie schwer es ist, Licht ins Dunkel zu bringen, wenn nur die Opposition daran Interesse hat – und jetzt noch nicht mal die Linkspartei, weil sie selbst im Aufsichtsrat saß. Doch auch der Wunsch der Grünen, frühere Regierende wie Eberhard Diepgen oder Manfred Stolpe zur Standortentscheidung von 1996 zu befragen, führt in die falsche Richtung. Das ist Schnee von gestern und vergrößert die Gefahr, sich zu verzetteln. Der Blick muss nach vorn gerichtet sein, damit der Flughafen wenigstens im vierten Anlauf eröffnet wird. Bis Ende 2013 soll feststehen, wie es zu den Planungsfehlern und geschönten Controllingberichten gekommen ist, wer die Verantwortung für die Kostenexplosion trägt und ob der Aufsichtsrat seinen Pflichten nachgekommen ist – um rechtzeitig Konsequenzen zu ziehen. Der neue Airport ist dann hoffentlich schon drei Monate in Betrieb.

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