zum Hauptinhalt
Pressekonferenz vor der Hauptmann-Schule in Kreuzberg.

© M. Amjahid

Update

Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg: Flüchtlinge bleiben weiter in besetzter Schule

Kein Auszug, keine Räumung. Die Flüchtlinge in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule bleiben zunächst. Bezirksbürgermeisterin Herrmann will weiterhin Gespräche führen, der Bezirk hält eine Räumung aber noch für möglich.

Von

Nicht mal ein Hauch von Aufbruchstimmung war am gestrigen Freitag in der Gerhart-Hauptmann-Schule zu spüren. Morgens um neun drehte die Müllabfuhr ihre Runde durch die Ohlauer Straße in Kreuzberg, an der Haltestelle vor der Schule warteten Anwohner auf ihren Bus. Direkt gegenüber der Schule wurden neue Gehwegplatten verlegt. Polizei war zunächst nicht zu sehen, genauso wenig wie Unterstützer der Flüchtlinge. Auch am Samstag war es an der besetzten Schule nach Polizeiangaben ruhig.

Ginge es nach dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, hätten die restlichen 45 Flüchtlinge die Schule am Freitag bis Mitternacht verlassen müssen. Danach sah es am Freitag aber nicht aus. Schon am Donnerstag hatten die Bewohner angekündigt, bleiben zu wollen. Die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann sagte dem Tagesspiegel, man werde weiterhin Gespräche führen, um eine friedliche Lösung herbeizuführen.

Das Bezirksamt hatte Hostelgutscheine für jene angeboten, die aus der Schule ausziehen würden. Sie gelten für einen Hostelaufenthalt von vier Wochen und wurden – ein Schild am Eingangstor der Hauptmann-Schule wies darauf hin – am Freitagvormittag zwischen 9 und 12 Uhr in der Yorckstraße ausgegeben.

Bewohner fürchten die Räumung

Damit hätten die Flüchtlinge noch einmal einen Monat Zeit, bevor sie Berlin verlassen müssten. Ein Bewohner der Schule, der am Freitagmorgen die provisorische Sicherheitsschleuse am Haupteingang passierte, nannte das Angebot schlichtweg inakzeptabel. „Nach den vier Wochen sitzen wir doch wieder auf der Straße“, sagte er. Und berichtete, in der Nacht zuvor wenig geschlafen zu haben. Bei jedem Geräusch sei er aufgeschreckt, immer in Erwartung der gewaltsamen Räumung. Die Bewohner hätten sich auf einen Polizeieinsatz vorbereitet, sagte er weiter. Falls die Beamten räumen wollten, könne man den Eingangsbereich zur Schule in wenigen Minuten verrammeln.

Zwar hatte es lange den Anschein, als ob das Hostel-Angebot des Bezirks von allen Flüchtlingen ignoriert werden würde – doch mindestens einer soll sich dann doch einen Gutschein abgeholt haben. Das teilte jedenfalls der Sprecher des Bezirksamts, Sascha Langenbach, am frühen Freitagnachmittag mit. Mehr wolle und könne er vorerst nicht sagen. Nach Informationen des Tagesspiegels wurde weiter verhandelt.

Bei der Polizei hieß es am Freitag kurz und knapp, dass bislang kein Amtshilfeersuchen des Bezirks vorliege. Was passiert, wenn es dazu kommen sollte, falle in den Bereich der Spekulation. Niemand zweifelt aber daran, dass die Polizei dem entsprechenden Ersuchen nachkommen wird. Bereits im Sommer dieses Jahres war die Polizei mit einem Großaufgebot angerückt. Die meisten der damals etwa 250 Bewohner zogen daraufhin in neue Unterkünfte, etwa vier Dutzend Flüchtlinge weigerten sich, zu gehen.

Versuchte Räumung bereits im Juli

Am 30. Juni setzte Polizeipräsident Klaus Kandt ein Ultimatum: Entweder der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg stelle einen Räumungsantrag oder die Polizei werde abgezogen. Der grüne Stadtrat Hans Panhoff richtete am 1. Juli ein Räumungsersuchen im Namen des Bezirks an die Polizei. Es kam dann aber nicht zur Räumung, weil die verbliebenen Flüchtlingen eine Einigung mit dem Bezirk unterschrieben, die ihnen erlaubte, in der besetzten Schule zu bleiben. Die Flüchtlinge sollten unter anderem weiteren Zuzug verhindern. Der Bezirk sicherte ihnen die Auszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu. Kurz darauf erklärte der Senat, dass er die Vereinbarung ablehne und keine Leistungen auszahlen werde.

Auch deshalb werde man – wenn es jetzt keine Einigung gebe – mit der Räumung der Schule nicht noch Monate warten, sagte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann dem Tagesspiegel: „Das können wir schon allein aus finanziellen Gründen nicht.“ Dabei gehe es nicht nur um die Kosten des Wachschutzes: „Die meisten Bewohner haben ja in Berlin keinerlei Anspruch auf Leistungen, weil ihre Asylverfahren in anderen Bundesländern oder in Italien anhängig sind.“

Das ist das große Problem der Flüchtlinge. Besonders jene, die nach Italien zurück müssten, empfänden ihre Situation als ausweglos, sagte eine Unterstützerin am Freitag: „Den Leuten ist im Sommer versprochen worden, dass sie in der Schule bleiben dürfen. Die fühlen sich total verarscht.“ Im Falle einer Räumung durch die Polizei sei daher eine Gewalteskalation zu befürchten: „Das sind dieselben Leute, die schon im Sommer deutlich gemacht haben, dass sie zu allem entschlossen sind. Und die sind jetzt noch wütender.“

Zur Startseite