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Ronald Wappke unterrichtet Geschichte bilingual, Politikwissenschaft und Englisch am Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Lichtenberg.

© Kai-Uwe Heinrich

Deutscher Lehrerpreis für Ronald Wappke: Der Lehrer des Jahres kommt aus Lichtenberg

Schüler sagen, er sei die perfekte Mischung aus Kumpel und Respektsperson: Ronald Wappke wird heute mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet.

Kurze graue Haare, grauer Bart, helle Augen hinter einer Brille, blaues Hemd und Jeans. Ronald Wappke, 53, steht vorn im Klassenzimmer neben dem Smartboard und lächelt seine Schüler an. So sieht also ein Superlehrer aus. Freundlich, offen un d bestimmt wirkt er, als er den Zehntklässlern erklärt, was sie in den nächsten 20 Minuten tun sollen: einen Wikipedia-Eintrag verfassen, in dem sie den Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion erklären. Auf Englisch.

Ronald Wappke unterrichtet Geschichte bilingual, Politikwissenschaft und Englisch am Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Lichtenberg. Am heutigen Montag wird er mit dem Deutschen Lehrerpreis 2015 ausgezeichnet – als einziger Lehrer aus Berlin. Insgesamt vergeben der Deutsche Philologenverband und die Vodafone-Stiftung 19 Auszeichnungen an Pädagogen und Projekte aus sieben Bundesländern. Ehemalige Schüler haben Wappke nominiert. Schon im vergangenen Jahr gewann ein Lehrer des Lichtenberger Herder-Gymnasiums den Preis. Damals war es Robert Heinrich, ebenfalls Geschichtslehrer. Er wurde als Referendar von Ronald Wappke ausgebildet.

Was ist das für ein Mann – und was ist das für eine Schule? Die äußeren Bedingungen wirken auf den ersten Blick alles andere als optimal. In zwei alten Plattenbauten ist die Schule untergebracht. Das Hauptgebäude wurde zwar kürzlich saniert, in der Filiale in der Paul-Junius-Straße, wo Wappke unterrichtet, blättert aber der Putz von den Wänden. „Das ist eben nur die äußere Hülle“, sagt Wappke und erklärt, was das besondere der Schule ist: das Fremdsprachenkonzept mit bilingual deutsch-englischem Unterricht, dazu Russisch, Spanisch, Französisch, Latein. Digitale Technik wird oft und gern eingesetzt. Hilfsbereite und engagierte Kollegen, eine Schulleitung, die Freiräume schafft, aber auch steuert. Und tolle Schüler.

Jeden Tag freut er sich aufs Unterrichten

Ronald Wappke mag seine Schüler, das merkt man. „Das sind alles Persönlichkeiten mit ganz unterschiedlichen Eigenheiten, und alle sind liebenswert“, sagt er. Aufs Unterrichten freue er sich jeden Tag. Er möchte, dass seine Schüler das erlernte Wissen anwenden können. Wappke ist spät Lehrer geworden. „Es ist mein Traumberuf“, sagt er, und für diesen Traum hat er einiges auf sich genommen. Aufgewachsen ist er in Lichtenberg, 1985 wollte er Geschichte studieren, bekam aber in der DDR nur einen Studienplatz für „Geschichte der Arbeiterbewegung“. Damit konnte man nicht Lehrer werden. Nach der Wende studierte er noch mal von vorn, Geschichte und Anglistik auf Lehramt, und jobbte bei einem Paketdienst. Seine Frau, ebenfalls Lehrerin, unterstützte ihn, die gemeinsame Tochter war noch klein. 2003 schloss er sein Referendariat mit einer Eins ab, aber damals gab es für Lehrer keine Stellen in Berlin. Er ging für ein Jahr nach Texas und unterrichtete an einer Brennpunktschule in Houston. 38 Schüler in einer Klasse, alle aus benachteiligten Familien, viele schon Gangmitglieder. Ein anderer Kollege aus Deutschland gab nach ein paar Monaten auf. Wappke hielt durch. „Da half mir meine NVA-Erfahrung. Reingehen, brüllen, sofort Disziplinarmaßnahmen anordnen.“ Als er zurück nach Berlin kam, gab es drei offene Stellen. Er bewarb sich auf alle drei, bekam zwei Zusagen und entschied sich für Lichtenberg. Schüler anbrüllen musste er seitdem nie wieder.

Am Herder-Gymnasium organisiert er den Schüleraustausch mit Texas und betreut die Schulhomepage. Im vergangenen Jahr verkabelte er das ganze Filialgebäude, jetzt hängen alle Klassenzimmer am Netzwerk. Seit 2011 bildet er selbst Lehrer aus, als Fachseminarleiter.

"Ein herausragender Lehrer"

„Ronald Wappke ist ein herausragender Lehrer“, sagt sein Schulleiter, Martin Wagner. „Er bringt sich mit ganzer Kraft ein, man merkt, wie er für seine Schüler brennt.“ Auch die Schüler sind voll des Lobes. „Er spricht mit uns auf Augenhöhe und nimmt uns ernst“, sagt der 15-jährige Bent-Erik. „Die richtige Mischung aus Kumpel und Respektsperson“, ergänzt ein Mitschüler. Eigentlich, sagen sie, gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Höchstens, dass nicht alle Lehrer so sind wie Herr Wappke.

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