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Die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers will in belasteten Gegenden mehr Beamte einsetzen.

© dpa / picture alliance

Kriminalitätsatlas: "Es gibt in Berlin keine No-go-Areas"

Die amtierende Polizeichefin Koppers hat den neuen Kriminalitätsatlas vorgestellt - und vor Pauschalurteilen über einzelne Stadtteile gewarnt. Streit gibt es über die ethnische Einordnung von Tätergruppen.

Berlins Polizei will sich in der Kriminalitätsbekämpfung stärker als bisher auf regionale Schwerpunkte konzentrieren. Das kündigten Innensenator Frank Henkel (CDU) und die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses an. Sie reagierten damit auf die Ergebnisse des in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Kriminalitätsatlas für die Jahre 2006 bis 2011. Die Aufschlüsselung von 17 Arten von Straftaten nach 95 Ortsteilen hatte wie berichtet unter anderem ergeben, dass die Ortsteile Spandau, Mitte und Tiergarten im Verhältnis zur Einwohnerzahl am stärksten belastet sind, gefolgt von mehreren Kiezen in Wedding und Neukölln.

Koppers kündigte an, in belasteten Gegenden mehr Beamte einzusetzen. Allerdings seien die Einflussmöglichkeiten der Polizei „begrenzt“. Die Polizeipräsidentin warnte davor, bestimmte Stadtteile pauschal zu verurteilen: „Es gibt in Berlin keine No-go-Areas.“

Innensenator Henkel kündigte an, die Polizei werde intensiver als bisher gegen die stark gestiegene Zahl der Wohnungseinbrüche vorgehen. Betroffen seien vor allem Stadtrandgebiete mit Einfamilienhäusern wie Steglitz-Zehlendorf oder Marzahn-Hellersdorf, bei den absoluten Zahlen führe allerdings Charlottenburg-Wilmersdorf die Einbruchsstatistik an.

Wegen dieser Entwicklung habe die Polizei ihre Beratungen ausgeweitet und biete sie künftig kostenlos an, in den vergangenen Wochen seien 14 000 Handzettel zur Sicherheit in Wohnhäusern verteilt worden. Da nach Erkenntnissen der Polizei viele Wohnungseinbrüche von reisenden Tätern aus osteuropäischen Staaten begangen werden, will Henkel die Zusammenarbeit mit den dortigen Polizeibehörden ausbauen. So habe er gerade die Botschafter Rumäniens und Bulgariens angeschrieben und angeboten, deren Polizisten in Berlin hospitieren zu lassen, berichtete der Innensenator dem Ausschuss. Auch beteilige sich das Land an einem neuen Forschungsprojekt des prominenten Kriminologen Christian Pfeiffer, dessen Forschungsinstitut eine Studie zur Kriminalitätsprävention erarbeite. Zudem kündigte Henkel an, in den als besonders betroffen identifizierten Vierteln mehr Streifenpolizisten auf die Straßen zu schicken.

Überdurchschnittlich viele Straftäter mit Migrationshintergrund

Polizeipräsidentin Koppers kündigte an, dass die Polizei künftig enger mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten wolle. Statt mit wechselnden Ansprechpartnern wolle man künftig in größeren Verfahren zentral ermitteln.

Streit provozierte im Innenausschuss die ethnische Einordnung von Tätergruppen. Polizeipräsidentin Koppers hatte die aktuellen Datensätze so zusammengefasst, dass neben der Alters- und Sozialstruktur auch die Frage des Migrationshintergrundes eine wichtige Rolle spielt. So hätten überdurchschnittlich viele Straftäter (68,4 Prozent) einen Migrationshintergrund, was so definiert ist, dass entweder sie selbst oder mindestens ein Elternteil Staatsangehörige anderer Länder sind oder waren. Linken-Fraktionschef Udo Wolf warf Koppers und Henkel vor, mit derartigen Zuschreibungen eine „stigmatisierende Debatte“ anzuheizen. Auch Benedikt Lux von den Grünen forderte „mehr Zurückhaltung“ bei der Korrelation von Kriminalität und Herkunft. Lux warf Henkel und Koppers vor, kein Konzept gegen die Einbruchskriminalität zu haben. Aufklärung allein reiche nicht, Lux vermisst „konkretere Maßnahmen“. Der Grünen-Politiker hielt Henkel vor, beim Kampf gegen Einbrecher nicht den gleichen Einsatz zu zeigen wie zuvor beim Kampf gegen Autobrandstifter. Das wies der Innensenator zurück und verwies unter anderem auf eine Arbeitsgruppe zum Thema Einbrüche von Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft.

Auch der Vorsitzende der Piraten-Fraktion, Christopher Lauer, kritisierte, dass unklar sei, was der Innensenator konkret gegen die Zunahmen von Einbrüchen unternehmen will. Und Linken-Politiker Wolf forderte, Senat und Polizei müssten „klarmachen, wie man auf die neuen Erkenntnisse reagiert“. Die Polizeipräsidentin antwortete: „Da fängt die Diskussion erst an.“

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