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Rathenow: Lebenslange Haft für Mord an den Eltern

Das Landgericht Potsdam hat einen 28-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte seine arglosen Eltern getötet und später mit der Kettensäge zerstückelt.

Potsdam/Rathenow - Er hat seine arglosen Eltern getötet und später mit einer Kettensäge zerstückelt. Nun verurteilte das Landgericht Potsdam René S., 28, zu lebenslanger Haft wegen zweifachen Mordes. Für den Vorsitzenden Richter Frank Tiemann ist es dennoch „einer der traurigsten Fälle, mit denen wir es hier je zu tun hatten“. Das Urteil sei „nicht unbedingt als befriedigend zu empfinden, konnte aber nicht anders ausfallen“.

Dabei war es der 28-Jährige selbst, der mit einem detaillierten Geständnis maßgeblich zur Aufklärung des Falls beigetragen hat. Laut Urteil hat er im Juni erst seinen Vater (67) erstochen und dann seine Mutter (60) mit einem Hammer erschlagen. Den Taten voraus ging das, was der Richter „traurig“ nannte. Ein Psychologe sprach in dem Prozess von einem Leben voll „Hoffnungslosigkeit auf ein selbstbestimmtes Leben“.

S. kam mit Klumpfüßen zur Welt, die dominante Mutter behütete ihren Sohn über alle Maßen. Statt ihn in den Kindergarten zu schicken, betreute sie ihn daheim – arbeitete dies akkurat nach der Fachliteratur für Erzieher ab. Freunde hatte er nie, es war ihm auch nicht wichtig, ständig waren die Eltern um ihn. Selbst als er erwachsen war, begleiteten sie René S. zum Hausarzt. „Er ist isoliert aufgewachsen“, in einem „eigenartigen Mikrokosmos“, sagte Tiemann. Ein Gutachter nannte es ein Leben in einer „paranoiden Festung“ und bescheinigte S. eine schizoide Persönlichkeitsstörung – ein Mensch ohne Gefühlsregung, aber mit zwanghafter Detailversessenheit. Die Schuld milderte das nicht, es ist keine Krankheit.

René S. war ein Schüler mit Bestnoten, Informatiker oder Chirurg wollte er werden. Doch die ehrgeizigen Eltern, die nach der Wende arbeitslos wurden, sich als Verlierer der Wende sahen, selbst keine Freunde hatten, wollten, dass er Jura in Potsdam studiert. Mit dem Jura-Studium aber kam der Sohn nicht klar, verstrickte sich in Lügen und versuchte sich im November 2009 umzubringen. Der Vater hielt ihm vor, nicht mal einen Selbstmord bekomme er richtig hin. Es folgten Monate der Sprachlosigkeit, Weihnachten, Silvester, selbst die Geburtstage wurden nicht gefeiert. Die Eltern hielten ihm immer wieder vor, er sei ein Versager.

Im Juni setzte R. seine letzte Hoffnung auf ein Bewerbungsgespräch zum Finanzwirt in Hamburg, dann kam es zur Katastrophe. Die Eltern machten ihm wieder Vorhaltungen, er rastete aus. „Das kann man menschlich durchaus nachvollziehen“, sagte Tiemann. Einen Monat lang war er dann damit beschäftigt, die Leichen akkurat mit der Motorsäge zu zerstückeln. Die Leiche des Vaters verbrannte er, nur Knochenreste blieben übrig. Die Leichenteile der Mutter versteckte er in Tonnen in einem Schuppen.

Das Gericht folgte im Wesentlichen dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte neun Jahre Haft für Totschlag im minderschweren Fall gefordert. Der Verurteilte starrte bei der Urteilsverkündung regungslos ins Leere.

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