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Brandenburg: Der Dauerauftrag

Ex-Firma des Wirtschaftsministers vermietete dem Land eine Stauwarnanlage – ohne Ausschreibung

Potsdam - Die Auftragsvergabe von Brandenburger Ministerien an die frühere Firma von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) belastet mittlerweile das Klima in der Regierungskoalition. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) rügte die zurückhaltende Informationspolitik von Innen- und Wirtschaftsministerium. Zwar stellte sich der Regierungschef am Dienstag hinter Junghanns: Es seien keine Verfehlungen des Ministers zu erkennen. Junghanns betonte vor der SPD-Landtagsfraktion, er habe keinerlei Einfluss zu Gunsten der Firma Greenway Systeme genommen, deren Teilhaber und Geschäftsführer er bis zum Amtsantritt im November 2002 war. Trotzdem haben die Vorgänge auch für die Genossen zumindest ein „Geschmäckle“, wie es SPD-Fraktionschef Günter Baaske formulierte. Die CDU stellte sich hinter Junghanns.

Nachdem am Vortag bereits die geplante Erprobung eines Greenway-Systems zur funkferngesteuerten Freischaltung von Ampeln in zwei Funkstreifenwagen der Brandenburger Polizei Diskussionen ausgelöst hatte, wurden nun neue Vorwürfe publik: Danach hat Junghanns’ Technologiefirma im Jahr 2000 den Zuschlag für ein Stauwarnsystem auf der Autobahn 12 von Berlin nach Frankfurt/Oder bekommen – ohne Ausschreibung. Auf der A 12 war es in Folge des Rückstaus von Lastwagen-Kolonnen vor den Grenzübergängen immer wieder zu Auffahrunfällen gekommen. „Es war Gefahr in Verzug“, begründete Verkehrsminister Frank Szymanski (SPD) die damalige „freihändige“ Vergabe. „Es war nicht geplant, die Anlage über einen längeren Zeitraum zu nutzen.“ Der 130 000-Euro-Auftrag lag unter der Ausschreibungsgrenze von 200 000 Euro. Zu dieser Zeit war Junghanns Vorsitzender der CDU-Frankfurt/Oder. Greenways Geschäftsführer Hans- Georg Reicherdt sagte: „Es war ein neu entwickeltes System. Man wollte erst einmal sehen, ob es funktioniert.“

Dennoch wurde das auf ein Jahr angelegte Projekt in der Folgezeit mehrfach verlängert – auch nach Junghanns’ Wechsel ins Ministeramt 2002. Bis Oktober 2004 flossen insgesamt rund 600 000 Euro ohne Ausschreibung an die Frankfurter Firma, die das mobile Staumeldesystem dem Landesautobahnamt vermietet hat. Junghanns hatte seine Unternehmensanteile 2002 an seine Söhne überschrieben und die Geschäftsführung der Firma seinem Partner Reicherdt übergeben.

Die Verlängerung der Nutzung der Stauwarnanlage bis 2004 sei mit Blick auf die bevorstehende EU- Osterweiterung erfolgt, erklärte das Verkehrsministerium nun. Es sei damals nicht als lohnend angesehen worden, für diese kurze Zeit eine landeseigene Anlage anzuschaffen. Doch auch nach der EU- Erweiterung kam es weiter zu Rückstaus und Unfällen an der Grenze. So erhielt Greenway den 130 000-Euro-Auftrag im Dezember 2005 erneut – wieder ohne Ausschreibung. „Für die Übergangszeit, bis eine landeseigene Anlage dort montiert ist“, erklärte das Verkehrsministerium jetzt. Diese sei im Dezember ausgeschrieben worden und soll im April in Betrieb gehen. Aus Sicht von Vergaberechtsexperten ist die fortgesetzte Verlängerung des Auftrags „zumindest bedenklich“.

Die Linkspartei forderte gestern ein Landesvergabegesetz, um mehr Transparenz bei öffentlichen Aufträgen zu erreichen. Empörung in der SPD löste CDU- Generalsekretär Sven Petke aus: Er hatte Gespräche mit SPD-Politikern zur Kommunalreform ausgesetzt und dies mit Kritik aus der SPD an Junghanns begründet.

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