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Der 21-jährige Arid U. war vermutlich ein Einzeltäter.

© dpa

Terror in Deutschland: Der Anschlag von Frankfurt - eine Zäsur

Nach dem Anschlag am Frankfurter Flughafen sind Fragen zur Sicherheit zu beantworten. Es drängt sich ebenfalls die Frage nach dem gesellschaftlichen Klima auf, in dem sich ein Arid U. und andere Gotteskrieger in einen tödlichen Wahn hineinsteigern.

Von Frank Jansen

Schlimmer kann die Amtszeit eines Bundesinnenministers nicht beginnen – und die seines Vorgängers nicht enden. Nur Stunden vor der Übergabe des Postens von Thomas de Maizière an Hans-Peter Friedrich wurde die Bundesrepublik erstmals im Inland von einem islamistischen Anschlag getroffen. Der Angriff des aus dem Kosovo stammenden Arid U. markiert eine schreckliche historische Zäsur. Bisher haben die Sicherheitsbehörden fast jeden Anschlagsversuch der islamistischen Terrorszene stoppen können. Nur einmal, bei der Attacke der libanesischen Kofferbomber auf Züge in Nordrhein-Westfalen, kamen Polizei und Nachrichtendienste zu spät. Dass ein Inferno ausblieb, war einem technischen Fehler der Täter zu verdanken. Glück für die Bundesrepublik. Am Mittwoch war es auch damit vorbei. Zwei US-Soldaten sind tot, zwei weitere schwer verletzt. Der erste Arbeitstag des neuen Innenministers ist ein Tag der Trauer, gemeinsam mit den USA.

In seiner ersten Pressekonferenz sagte Friedrich, eine bundesweite Erhöhung der polizeilichen Präsenz sei nach der Tat von Frankfurt nicht notwendig. Damit lässt der Minister erkennen, dass er wie sein Vorgänger einen unaufgeregten Kurs bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors steuern will. Das ist zu begrüßen. Dennoch sind nach dem Anschlag Fragen zur Sicherheit auf dem Frankfurter Flughafen und auf anderen Airports zu beantworten. Warum konnte Arid U. den US-Soldaten so nahe kommen? Warum wurden die Amerikaner nicht von eigenen Militärpolizisten oder deutschen Beamten geschützt? Warum sollten die Soldaten in ihren Bus vor einer Abfertigungshalle steigen, die jedermann offen steht – eben auch einem bewaffneten Fanatiker?

Außerdem erschreckt, dass Arid U. offenbar zu der Spezies von Terroristen zählt, die sich blitzartig über Hetze im Internet radikalisieren und erst auffallen, wenn es zu spät ist. Da zwingt sich ebenfalls die Frage nach dem gesellschaftlichen Klima auf, in dem sich ein Arid U. und andere Gotteskrieger in einen tödlichen Wahn hineinsteigern. Obwohl die Mehrheitsgesellschaft von den Terrorfantasien der Dschihadisten weit entfernt ist, kann man nicht ausschließen, dass gängige antiamerikanische Ressentiments, oft verbunden mit der als „Antizionismus“ bemäntelten Abneigung gegen Juden und Israel, den Nährboden bereiten für den Hass von Extremisten – seien es Islamisten, Neonazis oder antiimperialistische Linke. Sie allesamt beschönigen das mörderische Treiben von Hamas und Hisbollah als angeblich legitimen Widerstand gegen Israel.

Zweifellos machen die Regierungen in Washington und Jerusalem schwere Fehler. Irakkrieg und Siedlungsbau sind zwei Stichworte. Doch es gibt keine Legitimation für pauschale Abneigung gegen „die Amerikaner“ und „die Israelis“, auch keine gegen US-Soldaten. Leider zieht sich dennoch durch die jüngere deutsche Geschichte eine Blutspur der Anschläge auf amerikanisches Militär. Einige Beispiele. 1972 starb in Frankfurt der Oberstleutnant Paul A. Bloomquist bei einem Bombenanschlag der Roten Armee Fraktion (RAF). 1982 wurden zwei Soldaten in Butzbach und Darmstadt verletzt, als sie in Sprengfallen von Neonazis gerieten. 1985 ermordeten RAF-Terroristen in Wiesbaden den jungen Soldaten Edward Pimental, um an seinen Truppenausweis heranzukommen. Jetzt ist es ein Islamist aus dem Kosovo, der in Frankfurt zwei amerikanische Soldaten erschossen hat. Dass so etwas in Deutschland passiert, ist Grund für Trauer – und Scham.

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