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Zu viele Zuschüsse? Kritik an S-Bahn und Senat

© dpa

Nach Veröffentlichung der Geheimverträge: Berlin zahlt zwei Milliarden zu viel an die S-Bahn

Bekommt die S-Bahn zu hohe Zuschüsse? Diesen Vorwurf erhebt der Interessenverband Mofair. Auch die EU-Kommission beschäftigt sich bereits mit den Geldern.

Die S-Bahn lebt sehr gut – auf Kosten der Länder Berlin und Brandenburg. Diesen Vorwurf erhebt der Interessenverband Mofair, der private Eisenbahnunternehmen vertritt. Nachdem die im Verkehrsvertrag vereinbarten Zahlungen vor kurzem veröffentlicht wurden, hat der Verband ausgerechnet, dass die Länder in den 15 Jahren, für die der Vertrag gilt, rund zwei Milliarden Euro zu viel an die S-Bahn zahlen. Insgesamt erhält die S-Bahn in diesem Zeitraum rund vier Milliarden Euro. Die Senatsverkehrsverwaltung wies die Vorwürfe zurück.

Fest steht: Für jeden absolvierten Zugkilometer erhält die S-Bahn einen Zuschuss von derzeit 9,23 Euro. Zu Vertragsbeginn 2003 waren es 8,07 Euro; bis zum Ablauf im Dezember 2017 soll der Betrag auf 9,94 Euro steigen – bei vereinbarten 28,97 Millionen Zugkilometern pro Jahr. Bei Strecken, die im Wettbewerb vergeben werden, sei der Zugkilometerpreis mittlerweile auf fünf Euro oder noch weniger gesunken, moniert Mofair-Sprecher Engelbert Recker. Somit zahlten Berlin und Brandenburg mindestens vier Euro pro Zugkilometer zu viel an die S-Bahn.

Aufs Jahr gerechnet seien dies etwa 130 Millionen Euro. Dass es bei den Zahlungen der Länder, die eigentlich den Betriebsverlust ausgleichen sollen, reichlich Luft für die S-Bahn gibt, zeigt sich auch daran, dass der Bahn-Konzern vor der Krise der S-Bahn intern für das Jahr 2010 mit einem Gewinn in Höhe von 125,1 Millionen Euro gerechnet hatte; also fast mit der Summe, die die Länder nach der Mofair-Rechnung zu viel zahlen.

Beim Abschluss des Vertrags 2004 habe es keine anderen Anbieter gegeben, erwidert Petra Rohland, die Sprecherin der Verkehrsverwaltung. Somit habe man sich auch nicht auf Wettbewerbspreise beziehen können. Zudem seien die Preise für das Befahren der Gleise in Berlin wesentlich höher als in einem Flächenland.

Allerdings beschäftigt sich auch bereits die EU-Kommission mit den Zuschüssen. Weil sie den Betrag für überhöht halten, hatten die Grünen schon 2009 eine Beihilfebeschwerde eingebracht. Zu hohe Zuschüsse wären als unerlaubte Subvention zu werten. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Das Geld, das die Länder überweisen, kommt aus der Kasse des Bundes. Seit der Bahnreform 1994 sollen die Länder damit den Nahverkehr auf der Schiene finanzieren. Die 130 Millionen Euro, die nach den Mofair-Berechnungen zu viel an die S-Bahn gezahlt werden, hätten für andere Projekte im Nahverkehr ausgegeben werden können, kritisiert Recker.

Die S-Bahn profitiert auch von einem weiteren Vertragspassus. Sie erhielt einen sogenannten Nettovertrag, bei dem sie feste Zuschüsse der Länder kassiert und die Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf behalten darf. Da die Fahrgastzahlen gestiegen sind, haben sich auch die Einnahmen erhöht. Ein Ausgleich für diesen Fall ist im Vertrag nicht vorgesehen.

Inzwischen zeichnet sich ab, dass die S-Bahn auch nach Auslaufen des Verkehrsvertrags im Dezember 2017 mit weiteren Zahlungen des Senats rechnen kann. Nach Tagesspiegel-Informationen hält man es in der Bahnindustrie für ausgeschlossen, bis zu diesem Termin fast 400 neue Fahrzeuge liefern zu können, die ein anderer Betreiber braucht, um wenigstens einen Teil des Betriebs von der S-Bahn übernehmen zu können. Das Land müsste dann bis zum Ausliefern der neuen Züge den Vertrag mit der S-Bahn verlängern.

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