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Brandenburg: Justiz verteidigt Freilassungdes Ströbele-Schlägers

Der Staatsschutz kennt den extrem brutalen Neonazi schon lange

Justiz-Staatssekretär Christoph Flügge hat sich vor die Entscheidung des Haftrichters gestellt, dem Ströbele-Angreifer Haftverschonung zu gewähren. „Der Richter hat ja die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls als erfüllt angesehen“, sagte Flügge. „Man darf aber nicht vergessen: Die Untersuchungshaft ist nicht die vorweggenommene Strafe. Denn die Frage nach der Schuld wird ja erst im Verfahren geklärt. Wenn es ein milderes Mittel gibt, das den Zweck erfüllt, so muss es angewendet werden.“ Das gebiete der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zweck sei die Durchführung des Hauptverfahrens, dem sich der Beschuldigte nicht entziehen können soll.

Hans-Christian Ströbele erholte sich am Wahlsonntag noch von dem Schlag, den der grüne Bundestagsabgeordnete am Freitag an einem Wahlstand an der Warschauer Brücke versetzt bekam. Der Angreifer hatte mit einem stählernden Teleskop-Schlagstock auf den 63-jährigen Politiker eingeschlagen. Der Haftrichter setzte den 35-jährigen Täter noch am gleichen Abend wieder auf freien Fuß. Es bestehe keine Fluchtgefahr, schließlich habe der Täter einen festen Wohnsitz und einen Arbeitsplatz.

Über den Einzelfall könne und wolle er nichts sagen, betonte Staatssekretär Flügge. Die Motive für die Entscheidung kenne er nicht; sie unterlägen außerdem der richterlichen Unabhängigkeit. Grundsätzlich gelte aber: „Nach der Strafprozessordnung müssen für den Erlass eines Haftbefehls bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, entweder muss Fluchtgefahr bestehen oder Verdunkelungsgefahr. Nur in ganz gravierenden Fällen kann Untersuchungshaft auch unabhängig vom Vorliegen dieser Haftgründe verhängt werden, zum Beispiel bei Mordverdacht.“ Über den Angriff zeigte sich Flügge entsetzt: „Es ist schlimm, dass der Wahlkampf und die politische Auseinandersetzung von solchen Gewalttaten überschattet werden. Alle rechtsstaatlich Denkenden müssen sich dem entgegen stellen.“

Bei dem Schläger handelt es sich um den einschlägig vorbestraften Neonazi Bendix-Jörg W., den der Staatsschutz seit Jahren für eine der gefährlichsten Figuren der rechtsextremen Szene hält. Sicherheitsexperten stufen ihn als „extrem gewalttätig und brutal“ ein. W. büßte bereits mehrfach Haftstrafen ab. Innerhalb der rechten Szene gilt der 35-Jährige als Waffenexperte, außerdem liefen gegen ihn mehrere Verfahren. In den 90-er Jahren gehörte W. zu der inzwischen verbotenen rechtsextremen Organisation „Nationale Alternative“ (NA) um den Berliner Neonazi-Führer Arnulf Priem. Nach Aussagen des Nazi-Aussteigers Ingo Hasselbach soll Bendix W. als „Wehrsportbeauftragter“ der NA sowohl für deren Waffenkäufe als auch für die paramilitärische Ausbildung zuständig gewesen sein.

Zuletzt hatte die Freilassung zweier Schläger im Juli großen Unmut ausgelöst. Die beiden 16 und 23 Jahre alten Brüder hatten in einer Straßenbahn einen 42-Jährigen angegriffen. Die Brüder wurden kurz nach der Tat festgenommen – doch schon Stunden später waren sie wieder auf freiem Fuß. Ha/fk/wie

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