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Gabriella Pape, gebürtige Hamburgerin, ist eine international gefragte Gartendesignerin. Ihr grünes Zuhause hat sie im Berliner Südwesten gefunden, auf dem Gelände der ehemaligen „Königlichen Gärtnerlehranstalt“ in Dahlem

© Isabelle van Groeningen

Gabriella Pape: Gartendesign Made in Dahlem  : „Garten in England kann doch jeder“

Die Königliche Gartenakademie Dahlem ist eine Mischung aus Park, Garten mit Café, Museum und Schaugärtnerei, samt "Champignonhaus" und "Wurzelbeobachtungshaus". Gartendesignerin Gabriella Pape hat sich hier einen Traum erfüllt.

Das, was die meisten Gärtner so gar nicht mögen, liebt Gabriella Pape: Unkraut jäten. Stundenlang könnte sie mit den Händen in der Erde arbeiten. „Das genieße ich sehr und empfinde es als meditativ“, sagt sie. Schon als Kind habe sie diese Leidenschaft für sich entdeckt. „Ich konnte kaum laufen, da zog ich eine Gießkanne hinter mir her.“ Im Sandkasten gestaltete sie kleine Landschaften mit Straßen, Hügeln, Bäumen und Blumen. Diese Liebe zum Garten hat sie nicht mehr losgelassen. Heute, etwa 50 Jahre danach, bleibt ihr allerdings kaum noch Zeit, selbst zu gärtnern. Die gebürtige Hamburgerin ist eine international gefragte Gartendesignerin. Ihr grünes Zuhause hat sie im Berliner Südwesten gefunden, auf dem Gelände der ehemaligen „Königlichen Gärtnerlehranstalt“ in Dahlem.

Hier in der Altensteinstraße gegenüber vom Botanischen Garten gründete sie 2008 eine Gartenakademie mit einem außergewöhnlichen Konzept. Das Gelände, etwa ein Hektar groß, erinnert an eine Mischung aus Park, Garten mit Café, Museum, Verkaufsfläche und Schaugärtnerei. Es ist wie eine Oase umringt von Häusern der Freien und der Technischen Universität Berlin. Dieser Ort hat ein besonderes Mikroklima; im übertragenen und im meteorologischen Sinn. „Wenn um uns herum das Wetter tobt, bis hierher kommt es nicht“, erklärt Pape. Ferner sei der lehmhaltige Boden hier anders als sonst in dieser von Sandboden geprägten Region. Einfach perfekt für eine Gärtnerei, schwärmt sie.

Und das wussten offensichtlich auch schon andere vor ihr. Denn 1903 wurde die einst von dem bekannten preußischen Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné gegründete Königliche Gärtnerlehranstalt von Potsdam hierher nach Dahlem verlegt. Einige historische Gebäude sind erhalten geblieben; vor allem die Gewächshäuser, die nach und nach mit viel Aufwand und Geld restauriert wurden. Originale Bauten sind auch das Champignonhaus, worin sich heute Gästetoiletten befinden oder das Heizhaus mit dem markanten Schornstein, in dem wieder die Heizung untergebracht ist. Und: das Wurzelbeobachtungshaus. Darin gab es einst ein Schaubeet mit großen Glasfenstern, durch die die Gärtnerlehrlinge beobachten konnten, wie sich die Wurzeln der Pflanzen beim Wachsen entwickeln.

Und in diesem historischen Ambiente, ein wenig abseits der Gewächshäuser, hat sich Gabriella Pape liebevoll ihr Büro eingerichtet. Hier findet sie Inspiration. Manchmal genügt ein Blick zum Fenster hinaus, wenn sich ein Rotkehlchen auf die Fensterbank setzt und mit dem Schwänzchen auf und nieder wippt. Die Mitte des Raumes bildet ein Schreibtisch. Darauf liegen Zeichnungen. Hier sitzt die Gartendesignerin oft bis spät in den Abend hinein oder sonntags und zeichnet; kreiert Gärten für Menschen im In- und Ausland. Sie macht alles per Hand, nicht wie heute üblich mit dem Computer. Und sie hat einen eigenen Stil, sagt sie. „Es muss ansprechend aussehen, farblich vielseitig, ein bisschen wie ein Kunstwerk.“ Wenn sie über ihre Arbeit spricht, spürt man, wie sehr sie hinter dieser Berufung steht und wie sehr sie dafür gekämpft hat. Doch bis dahin, wo sie heute ist, war es ein langer Weg. 

Der Eingang zur Königlichen Gartenakademie Dahlem
Der Eingang zur Königlichen Gartenakademie Dahlem

© Anett Kirchner

Gabriella Pape wurde 1963 geboren. Sie wuchs zur Hälfte in einer Reihenhaussiedlung in Hamburg und auf dem Wochenendgrundstück der Eltern in Holm-Seppensen auf. Dieser Gegensatz zwischen Großstadt- und Landleben war prägend. Woran sie sich erinnert: Ihr Vater, der Architekt war, ließ schon damals den Vorgarten ihres Reihenhauses von einem Landschaftsarchitekten gestalten. Faszinierend, was auf so kleinem Raum möglich ist. Sie verstand plötzlich, was Gartenkultur bedeutet: „Sie kann die Seele berühren.“

Das wollte Gabriella Pape fortan auch. Nach der Schule machte sie eine Ausbildung zur Baumschulgärtnerin in der traditionsreichen Baumschule Lorenz von Ehren. Mit knapp 20 Jahren ging sie nach England, studierte zunächst Biologisch Dynamische Landwirtschaft und anschließend Horticulture in Kew Gardens, dem Botanischen Garten in London, wo sie mit Auszeichnung abschloss. Darüber hinaus studierte sie später noch Landschaftsarchitektur an der Universität Greenwich. 1992 machte sie sich selbständig und gründete gemeinsam mit ihrer früheren Studienkollegin Isabelle Van Groeningen ein Gartendesignstudio.

Im historischen Heizhaus ist auch heute wieder die Heizung untergebracht
Im historischen Heizhaus ist auch heute wieder die Heizung untergebracht

© Anett Kirchner

15 Jahre lang erarbeiteten sich die beiden Frauen weltweit einen Namen als Gartendesignerinnen, gestalteten Garten- und Parkanlagen in Europa, Südamerika und Asien. Und sie wurden ausgezeichnet, unter anderem mit der Silver-Gilt-Medaille bei der „Chelsea Flower Show“. Diese Ehrung wird in der Branche mit dem Oscar der Filmwelt verglichen. Und dann, obwohl ihr Leben im Grunde nach ihren Vorstellungen lief, hatte Gabriella Pape einen Traum. „Klingt komisch, ist aber wahr.“ Sie träumte, dass sie ihre Firma schließen und zurück nach Deutschland gehen sollte. „Denn Garten in England kann doch jeder“, sagt sie und schmunzelt.

In Deutschland ein Zentrum für Gartenkultur aufzubauen, sei dagegen abenteuerlich. Obwohl diese Kultur hierzulande einst groß war, „frage ich mich oft, wo diese geblieben ist“, erzählt sie. Ständig höre sie den Satz: Das haben wir immer so gemacht. Beispiel: Geranien auf dem Balkon. Nein. Bitte nicht. Bei ihr in Dahlem sucht man Geranien vergebens. „Ich habe nichts gegen diese Pflanze, möchte aber deren Massenproduktion nicht unterstützen“, erklärt die Fachfrau. Vielmehr will sie die Menschen inspirieren, mutig zu sein - für mehr Farben, unterschiedliche Pflanzen, etwa Kräuter oder Erdbeeren auf dem Balkon. Die Gartenkultur, die hier einst so groß war, möchte sie wiederbeleben.

Und dafür wählte sie bewusst Berlin, „weil es eine Stadt ist, die sich evolutionär entwickelt, die nicht festgelegt ist und in der man etwas gestalten kann.“ Ein Professor der TU Berlin zeigte ihr den Standort in Dahlem. Sie wusste sofort: Das ist es. Ein historischer Ort der Gartenkultur, wenngleich zu diesem Zeitpunkt völlig heruntergekommen. Problem: Es ist auch ein Filet-Grundstück für Wohnbebauung. Drei Jahre lang kämpfte Gabriella Pape um diesen Standort – mit Überzeugung für ihre Sache, mit hanseatischer Zähheit und zuletzt mit Erfolg. 2007 verkaufte ihr das Land Berlin das Grundstück. Daraufhin erfüllte sie sich ihren Traum, baute die Königliche Gartenakademie Dahlem auf. Das Wort „Königlich“ hat sie ganz selbstbewusst von Lenné übernommen. Denn es drücke den Wert aus, den Gartengestaltung in ihren Augen einnimmt. Für Gabriella Pape ist sie die „Königsklasse“.     

Der Artikel erscheint auf dem Tagesspiegel-Zehlendorf, dem digitalen Stadtteil- und Debattenportal aus dem Südwesten. Folgen Sie der Redaktion Zehlendorf gerne auch auf Twitter.

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