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Eis in der Eisdiele "Kleine Eiszeit" in der Stargarder Straße.

© Doris Spiekermann-Klaas

Eisdielentest: Gib’ mir die Kugel

Eisdielen gibt es in Berlin fast so viele wie Apotheken. Bei den meisten isst man enttäuscht. Hier verraten unsere Redakteure, wo sie angstfrei mit Besuch aus Italien hingehen würden. Und was ist Ihr eisiger Geheimtipp für Berlin? Schreiben Sie uns, wo es das beste Eis in der Hauptstadt gibt.

VANILLE & MARILLE

Berlins neue junge Eismacher haben ihr Handwerk im Restaurant gelernt und nicht in der Eisdiele. Sie wollen keine aromatisierten Füllmassen, sondern puren Geschmack, und sie hassen Langeweile. „Vanille & Marille“, ein winziger Laden an der Ecke Mehringdamm/Hagelberger Straße ist ein solcher Betrieb: Täglich etwa 20 Sorten, ständig variierend, manches nur für ein paar Wochen, manches ganzjährig. Und immer herausragend gut, oft mit einem Tick Salz, beispielsweise bei der sizilianischen Pistazie, die selbstverständlich ohne Farbe und Bittermandelfiesheit auskommt, bei „Caramel/Beurre salé“ oder bei der umwerfenden „Dörrmarille mit kandierten Pinienkernen und weißem Pfeffer“. Sie verarbeiten Madagaskar-Vanille und Montelimar-Nougat, Holunderblüten und vollreife indische Mango, und rühren, endlich einmal, konzentrierte Sorbets, himmlische Himbeere oder markerschütternd frische Limette. (Auch Leydenallee 92, Steglitz, Kugel 1 Euro) Bernd Matthies

EIS*BAR

Eigentlich sind auf der Kastanienallee im Prenzlauer Berg ja gerade wieder die 80er angesagt, aber für ein gutes Eis springen die Jungs und Mädchen, die modischen Mütter und Bionade-Biedermänner gerne noch weiter zurück, nämlich in die 50er Jahre. Die Eis*Bar, in der Kastanienallee 10 praktischerweise gleich links neben dem Biergarten Prater, ist ganz im Retro-Stil gehalten: Hinter der schmalen eisblauen Theke steht Verkäufer Florian, gekleidet mit weißem Hütchen und Kittel, der wunderlicherweise so weiß wie Jourghurteis bleibt – trotz eifrigen Einsatzes. Denn für die hausgemachten Sorten wie Butterkeks, Zimt Pflaume, Omas Apfel und Whiskey Cream wird hier gerne mit dem Kinderwagen und Fahrrad abgebremst. 18 Geschmacksrichtungen stehen aus dem insgesamt 60 Sorten umfassenden Sortiment wechselnd zur Auswahl. 80 Cent kostet eine Kugel to go, Espresso, Eiscafé und Milchshakes kann man sich auch mitnehmen. Richtige Sitzplätze gibt’s hier nicht, nur eine kleine Bank, die schnell überfüllt ist. Dazu spielt 50er Jahre-Musik. Wenn es draußen heiß ist, ist die Eis*Bar oft auch bis Mitternacht geöffnet – perfekt, um nach einem heißen Date wieder auf cooles Prenzlauer-Berg-Niveau zu kommen. Sonja Pohlmann

MONHEIM

Im Wienerschnitzel steckt Fleisch vom Kalb, das Schnitzel Wiener Art ist aus Schwein oder sonstwas. Im Fürst-Pückler-Eis steckt nur frische Sahne, mit Milch fabriziert ist es ein Eis Fürst-Pückler-Art. Sahne ist wichtig. Wegen ihres hohen Fettgehalts gefriert das Eis nicht pickelhart. Zudem sorgt sie beim Essen für den Schmelz im Gaumen. Im Gegensatz zum Parfait (auch: Halbgefrorenes) fehlt bei diesem Eis das Eigelb, und die Sahne wird nicht geschlagen. Bei Monheim (Blissestraße 12) schmeckt das Fürst-Pückler, wie es schmecken soll, cremig, erdbeerig, schokoladig, vanillig. Es schmeckt nach Kindheit (sagen die Älteren). Das Design: klassisch, drei Schichten. Rot, braun, weiß. Verkauft wird es als Block (1 Kilo für 7 Euro) oder als Schnitte (1,70 Euro). Logisch, es gibt hier auch normales Eis als Kugeln (80 Cent); meine Kollegin B. etwa ist verrückt nach Zitrone. Ich mag es, beim Fürst-Pückler die verschiedenen Konsistenzen zu spüren. Knallkalt bitzelt das Eis auf der Zunge, stärker angetaut tapeziert es den Mundraum wie eine belgische Trüffel. Norbert Thomma

EISCAFÉ FLORIDA

Vor der Kugel droht die Schlange. Ohne Anstehen nämlich geht es selten ab beim Eiscafé Florida. Man kann das auch als Indiz für Qualität sehen. 400 Tonnen Eis werden jährlich beim Klassiker in Spandau verarbeitet, da muss ja was dran sein. Und wenn die Schlange an heißen Tagen mal wieder stöhnt und langsam vorwärts ruckelt, dann wird die Vorfreude um so größer. Beim jährlichen Eisladen-Test der Kinder – Bewertungskriterien: Kugelgröße, Geschmack und Preis – landete Florida immer ganz vorne. Schwer, sich zu entscheiden zwischen Swiss Chocolate und old fashioned Caramel. Süße Qual – beim Warten ist genügend Zeit, immer wieder über andere Sorten nachzusinnen. Das sahnige Mokka ist der Favorit der älteren Tochter, die jüngere liebt Cassis und der Vater schwärmt für Cherry Chocolate Chip mit Vanille, Kirschstücken und Schokoladensplittern. Für Fußballfans gibt es SchokoCoco zur WM. 80 Cent für jede dicke Kugel sind eine Investition mit garantierter Wohlfühl-Dividende. Und weil der Ansturm sonst zu groß wäre, gibt es Florida in Spandau zweimal: direkt am U-Bahnhof Rathaus Spandau und im Stammhaus in der Klosterstraße 15. Gerd Nowakowski

ZANETTI

Eine Gourmet-Eisdiele im Hauptbahnhof ist ein ganz schöner Luxus, wenn man das triste Image bedenkt, unter dem Bahnhofsrestaurants lange zurecht ächzten. Eisessen ist eine zutiefst kindliche Erfahrung, der man bei Zanetti mit Sorten wie „Nutella“, „Raffaello“, „After Eight“, „Mango Lassi“ oder, sorry, sogar bläulichem „Bubble Gum“ nachgehen kann. Die Kugel kostet 1,20 Euro, die Sahne dazu nochmal 1 Euro. Da ich bei Kakaoprodukten gern zu Hochprozenigem greife, ist mein Favorit dunkle Schokolade, kombiniert mit fruchtig weißem Zitroneneis im goldbraunen Knusperhörnchen. Manchmal muss es freilich trotz der schrecklichen Schreibweise, mit der sie „Mon Chéri“ zu „Mon Chery“ abwandeln, eine Kugel Schokoladeneis mit vielen Stückchen bitterer Schokolade und klebrigen Kirschen drin sein. Weil man Eisessen wegen des kindlichen Anklangs eben auch nicht zu ernst nehmen darf. Elisabeth Binder

KLEINE EISZEIT

Schon der Name klingt an heißen Sommertagen wie eine Versprechung – die „Kleine Eiszeit“ in der Stargarder Straße 7. Eine geniale Lage. Wenn die Sonne überm Helmholtzkiez am höchsten steht, ist hier noch ein kleines Schattenreich, mit Blick auf die mächtige Gethsemane-Kirche. Mütter und Väter wissen es zu schätzen, wenn das Eis ihrer Kinder so lange in den Waffeln bleibt wie möglich (ja, Oskar, ich weiß, kein Becher, es muss eine Waffel sein, aus der das „Nille“-Eis heraus ganz langsam aufs Hemdchen schmilzt). Die Warteschlangen am Nachmittag gehören dazu, vor allem nach Kindergartenschluss. Leider auch der Mangel an Sitzplätzen. Die Verkäufer sind sehr freundlich, was im Prenzlauer Berg keine Selbstverständlichkeit ist. Das Eis ist selbst gemacht. Bei den Sorten gibt’s wenig Experimente. Es leben die Klassiker. Warum auch nicht? Oder hat jemand schon mal ein Kind „ich will Himbeereis-mit-Zitronensorbet“ rufen hören? Ein Geheimtipp für Erwachsene: Pfirsich und Joghurt! Markus Ehrenberg

EISCAFÉ SCHMIDT

Kauf dich glücklich, Café Nopolskaja: So heißen gute Eisdielen in Prenzlauer Berg. In Charlottenburg heißen sie Café Schmidt. Und seien wir ehrlich: Genauso sieht das Café Schmidt in der Knesebeckstraße 27 auch aus. Gütersloh, späte 80er Jahre. Aber das sollte Sie nicht schrecken. Denn dort gibt es das cremigste Kaffeeeis und fruchtigste Mangosorbet, das Sie sich vorstellen können. Wer’s gern exotischer mag, nimmt Schokoladensorbet oder Kirsche mit grünem Pfeffer. Wenn die Sonne scheint, kann man sich auch draußen auf dem Bürgersteig ans Tischchen setzen und dem Charlottenburger Bürgertum beim Vorüberziehen zugucken. Weil das Eis so gut ist, hat das Café neuerdings einen Ableger in Prenzlauer Berg, in der Hufelandstraße 14. Da gibt’s ein paar Sorten mehr (26 statt 18), dafür ist die Kugel auch zehn Cent teurer (1 Euro). Susanne Kippenberger

EISDIELE FALDON

Hermsdorf liegt nicht im Osten, sondern war bis zum Jahr 1990 Französischer Sektor. Aber Schlange stehen wie in die DDR muss man in der Heinsestraße bis heute vor zwei Geschäften, bei der Bäckerei Laufer – und bei der Eisdiele Faldon in der Heinsestraße 54. Sieben Tage in der Woche und bis in den späten Abend ist sie geöffnet. Man sitzt draußen auf dem Mäuerchen, denn ein richtiges Ladenlokal gibt es nicht, und schleckt verzückt die Kugel für 90 Cent. Die Klassiker Vanille und Schokolade sind die Renner wie Zimt, Maracuja oder die Novität rosa Pampelmuse. Gerd Appenzeller

DOLCE FREDDO

Die Kombination ist unschlagbar: Rechts „Dolce Freddo“, links „Dolce Pizza“. Beide liefern vom Besten ihres gastronomischen Genres und bilden eine Insel der Authentizität in der immer mehr zur Tourifalle verkommenden Maaßenstraße zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz. Nach der Pizza also das Eis, dessen Geschmack sich in seiner fruchtig-milchigen Herrlichkeit abhebt vom zuckrigen Einerlei sonstiger Eistheken der Stadt. Besonders zu empfehlen: die Joghurteisvarianten Kirsch, Waldfrucht, Orange usw. – fein säuerlich, leicht süßlich, überaus erfrischend. Selbst die übliche Berliner Rücksichtslosigkeitsklientel von Alleszuparker bis Zigarettenausdrücker kann das Vergnügen kaum schmälern. Die beiden Dolces begegnen dem mit einer verzweifelten Zettel- und Schilderwirtschaft. Kiezalltag, zum Lachen. Eine (großzügige) Kugel kostet einen Euro. Markus Hesselmann

UND SONST

- Eismanufaktur in der Auguststr. 63 (Mitte) und Simon-Dach-Straße 9 (Friedrichshain).

- Franken & Grunewald in der Gossowstraße 6, Ecke Motzstraße (Schöneberg) und Prenzlauer Allee 217.

- Roberta, Goltzstraße 14 (Schöneberg).

- Chocolat Eis & mehr, Kollwitzstraße 37 (Bio-Eis, auch vegan).

- Rosa Canina Bioeismanufaktur, Pasteurstraße 32 und Hufelandstraße 7 (Prenzlauer Berg)

Und wo essen Sie in Berlin am liebsten Ihr Eis? Wo schmeckt es am besten? Wo gibt es das Eis, was seinesgleichen sucht? Wo sitzt man besonders gemütlich? Schreiben Sie uns Ihre Tipps!

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