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Brandenburg: Vier Brandanschläge in zwei Jahren

Rheinsberg sammelt für Besitzer einer Dönerbude, der nach dem jüngsten Feuer vor dem Nichts steht

Rheinsberg - Zum vierten Mal innerhalb von zwei Jahren wurde auf seinen Imbisswagen ein Brandanschlag verübt. Jetzt steht Mehmet Cimendag aus Rheinsberg vor dem wirtschaftlichen Aus. In der Nacht zum vergangenen Mittwoch war Cimendags Dönerimbiss völlig ausgebrannt. „Meine Arbeitsstelle versank innerhalb kurzer Zeit in Schutt und Asche“, sagt der Kurde. Jetzt haben die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg, Almuth Berger, die Rheinsberger Stadtverwaltung und der Verein Opferperspektive zu Spenden für Cimendag aufgerufen.

Polizei und Staatsanwaltschaft gehen von Brandstiftung aus. Nachdem im August 2003 versucht worden war, den in der Nähe des Stadtzentrums aufgestellten Imbisswagen anzuzünden, wurden drei Jugendliche als Täter ermittelt. Bei dem Prozess im November vergangenen Jahres gaben sie als Motiv für den Anschlag unumwunden Ausländerhass zu: „Die brauchen das hier nicht zu verkaufen. Wir sind hier nicht im Türkenland“, sagte einer der Angeklagten vor Gericht. Die drei wurden zu Bewährungsstrafen und gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Für Hinweise auf die Täter des jüngsten Anschlags hat die Staatsanwaltschaft eine Belohnung von 2000 Euro ausgesetzt.

Schon auf einer Kundgebung gegen Rassismus und rechte Gewalt im Februar 2004 waren rund 800 Euro für den seit Jahren in der Stadt lebenden Mehmet Cimendag gesammelt worden. Auch diesmal versammelten sich am Freitag rund 200 Bürger zu einer spontanen Demonstration. Bürgermeister Manfred Richter (SPD) sieht nicht nur die wirtschaftliche Existenz der Familie Cimendag – er und seine Frau haben ein einjähriges Kind – bedroht. „In einer Region, die vom Tourismus lebt, werden durch solche Brandanschläge auch Arbeitsplätze gefährdet, weil Touristen dann unsere Stadt meiden“, erklärte er. „Brandstifter und Extremisten haben bei uns nichts zu suchen.“

Als „ermutigendes Zeichen“ sieht die Ausländerbeauftragte Berger die Unterstützung für Cimendag durch die Rheinsberger. „Sie setzen damit ein aktives Zeichen gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Menschenverachtung“. Sie verwies auf eine Statistik des Vereins Opferperspektive, wonach es in Brandenburg seit dem Jahr 2000 mehr als 60 Anschläge auf ausländische Imbisse gegeben hatte. Zuletzt waren Mitglieder der „Kameradschaft Freikorps“ zu teilweise hohen Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten sich die Vertreibung von Ausländern aus dem Havelland zum Ziel gesetzt und dazu auch mehrfach Brandsätze auf Imbisse geworfen. Im Umfeld der Täter wussten oder ahnten viele, wer sie waren. Zur Polizei aber ging niemand.

Und erst Ende März wieder hatte es einen Steinwurf auf einen Dönerstand in Wittstock gegeben, bei dem eine Scheibe zu Bruch ging. Drei junge Leute wurden als Täter ermittelt. Das Amtsgericht Neuruppin ordnete auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen einen 16-Jährigen die Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung an. Der einschlägig vorbelastete Täter hatte bei seiner vorläufigen Festnahme die türkischen Mitarbeiter des Dönerimbisses mit herabwürdigenden und volksverhetzenden Äußerungen beschimpft, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Mehmet Cimendag hatte nach den Anschlägen auf seinen Imbisswagen im Jahre 2003 zwar eine kleine Versicherung abgeschlossen. Doch die kann den nun eingetretenen Schaden von rund 19 000 Euro nur zu rund zwei Drittel ersetzen. Und Cimendag will keinen Imbisswagen mehr betreiben. Die Gefahr weiterer Angriffe sei einfach zu hoch, sagt er, ein freistehender Wagen sei ein zu leichtes Ziel. Deshalb sucht er nach festen und gesicherten Räumen für einen Neubeginn in Rheinsberg.

Die Stadt Rheinsberg und der Verein Opferperspektive haben für Mehmet Cimendag ein Spendenkonto eingerichtet: Konto-Nummer 350 202 30 41, Bankleitzahl 160 500 00 (Mittelbrandenburgische Sparkasse), Kennwort: Rheinsberg.

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