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Kundus-Affäre: Der Fall nach dem Fall

Die Kundus-Affäre ist vorbei. Die Ermittlungen gegen Oberst Georg Klein wurden eingestellt. Nun herrscht Klarheit. Also nichts da mit dem von übereifrigen Oppositionspolitikern herausposaunten und stets aufs Neue skandalisierten "Tag der Schande". Auch ist das gezielte Töten von Taliban in diesem Krieg weder "vollkommen indiskutabel" noch eine "Todesstrafe ohne Gerichtsverfahren".

Die Kundus-Affäre ist vorbei. Das, worum es bei ihr im Kern gegangen war, hat sich als substanzlos erwiesen. Der Affären-Kern lässt sich so beschreiben: Am 4. September 2009 hat Bundeswehroberst Georg Klein in Afghanistan, als er den Befehl zum Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklastwagen gab, ein „deutsches Verbrechen“ begangen, das anschließend von der Bundesregierung vertuscht wurde, um eine breite öffentliche Diskussion über zivile Opfer des unpopulären Einsatzes wegen der Bundestagswahl am 27. September 2009 zu unterdrücken. Diese Behauptung darf inzwischen als widerlegt gelten. Die Bundesanwälte in Karlsruhe, die den Fall so gründlich geprüft haben wie sonst kaum jemand, stellten am Montag ihre Ermittlungen ein.

Das war zwar zu erwarten, doch sensationell ist die Begründung. In einer Klarheit, die keine Zweifel mehr zulässt, attestierten die Anwälte den Soldaten, dass sie „nach gewissenhafter und immer wieder aktualisierter Prüfung aller ihnen zum Geschehensablauf bekannten Fakten und Umstände annehmen konnten, dass ausschließlich Aufständische vor Ort waren“. In einem „nichtinternationalen bewaffneten Konflikt“ wiederum dürfe der Gegner bekämpft werden – und zwar unabhängig davon, ob er gerade selbst angreift oder eine akute Gefahr von ihm ausgeht. Mit anderen Worten: Das Ziel des Angriffs war legitim, die Wahl der Mittel stand in einem vertretbaren Verhältnis zum erwartbaren Erfolg. Weder verstießen die Soldaten gegen die Vorschriften des Völkerstrafgesetzbuches noch gegen die des Strafgesetzbuchs.

Wer nun behauptet, damit sei lediglich die rechtliche Bewertung der Luftschläge abgeschlossen, macht es sich zu leicht. Zum ersten Mal überhaupt hatte sich die Bundesanwaltschaft mit einer militärischen Handlung solcher Dimension befasst. Ihre Ausführungen haben grundsätzlichen Charakter. Und sie widerlegen in ihrer Stringenz so manches abfällige Gerede über unsere Soldaten und den besagten 4. September. Nichts da mit dem von übereifrigen Oppositionspolitikern herausposaunten und stets aufs Neue skandalisierten „Tag der Schande“. Auch ist das gezielte Töten von Taliban in diesem Krieg weder „vollkommen indiskutabel“ noch eine „Todesstrafe ohne Gerichtsverfahren“. In Kundus sind zwei bekannte Talibanführer getötet worden, aber auch Zivilisten ums Leben gekommen. Deren Tod, der weder absehbar war noch beabsichtigt, ist zutiefst bedauerlich. Kein Soldat in einem Krieg kann garantieren, dass durch ihn niemals Unbeteiligte zu Schaden kommen.

Die Kundus-Affäre ist vorbei, es lebe die Kundus-Affäre! Nämlich die im weiteren, abgeleiteten Sinne. Wer wann was gewusst, verheimlicht, unterschlagen hat: Das wird uns intensiv ebenso weiter beschäftigen wie der blamable Zickzackkurs des Bundesministers der Verteidigung, Karl-Theodor zu Guttenberg (militärisch angemessen, militärisch nicht angemessen – und nun wieder zurück?). Auch Oberst Klein muss sich immer noch des Verdachts erwehren, Fehler gemacht zu haben. Nur fürs Prinzipielle taugt der Fall nicht mehr. Kundus markiert keine Wende in diesem Krieg, nach dem Motto: Wie aus Helfern Täter wurden.

Das deutsche Parlament hat die Bundeswehr nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in einen Krieg geschickt, in dem die Soldaten im Rahmen des Völkerrechts und des Isaf-Mandats der Vereinten Nationen kämpfen dürfen. So einfach ist die Sache und doch für so viele Menschen so schwer zu verstehen.

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