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Potsdam: Schlagabtausch im Landtag

Landtag als Drama: SPD-Urgestein Christoph Schulze bricht wegen Nachtflugverbots mit seiner Fraktion und CDU-Chefin Saskia Ludwig rechnet mit Platzeck, Rot-Rot und den Brandenburgern ab.

Potsdam - Es war ein Paukenschlag im brandenburgischen Landtag: Aus Protest gegen den Umgang mit Fluglärm-Betroffenen um den neuen BER-Airport in Schönefeld ist der SPD-Abgeordnete Christoph Schulze aus der Landtagsfraktion ausgetreten, der er seit 20 Jahren angehört hat. Er verkündete seine Entscheidung am Freitag, nachdem der Landtag zuvor mit den Stimmen der rot-roten Koalition, aber auch von CDU und FDP die Volksinitiative für ein „landesplanerisches Nachtflugverbot“ für den Standort Schönefeld abgelehnt hatte. „Es geht um Menschen. Sie dürfen nicht Kanonenfutter einer verfehlten Politik sein“, sagte Schulze, der als ein Urgestein der SPD im Land gilt, dem Tagesspiegel.

Sein Wahlkreis Teltow-Fläming, wo er dem Kreistag vorsteht, ist von der Fluglärm-Problematik besonders betroffen. Schulze war von 2004 bis 2009 parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion. Dort wurde er, weil er von Beginn an gegen Schönefeld als „grundfalschen Standort“ des Flughafens focht und dabei blieb, zunehmend ein Außenseiter. Er sei in erster Linie seinen Wählern verpflichtet, die von der Politik, auch von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), im Stich gelassen würden, sagte Schulze. Aus der Partei will der 46-jährige Arzt, seit November 1989 Mitglied, aber nicht austreten. Möglicherweise droht ihm ein Ausschlussverfahren.

Während Politiker der Grünen und der Linken Schulze Respekt zollten, reagierten die eigenen Genossen nicht überrascht, aber schmallippig. Es sei eine „persönliche Entscheidung“, die sich lange abgezeichnet habe, sagte Mike Bischoff, der parlamentarische SPD-Geschäftsführer.

Doch nicht nur wegen dieser Personalie hatte die letzte Sitzung des Landtags vor der Weihnachtspause eine eigene Dramatik. Auch die Generaldebatte um den Etat für 2012, den die rot-rote Mehrheit mit den umstrittenen Kürzungen bei freien Schulen und Hochschulen beschlossen hatte, geriet zur Abrechnung. Zwischen der CDU-Oppositionsführerin Saskia Ludwig und SPD-Regierungschef Matthias Platzeck, der gerade zum ersten Mal Großvater geworden ist, kam es zu einer neuen Eskalation. „Als Ministerpräsident würde ich mich fragen, warum gerade die Brandenburger mit der Demokratie hadern, warum gerade die Brandenburger den Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie nicht verstehen?“, sagte Ludwig, die bei ihrem Auftritt die rot-rote Regierungs- und Finanzpolitik grundsätzlich attackierte. Mit der „letzten linken Landesregierung in Deutschland“, die eine „diktatorische Politik“ mache, halte der Sozialismus in Brandenburg Einzug. Bezeichnend sei, dass es noch nie so viele Proteste im Land wie jetzt gegeben habe.

Platzeck wiederum hielt Ludwig ein realitätsfernes Bild vom Land, seiner Bevölkerung, einen Antikommunismus a la McCarthy und eine rückwärtsgewandte Politik vor. Er bedankte sich ironisch, dass er als „Diktator“ überhaupt reden dürfe. Es müsse schon ein „sehr robustes Land“ sein, dass 22 Jahre einer SPD-Regierung standgehalten habe, sagte er: „Ihr Denken reicht von heute bis vorgestern!“

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