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Alterscheck beim Alkoholkauf: Kontrolle kann nerven

Natürlich sollen Jugendliche keinen Alkohol kaufen dürfen. Aber auch mit 27 ist es manchmal gar nicht so einfach, an Wein zu kommen – jedenfalls wäre es für Carmen Schucker leichter, hätte sie einige Fältchen im Gesicht.

„Entschuldigen Sie, dürfte ich bitte ihren Ausweis sehen?“, fragt mich die Kassiererin fast etwas beschämt. Ich merke, die Frage ist ihr selbst eher unangenehm. Es ist Mittwochabend und ich wollte fürs Abendessen eine Flasche Weißwein kaufen. Schnell wühle ich in meinem Geldbeutel, in dem reges Chaos herrscht, den Rest des Einkaufs dabei irgendwie im Arm haltend (es wird jedes Mal mehr, als ich plane). „Führerschein ist auch in Ordnung“, wirft sie noch ein, dann finde ich endlich meinen Ausweis. „Ist OK, Dankeschön“, sagt sie und fast entschuldigend meint sie: „Man weiß ja nie, und die Strafen sind ja auch hoch.“

In Ordnung ist das allemal. Gegen Kontrollen in Supermärkten und Co. habe ich nichts – wenn sie denn helfen. Und Kontrollen gibt es viele, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich mit meinen 27 Jahren falle zum Beispiel ziemlich oft ins Raster der Kassen-Fahndung nach minderjährigen Alkoholkäufern. Mittlerweile weiß ich, dass ich mich wohl später darüber freuen werde, dass ich jünger aussehe als ich bin - bedeutend jünger. Oft ist es der Wein, der mir zum Verhängnis wird. Da man ihn schon mit 16 legal kaufen kann, schätzen mich die Kassiererinnen also offensichtlich auf 15 Jahre - 12 Jahre jünger, als ich tatsächlich bin. Damit werde ich erneut in die Pubertät katapultiert – wer wäre das schon gerne?

Mich trösten die Berichte anderer Freundinnen, denen es ähnlich ergeht. Es ist schön zu wissen, dass ich nicht die einzige Mittzwanzigerin bin, die beim Weinkauf ihren Ausweis zeigen muss. Lustigerweise trank ich unter 16 nie Wein. Erst später fand ich den Geschmack daran. Wer klein ist, wird als jung eingeschätzt, ein faltenfreies Gesicht trägt ebenfalls dazu bei. Wenn ich wirklich so jung aussehe, sollte es mich fast wundern, warum ich nicht jedes Mal kontrolliert werde, wenn ich Alkohol kaufe - sondern nur hin und wieder.

Schaue ich mich selbst an den Kassen um, bin ich dennoch erstaunt, wem harter Alkohol verkauft wird. So mancher, der damit an der Kasse steht, sieht mir verdächtig jung aus. Wie Minderjährige die Altersgrenze untergraben können, wissen sie genau. Sie sprechen ältere Kunden an; wenn jemand 18 ist, bekommt er eine Sammelbestellung. Meistens sind es ältere Freunde, die den gesamten Alkohol für die Gruppe einkaufen. Wie kleine Kinder freuen sich dann die jüngeren, wenn alles klappt. Sie stehen meist in kleinen Gruppen am Ausgang und warten auf ihre Getränke – Bier, Alko-Pops und harte Sachen wie Wodka.

Doch manchmal geht diese Technik nicht auf: Zwei junge Männer, einer sieht wesentlich jünger aus als der andere, stehen mit einer kleinen Wodka-Flasche, zwei billigen Energydrinks und zwei Flaschen Bier an der Kasse. Der ältere will bezahlen – aber die Kassiererin fragt beide nach ihren Ausweisen. Kläglich-verzweifelt sagt der Jüngere: „Er kauft ja die Sachen“ - aber das hilft nichts mehr. Die Kassiererin schickt beide mit leeren Händen weg. Doch ob sie an diesem Abend wirklich leer ausgehen – wer würde darauf wetten? Wenn Minderjährige Alkohol wollen, finden sie sicherlich auch einen Weg. Da hilft kein vages (Fehl-)Schätzen der Verkäufer bei jeder Weinflasche.

Ob ich mich später mit 35 Jahren darüber freuen werde, auszusehen wie 25, das kann ich heute schwer beurteilen. Im Moment würde ich mich freuen, so alt geschätzt zu werden wie ich bin – aber wer wird das schon.

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