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NRW-Wahl aus Berliner Sicht: „Klasse Wahlergebnis“ – Rot-Rot-Grün freut sich

Für Sozialdemokraten, Grüne und Linke in Berlin ist das Ergebnis in NRW eine Ermutigung für den eigenen Wahlkampf für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr. Die Berliner CDU hofft auf Schwarz-Grün.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Rote und Grüne in Berlin amüsierten sich am Sonntagabend wie Bolle zu Pfingsten. „Das ist ein großartiges Wahlergebnis für unsere Leute an Rhein und Ruhr“, sagte der Berliner Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann nach den ersten Hochrechnungen. Er wies daraufhin, dass seine Partei jetzt überall punkte. „Weil wir glaubwürdig sind und an die Zukunftsfragen herangehen.“ Die Wähler machten die Erfahrung: Nur wer Grün wähle, bekomme auch grüne Politik.

Als ein Signal für Berlin, das 2011 neu wählt, will Ratzmann eine mögliche rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) aber nicht verstanden wissen. „Wir sollten uns unsere große Eigenständigkeit bewahren.“ Allerdings zeige sich bundesweit allmählich, dass „Jamaica“ keine Alternative sei. Die Freien Demokraten seien, in Bund und Ländern, kein ernstzunehmender Partner mehr. Spekulationen über neue Regierungsbündnisse für Berlin waren gestern auch nicht das Thema des FDP-Fraktionschefs Christoph Meyer. „Das Wichtigste ist jetzt, dass die Bundesregierung endlich Tritt fasst. Es muss wieder regiert und der von der CDU verordnete Stillstand überwunden werden.“

Die gestern gut gelaunte Berliner SPD-Führungscrew glaubt aber nicht daran, dass Schwarz-Gelb im Bund trotz des Wahlergebnisses in NRW neue Kraft schöpfen kann. „Die Kanzlerin und ihre Koalition können bei Wahlen keine Mehrheiten mehr hinter sich bringen“, erklärte der Regierende Bürgermeister und SPD-Vizechef Klaus Wowereit. Das sei auch gut für das finanziell notleidende Berlin, denn die „unsägliche Steuersenkungspolitik“ von CDU und FDP sei nun im Bund nicht mehr durchsetzbar. SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller sprach von einer „schweren Klatsche für die Union“, die nun ihre „absurde Finanzpolitik“ nicht mehr realisieren könne.

Eitel Freude herrschte auch bei den Berliner Linken. „Das ist ein klasse Ergebnis für unseren NRW-Landesverband“, schwärmte der Landesvorsitzende der Linken, Klaus Lederer am Sonntagabend. Nun sei die Linke in 13 Landtagen vertreten und habe insoweit mit den Grünen gleichgezogen. Es fehlten noch Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die – wie Berlin – 2011 wählen. Nach dem Einzug in den Landtag des größten Bundeslandes, so Lederer, könnten die NRW-Linken erst einmal wertvolle parlamentarische Erfahrungen sammeln. Ob sie dort mitregieren sollten, wenn es nötig wäre? Da hielt sich sogar Lederer mit einer klaren Empfehlung zurück.

Zwar sprechen es die rot-roten Spitzenleute nicht offen aus. Aber das Wahlergebnis in NRW ist für SPD und Linke in Berlin eine Ermutigung für den schwierigen Wahlkampf, den sie 2011 selber absolvieren müssen. Wowereit möchte gern weiter regieren, und zwar ohne Christdemokraten und Liberale im Gepäck. Glaubt man den Meinungsumfragen, wäre dieser Wunsch nur mit Rot-Rot-Grün erfüllbar. Nun zählen die Sozialdemokraten auf bundespolitischen Rückenwind.

Die Berliner CDU wiederum hofft, dass es im nächsten Jahr vielleicht doch für Schwarz-Grün reichen könnte. „Jamaica“ gilt auch in der Union als kaum noch realisierbar, weil Grüne und FDP nicht zusammenpassen. Der CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel äußerte sich dazu gestern nicht. „Es ist, Berlin betreffend, viel zu früh für eine Einschätzung“ – und das Ergebnis in Nordrhein-Westfalen sei kein Signal für die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011. Jedoch macht sich Henkel zurzeit Sorgen, angesichts der Bildungs- und Verkehrspolitik der Grünen, um die Regierungsfähigkeit des grünen Berliner Landesverbands. Ulrich Zawatka-Gerlach

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