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Die Staatsanwältin Susanne Zissel ist neue Vorsitzende der Spandauer Grünen.

© promo

Bezirksverordnete werfen dem Landesvorstand einen "Putsch" vor: Wieder Streit um Vorstandswahl bei Spandaus Grünen

Der Machtkampf bei den Grünen in Spandau dauert an. Am Sonntag wählte die Kreismitgliederversammlung einen neuen Vorstand, die alte Führungsmannschaft will die Wahl anfechten.

Spandaus Grüne nennen sich Grüne Alternative Liste (GAL) und orientierten sich bisher an den politischen Zielen der AL aus den 70er Jahren. Mit der Bundes- und der Landespartei, wo sich bereits 2011 die oppositionelle Arbeitsgruppe „Grüne Perspektive Spandau“ bildete, liegen sie seit Jahren im Clinch. Weil mit der Bezirksverordneten Sieglinde Müller nur noch ein Vorstandsmitglied vorhanden war, wählte die Kreismitgliederversammlung am 4. Januar die BVV-Fraktionschefin Ritva Hardu zur neuen Vorsitzenden und den Bezirksverordneten Christoph Sonnenberg-Westeson zum Stellvertreter. Weil satzungswidrig kein dreiköpfiger Vorstand eingeladen hatte, wurde die Wahl vom Landesschiedsgericht der Partei für nichtig erklärt und ein Notvorstand zur Vorbereitung von Neuwahlen eingesetzt. Die brachten eine Wende und sorgen für neuen Streit.

„Grüne Perspektive Spandau“ stellt den neuen Vorstand

Gab es im Januar noch eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die dem linken Flügel zugerechneten GAL-Spandauer, hatte bei den Wahlen am Sonntag nun die Gegenseite die Nase vorn. Die Staatsanwältin Susanne Zissel (56) konnte sich mit 30 Stimmen gegen Ritva Hardu durchsetzen, die 25 Stimmen erhielt. Mit zwei Stimmen Vorsprung kam Boris Byszio im zweiten Wahlgang auf den Posten des Stellvertreters, Beisitzer wurde Philipp Kretzschmar, alle drei gehören zur „Grüne Perspektive Spandau“. Zur neuen Schriftführerin wurde Mandy Wiesjahn gewählt, die gerade erst in die Partei eingetreten ist.

Mitglieder wechselten vor der Wahl nach Spandau

In einer gemeinsamen Erklärung unter der Überschrift „Putsch bei den Spandauer Grünen“ werfen Ritva Hardu, Christoph Sonnenberg-Westeson und Sieglinde Müller der Landespartei vor, die Mehrheiten in Spandau „durch einen zweifelhaften Stimmenzuwachs auf den Kopf gestellt“ zu haben. Vor den Neuwahlen hätten 14 Personen ihr Stimmrecht aus anderen Bezirken nach Spandau verlegt, darunter zahlreiche angestellte Mitarbeiter der Landesgeschäftsstelle und Mandatsträger aus anderen Bezirken. „Unter Missachtung der Satzungen und damit auch unter Missachtung von Recht und Gesetz wurden sogenannte Stimmrechtswechsel vollzogen von Mitgliedern, die nur für den Zweck, in Spandau aufzuräumen, ihr Stimmrecht in ihren eigentlichen Kreisverbänden aufgaben.“

Die Stimmberechtigungen seien „streng kontrolliert“ worden, sagte der rechtspolitische Sprecher der Abgeordnetenhausfraktion der Grünen, Dirk Behrendt, dem Tagesspiegel auf Nachfrage. Er hatte die Kreismitgliederversammlung zusammen mit drei weiteren Abgeordneten geleitet. Man habe sich die Personalausweise zeigen lassen und mit den von der Landespartei gelieferten, aktuellen Mitgliederlisten abgeglichen. Die notwendige Information des Kreisvorstandes über die Stimmrechtswechsel sei aber nicht erfolgt, so Ritva Hardu. Deshalb werde man die Wahl anfechten.

Neue Vorsitzende will Rechtssicherheit

Die neue Kreisvorsitzende Susanne Zissel rechnet damit, dass es zu einem Schiedsgerichtsverfahren kommt. Rechtssicherheit sei ihr wichtig, sie wolle Ruhe in die geteilten Spandauer Grünen bringen, sagte sie dem Tagesspiegel. Sie selbst habe nicht mit einem Sieg gerechnet und sei von ihrer Wahl überrascht worden. Der neue Vorstand müsse sich jetzt erst einmal konstituieren und dann Prioritäten setzen. In ihrer Bewerbung hatte sie als Ziele unter anderem die schnellstmögliche Wiedererlangung der dem Kreisverband entzogenen Finanzhoheit, eine Trennung von Amt und Mandat sowie eine moderne Geschäftsstelle mit festen Öffnungszeiten genannt. Dringend steht auch die bisher noch nicht erfolgte Nominierung der Kandidaten für Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlung ins Haus.

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Rainer W. During

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