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Sie fallen auf im Stadtbild des Berliner Südwestens, die zwei orange-grün gestrichenen Bücherbusse der Stadtbibliothek Steglitz-Zehlendorf

© Anett Kirchner

Marode Bücherbusse in Steglitz-Zehlendorf: Mit Spenden Druck auf Politik ausüben

Die beiden Bücherbusse der Stadtbibliothek sind marode und halten wohl höchstens noch zwei Jahre. Dabei sind sie ein wichtiger Beitrag zur Leseförderung. Das Bezirksamt sucht nun nach Geldquellen. Und es gibt eine Spendenaktion - unter Schirmherrschaft von Volker Schlöndorff.

Sie sind beliebt im Berliner Südwesten; insbesondere bei den Kindern. Wenn die zwei orange-grün gestrichenen Bücherbusse der Stadtbibliothek Steglitz-Zehlendorf durch die Straßen im Bezirk fahren und vor den Schulen halten, stehen die Kinder schon Schlange. Auch ältere Menschen, allein stehend, nicht mobil, Studenten und Familien nutzen zahlreich die fahrenden Bibliotheken. Es sind etwa 54.000 Besucher im Jahr. Mehr als 200.000 verschiedene Medien wurden 2014 hier ausgeliehen. Weil die Nachfrage groß ist, gibt es seit Mai eine zusätzliche Haltestelle in Lichterfelde-West vor der Kronach-Grundschule in der Moltkestraße; jeweils montags von 12.15 Uhr bis 14 Uhr. Doch der hübsch bemalte äußere Schein der Bücherbusse trügt. Die Fahrzeuge sind marode und halten nach Schätzungen der Fachleute höchstens noch zwei Jahre durch.

„Es häufen sich reparaturbedingte Ausfälle und außerdem verschlingen die Reparaturen einen großen Anteil des zur Verfügung stehenden Etats“, schildert Petra Bill vom Freundeskreis der Stadtbibliothek. Beide Fahrzeuge stellten zudem eine extreme Belastung für die Umwelt dar, da sie zum Beispiel nicht über Rußfilter verfügten.

Auch Lothar Watterott, der seit 35 Jahren die Bücherbusse fährt, bestätigt, dass sie mittlerweile in die Jahre gekommen sind. Zwar seien sie 2011 im unteren Bereich neu lackiert und überholt worden, aber nach außen meist nicht sichtbar habe die Karosserie gravierende Schäden. Das könne bald auch tragende Teile betreffen. „Alle zwei bis drei Wochen fällt ein Bus aus“, erzählt er und die Reparatur dauere entsprechend lange. Denn vielmals könnten die originalen Ersatzteile nicht mehr bestellt werden. Die Busse stammen aus den Jahren 1988 und 1993 und haben eine Laufleistung von 155.000 und 96.000 Kilometer auf dem Tacho stehen.

Der reparaturbedürftige Zustand der beiden Fahrzeuge ist den Bezirkspolitkern seit langem bekannt, sagt Petra Bill. „Aber erst als wir im vergangenen Jahr im November eine Petition an den Ausschuss für Eingaben und Beschwerden eingereicht hatten, stellte die SPD-Fraktion einen entsprechenden BVV-Antrag“, sagt die Vereinsvorsitzende. Inzwischen scheinen auch die letzten Bezirksverordneten aufgewacht zu sein. Nachdem sich zunächst alle Fraktionen dem Antrag angeschlossen hatten, wurde dieser dann im April einstimmig beschlossen.

Der gemeinsame Wille, einen neuen Bücherbus zu kaufen, ist also vorhanden. Aber mit welchem Geld? Ein solches Spezialfahrzeug, das eigentlich vom Unterbau her ein LKW ist, kostet bis zu 450.000 Euro, erklärt die Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur und Bürgerdienste, Cerstin Richter-Kotowski (CDU). „Eine solche Investition muss gut geplant und vorbereitet werden“, sagt sie und verspricht, dass sie sich dafür einsetzen werde, dass der Bezirk diese Investition im nächsten Haushalt tätigen könne. Die Busse seien eine wichtige Ergänzung zu den festen Bibliotheksstandorten, weil Steglitz-Zehlendorf ein Flächenbezirk sei. „Und sie sind ein bedeutender Beitrag für die Kinder zur Leseförderung“, betont Richter-Kotowski. Von insgesamt 28 Haltestellen im ganzen Bezirk befinden sich allein 16 vor Schulen.

Während das Bezirksamt nun nach einer Geldquelle sucht, haben Stadtbibliothek und Freundeskreis in Kooperation mit der Bürgerstiftung Steglitz-Zehlendorf eine Spendenaktion auf die Beine gestellt. Schirmherr ist der Regisseur und Filmproduzent Volker Schlöndorff. Das Motto: Ein Bücherbus ist ein Muss – und ein zweiter hilft weiter!

Neben dem Geld Sammeln wollen die Initiatoren mit der Aktion einen weiteren Effekt erreichen, berichtet Petra Bill: „Damit soll auch Druck auf die Politik ausgeübt werden, den BVV-Beschluss zeitnah umzusetzen.“ Als Startkapital habe der Freundeskreis 1000 Euro beigesteuert. Spenden können bei der Berliner Volksbank eingezahlt werden. Und Stefan Rost, der Leiter der Fahrbibliothek, weist noch auf einen öffentlichen Termin im Rahmen der Spendenaktion hin. Am Samstag, den 30. Mai, wird der Bücherbus vor dem Museumsdorf Düppel stehen.

Die fahrenden Bibliotheken sind insgesamt 60 Stunden in der Woche unterwegs; von Wannsee bis Lichterfelde, von Zehlendorf bis Steglitz und von Dahlem bis Lankwitz. Wo genau sie halten und wann, das steht im Internet auf der Webseite der Stadtbibliothek.

Die Bücherbusse haben in Steglitz-Zehlendorf eine lange Tradition. Seit 1956 fahren sie durch den Bezirk. „Unsere Familie liest jetzt in der vierten Generation Bücher aus unserer Fahrbibliothek“, heißt es in einem Leserzitat auf dem Flyer des Spendenaufrufes. Ob künftig auch noch die fünfte Generation das Angebot nutzen kann?

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Tagesspiegel Zehlendorf. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

Für Spenden: Bürgerstiftung Steglitz-Zehlendorf, IBAN: DE67 1009 0000 8845 6780 23, BIC: BEVODEBB, Verwendungszweck: Bücherbus.

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