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Windows XP geht in Rente, nur nicht auf Berliner Behördenrechnern

© dpa

Berlin und seine Computer: Windows XP lebt in den Ämtern weiter

Auf der Hälfte der Berliner Behörden-Computer läuft noch Windows XP. Das könnte massive Probleme geben, denn Microsoft hat die Unterstützung für das alte System eingestellt. Die Rechner sind für Viren und Hackerangriffe anfällig.

Microsoft hat den Support für Windows XP eingestellt, gefährliche Lücken beim Schutz vor Datenklau werden nicht mehr beseitigt. Doch knapp die Hälfte der 70 400 Computer in den Berliner Behörden arbeitet noch mit diesem Betriebssystem. Die Umstellung der rund 30 000 betroffenen Rechner wird wohl noch mindestens bis zum Jahresende dauern, wie eine Tagesspiegel-Recherche ergab. Thomas Birk, Sprecher für Verwaltungsmodernisierung der Grünen im Abgeordnetenhaus, befürchtet „enorme IT-Sicherheitslücken“. Die Senatsverwaltung für Inneres verweist auf ein verlängertes Schutzangebot durch das landeseigene IT-Dienstleistungszentrum.

„Wir wären eigentlich bereit“, sagt Stadträtin Dagmar König (CDU) in Charlottenburg-Wilmersdorf. Dass erst zehn Prozent der rund 1800 PCs und Laptops im Bezirksamt umgestellt sind, liegt daran, dass die sogenannten Fachverfahren – landesweite Computerprogramme der verschiedenen Verwaltungsbereiche – noch nicht für die Nutzung unter Windows 7 freigegeben sind. Dazu gehören die Automation im Standesamt, die computergestützte Erteilung von Anwohner- Parkausweisen und das Verfahren für nichtverkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeiten.

Berliner Verwaltungen verschlafen Windows XP-Umstellung

Auch die Meldesoftware der Bürgerämter, ohne die kein Personalausweis ausgestellt werden kann, läuft bisher nicht unter Windows 7. Hier wurde eine Freigabe erst zum Herbst in Aussicht gestellt, sagt Dagmar König. Bis dahin behilft sich der Bezirk bei den XP-Rechnern mit einem zwischengeschalteten Linux- System, das einen direkten Kontakt der Computer mit dem Internet verhindert.

Obwohl das Auslaufen des XP-Supports seit Jahren bekannt war, habe der Senat erst im Sommer 2013 erfasst, welche IT-Verfahren unter neueren Windows-Versionen überhaupt lauffähig sind, kritisiert der Piraten-Abgeordnete Simon Weiß. Und Thomas Birk von den Grünen wirft der Innenbehörde vor, zumindest bei den in ihre Zuständigkeit fallenden Fachverfahren „gepennt“ zu haben. Seine Fraktion fordert die Einsetzung eines Verantwortlichen für die landesweite IT-Steuerung.

Es gibt keine zentrale Steuerung der IT-Aktualisierung

Genau hier liegt das Problem, denn bisher ist jede Verwaltung eigenständig für die Aktualisierung ihrer Hard- und Software verantwortlich. Das gelte sowohl für die Fachverfahren als auch für die Betriebssysteme, betonte Innensenator Frank Henkel (CDU). Die dezentrale Verantwortungsstruktur beim IT-Einsatz im Land Berlin verursacht „eine Reihe von Vollzugs- und Umsetzungsschwierigkeiten, die bei einer zentralen Steuerungsmöglichkeit nicht auftreten würden“, sagt Staatssekretär Andreas Statzkowski.

So wurden bei der Stadtentwicklungsbehörde erst 1215 der 2197 Computer umgestellt, bei der Senatsverwaltung für Finanzen 200 von 2200 und im Bezirksamt Lichtenberg 285 von 1450. Bis Jahresende soll die Umstellung in den meisten Verwaltungen abgeschlossen sein.

Nur wenige Verwaltungen leisten sich das Angebot des landeseigenen IT-Dienstleistungszentrum Berlin. Es betreut lediglich 15 Prozent der Behördencomputer im Rahmen seines standardisierten IT-Arbeitsplatzservices. Diese werden rechtzeitig umgestellt oder gesichert, sagt ITDZ-Sprecher Michael Brodersen. Dazu hat man mit Microsoft ein „kostengünstiges“ Angebot ausgehandelt, für einen verlängerten Support für Windows XP bis 2015. Auch andere Verwaltungen können diesen Service einkaufen. Obwohl der Stichtag unmittelbar bevorsteht, haben die meisten Behörden davon bisher nur aus der Presse erfahren.

Nur ein Viertel der Rechner der Berliner Feuerwehr ist umgestellt

Bei der Berliner Feuerwehr wurde erst ein Viertel der 1650 Computer umgestellt, hier hat man sich für Windows 8.1 entschieden. Die Rechner laufen in einem geschlossenen Netzwerk ohne Anbindung ans Internet sowie mit geschützten Übergängen ins Berliner Landesnetz.

Rund 1000 PCs in 130 Berliner Schulen sind indessen bereits an das sichere Berliner Schulintranet angeschlossen. Sie werden voraussichtlich bis zum Ende der Osterferien per Fernwartung automatisiert an das neue Betriebssystem angepasst, sagt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Bildung, Beate Stoffers. Den noch nicht angeschlossenen Schulen werden etwa 1000 Lizenzen für Windows 7 zur Verfügung gestellt. Dagegen laufen die 7000 Computer in den Finanzämtern vorerst weiter unter Windows XP, in einem abgeschotteten Netz, wie Jens Metzger von der Finanzbehörde betont. Windows 7 soll hier bis September kommen.

Für die Berliner Arbeitsagenturen und Jobcenter ist das Ende für Windows XP indessen kein Thema. Bundesweit war hier die Umstellung bereits im ersten Quartal 2013 abgeschlossen. Und auch die Berliner Polizei gibt sich beispielhaft. Dort laufen nicht weniger als 14 399 Rechner bereits mit dem neuen System. Lediglich 75 werden weiter mit Windows XP ausschließlich im internen Einsatz betrieben, mit Anti-Schadens-Software und Zugangssperre zum Internet.

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