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Eine Frau mit Biss. Taktieren und Lavieren ist nicht Saskia Ludwigs Sache. Sie will die CDU in Brandenburg mit klarem Profil zur stärksten Partei machen.

© Simone Diestel

Saskia Ludwig: Eine Überzeugungstäterin will an die CDU-Spitze

Saskia Ludwig, scharfzüngig und polarisierend, soll Fraktion und Partei führen. Kann sie eine Union zügeln, die als Pulverfass gilt?

Nein, beirren lässt sie sich nicht, diese Saskia Ludwig, die nun die Führung einer Union übernehmen will, die schon viele Vorsitzende verschliss. Sie reagiert auch völlig gelassen darauf, dass prompt Barbara Richstein, die Ex-Justizministerin, öffentlich die Chancen einer Gegenkandidatur auslotet. Den ersten Punktsieg hat Ludwig mit den klaren Empfehlungen der Führungsriege für sich errungen: Nächste Woche wird sie zur Fraktionsvorsitzenden gewählt. Das Amt hatte sie schon einmal inne, seit Wanka Anfang 2009 den Parteivorsitz übernahm. Nach der Landtagswahl am 27. September, nach dem Zwangsgang in die Opposition machte Ludwig loyal wieder Platz, damit die Spitzenkandidatin Oppositionsführerin werden konnte. Nun hilft Wanka, für ihre Favoritin Mehrheiten zu schmieden, eine Frauen-Achse, die funktioniert. Es spricht allerdings Bände für das christdemokratische Haifischbecken, dass Wanka bis zum Wechsel im Frühsommer noch Parteichefin bleiben will.

Andererseits, an Ludwig führte schon unter Wanka kein Weg vorbei. Sie hatte längst ihre Stellung in der Union systematisch ausgebaut: Sie führt den mitgliederstarken Kreisverband Potsdam-Mittelmark, ist Vize-Parteichefin. Sie trug maßgeblich dazu bei, dass Wanka friedlich inthronisiert wurde, es seitdem keine offenen Grabenkämpfe mehr gab. Reicht das, wenn sich jetzt Widersacher formieren? Ex-Generalsekretär Sven Petke hat zwar für sie gestimmt, gilt aber als Unterstützer der an Basis beliebten, stärker integrierenden Richstein.

Ludwig, 41 Jahre, hochschwanger, ist irritiert über die Frage: Wie gedenke Sie die beiden Kärrnerjobs als CDU-Parteivorsitzende und als Chefin der Landtagsfraktion mit ihrem Baby unter einen Hut zu bringen, das Ende Mai zur Welt kommen wird? „Andere taffe Frauen haben es vorgemacht. Ich habe eine Familie, die hinter mir steht.“ Schon ihre Stimme lässt keinen Zweifel, wie ernst es ihr damit ist. So ernst wie die Ansage, die sich seit Ewigkeiten kein brandenburgischer CDU-Politiker getraut hat, weil die Union hier stabil im 20-Prozent-Kellerloch verharrt, auf Platz drei, hinter der Linken. „Mein Ziel ist es, dass die Union stärkste Partei in Brandenburg wird.“ Rumms, typisch für sie. Johanna Wanka, die nun nach Niedersachsen wechselt, hätte das nie gesagt.

Ludwig hat etwas, das selten geworden ist in der Politik: Profil. Und zwar ein so klares, dass es Parteifreunde gelegentlich zur Verzweiflung bringt. Im Landtag profilierte sich Ludwig (früher Funck), die einmal Verkäuferin lernte, in Leipzig, München und Berlin studierte mit Abschluss Diplomkauffrau, die zu märkischen Staatsunternehmen promovierte und selbst ein Unternehmen führte, als lupenreine Marktwirtschaftlerin, als eiserne Sparkommissarin. Kann man damit beim ostdeutsch-brandenburgisch geprägten Wahlvolk punkten? Ludwig verweist auf ihren gewonnenen Wahlkreis. Es war Ludwig, die nach der Landtagswahl mitten in den neuralgischen Koalitionssondierungen, als Rot-Rot oder Rot-Schwarz offen war, die SPD mit der Forderung nach Abbau der Neuverschuldung auf null bis 2014 reizte. Selbst Wanka tobte. „Unseriös“, befand Regierungschef Matthias Platzeck (SPD). Heute verfolgt seine rot-rote Regierung genau dieses Ziel.

Ludwig sei unbequem, „eine Überzeugungstäterin“, heißt es in der CDU über sie, nicht immer freundlich. Wenn sie etwas für richtig hält, zieht sie es eisern durch, ohne Rücksichten. Opportunistisches Taktieren und Lavieren sind ihre Sache nicht. Da kritisierte sie als CDU-Mitglied des ZDF-Verwaltungsrates unverblümt, wie CDU-Regent Roland Koch den Chefredakteur absägte. Da fordert sie beim Aufbau des Potsdamer Stadtschlosses als Landtag selbst im Detail einen originalgetreuen Knobelsdorff. Da beklagte sie noch zu Zeiten von Jörg Schönbohm zusammen mit drei Mitstreitern das durch Koalitions-Kompromisse verwässerte Profil der „schlechtesten CDU Deutschlands“, forderte gar eine Selbsterneuerung in der Opposition. Da machte sie Anfang 2010 mit drei anderen Länder-Fraktionschefs bundesweit Schlagzeilen mit einem Brandbrief, der ein konservativeres Profil der Bundes-CDU unter der zu präsidialen Angela Merkel anmahnte. Vertragen sich polarisierende Positionen, zu denen Ludwig neigt, mit der für eine Vorsitzende dieser CDU besonders nötigen Integrationskraft? „Es geht um ein klares Profil. Wir brauchen eine Wertedebatte“, sagt sie dazu. „Natürlich wird es mit mir keinen Anti-Merkel-Kurs geben.“

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