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Der rechte Ungeist in den Köpfen verschwindet nicht mit einem Verbot der NPD.

© AFP

NPD vor dem Ende?: Der braune Ungeist in den Köpfen

Die Innenminister wollen einen neuen Anlauf zu einem NPD-Verbot. Um das Verfahren in Gang zu setzen, würde ein Beschluss des Bundesrats genügen. Nur eine Hoffnung würde sich mit dem Verbot dennoch nicht erfüllen.

Es ist genug geredet worden. Die Innenminister wollen einen neuen Anlauf zu einem NPD-Verbot. Ein Beschluss des Bundesrats würde genügen, das Verfahren in Gang zu setzen. Es ist der richtige Schritt, aus verschiedenen Gründen. Nur eine Hoffnung wird sich nicht erfüllen: dass mit einem Verbot der rechte Mob von der Straße, der braune Ungeist aus den Köpfen oder auch nur unser schlechtes Gewissen verschwindet, die entsetzliche Mordserie des sogenannten NSU zugelassen zu haben. Mit Rechtsextremen und unserem Versagen werden wir leben müssen. Mit einer Nazi-Partei nicht.

Einen Fehler hat die Politik vermieden: Sie hat nach Aufdeckung der NSU keinen Aufstand der Anständigen ausgerufen. Das Übermoralische, Lichterkettenhafte, das dem ersten Anlauf sein Gepräge gab, ist diesmal unterblieben. Es wurde gesammelt und recherchiert, gewogen und begründet. Zweifler dürfen Zweifler bleiben, ohne dass ein Konsens der Korrekten sie mundtot macht. Die Ministerpräsidenten wären naiv, sollten sie glauben, mit einem erneuten Verfahren schöbe sich eine Kulisse zusammen, vor der sie bei anstehenden Wahlkämpfen mit großer Pose glänzen könnten. Keiner wird seine Lektion vergessen haben. Die Regierungen gehen ein Risiko ein.

Scheitert das Verfahren wieder, wäre es eine Blamage. Nur fragt sich, für wen. Ein nüchterner Blick auf den bevorstehenden Prozess zeigt, dass es hier um mehr geht als Gut gegen Böse. Nein, es hat sich neben einer faschistoiden Splitterpartei ein mächtigerer Akteur zu verantworten, der Staat. Er steht in der Pflicht, seine Anklage gerichtsfest nachzuweisen. Damit würde auch ein Verfahren über die Arbeit des Verfassungsschutzes geführt, der sich trotz Schredderskandalen und horribler Ermittlungspannen als erstaunlich immun gegen Reformen erweist.

Hans-Peter Friedrich zögert, das wird bleiben. Beiseite stehen kann er nicht. In einem Verbotsverfahren ist Know-how der Exekutive gefragt, und der Innenminister wäre ohnehin der gesetzlich beauftragte Vollstrecker. Allemal lieber, einer hat Bedenken, als dass er sie wie weiland Otto Schily vom Tisch wischt und vor die Richter tritt, als sei er der Imperator und diese seien seine Kohorte.

Eine Mischung aus Demut und Sachlichkeit würde auch die Folgen im Fall der Niederlage begrenzen, soll heißen: wenn sich in einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren herausstellt, dass die NPD keine verbotswürdige Partei gemäß Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes ist. Das hieße, sie als Mitstreiter im politischen Wettbewerb akzeptieren zu müssen. Mehr aber nicht. Sie wäre eine skurrile Minipartei, über die kein Wort und schon gar keine Schlagzeile mehr zu verlieren wäre. Es kann nicht sein, dass demokratische Parteien sich vor einem solchen Ergebnis ängstigen.

Bis dahin gilt für die NPD keine Unschuldsvermutung. Wir kennen ihre Repräsentanten, ihre Sprüche, ihre Ideologie. Reicht das nicht, wird ein Antrag, so ist zu hoffen, vom umfänglichen Material der Geheimdienste gut unterfüttert. Beim vormaligen Anlauf wurden im politischen Furor die rechtlichen Hürden unterschätzt. Diesmal scheint es andersherum zu sein. Doch ein Verbot ist aussichtsreich, und selbst wenn es scheitert, gibt es nötige Klärungen. 2014, ein reelles Jahr für ein Urteil, wird die Nazi-Nachfolgepartei ein halbes Jahrhundert alt. 50 Jahre, in denen sie „politisch bekämpft“ werden sollte, wie es auch jetzt noch viele fordern. Ja, gut – aber vor allem wollen wir, dass es ein Ende hat.

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