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Berlin: Der Besitzer ließ räumen – und vermauert sein Haus

Polizei vertreibt Bewohner aus dem Erdgeschoss der Rigaer Straße 94 / Leichte Auseinandersetzungen bei Einsatz / Abendlicher Protestzug

Von Christoph Villinger

Mit leichten Auseinandersetzungen verlief gestern in den frühen Morgenstunden die Räumung des Erdgeschosses der Rigaer Str. 94 in Friedrichshain. Bereits gegen halb fünf Uhr hatte die Polizei die Gegend nördlich des Frankfurter Tors weiträumig abgesperrt und verhinderte somit den angekündigten Bau von Barrikaden. Trotzdem kam es vereinzelt zu Steinwürfen, Straßenblockaden und einem brennenden PKW durch Sympathisanten der Bewohner. 22 Menschen wurden festgenommen. Am Nachmittag gab es einen Protestzug, und am Abend zogen 100 Personen vom Boxhagener Platz zum Bersarinplatz und zurück.

Morgens hatte die Polizei unter dem Protest von etwa 200 Demonstranten die von innen verbarrikadierten Räume mit einem Rammbock und Kettensägen aufgebrochen. Danach begann der Hausbesitzer Suitbert Beulker, die ihm vom Gerichtsvollzieher Thomas Puschmann übergebenen Gemeinschaftsräume zuzumauern. „Nun ist es Sache des Eigentümers, sein Eigentum zu sichern“, sagte Ralf Hirsch von der Bauverwaltung. Seit Monaten versuchte er ohne Erfolg zu vermitteln. Grund für den Konflikt ist, dass Beulker als neuer Eigentümer die 1991 zwischen der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain und den ehemaligen Hausbesetzern abgeschlossenen Mietverträge nicht akzeptierte und den Rahmenvertrag über die Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss sowie alle 20 Einzelmietverträge kündigte. Ende 2001 bestätigte ein Gericht die Räumungsklage für die Gemeinschaftsräume. Bis auf zwei Ausnahmen wiesen die Gerichte allerdings alle Kündigungen von Einzelmietverträgen zurück. Als sich Ende Mai die Bewohner auf Vermittlung des Bezirksamts bereit erklärten, in ein Ersatzhaus umzuziehen, wurde der Vollzug der Räumung für drei Monate ausgesetzt. Inzwischen lehnten sie das Ersatzobjekt ab, da sie dort nicht als ganze Gruppe zusammenleben könnten.

Im Augenblick sind noch vier weitere Räumungsklagen anhängig, „also müssen wir weiterhin mit den Bewohnern der Rigaer Straße nach einer Lösung suchen“, sagte Hirsch. Da er mit dem passiven Widerstand leben könne, sind sowohl er als auch die Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS) weiter zu Gesprächen bereit. Die Bewohner fordern nun eine leer stehende Schule in der Böcklinstraße als Ersatz. Dorthin führt am Freitag eine Demonstration.

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